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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Alans Annäherung zu beobachten. Pangborn schaute eine Weile in das Fenster, aus dem Gaunt herausschaute, bevor er sich der Tür näherte; ein paar Sekunden lang legte er sogar die Hände an die Wangen und drückte die Nase gegen das Glas. Obwohl Gaunt mit verschränkten Armen direkt vor ihm stand, sah der Sheriff ihn nicht.
    Mr. Gaunt mißfiel Pangborns Gesicht schon auf den ersten Blick. Und es überraschte ihn nicht sonderlich. Er konnte noch besser in Gesichtern lesen, als er sich an sie erinnern konnte, und die Worte auf diesem Gesicht waren groß und irgendwie gefährlich.
    Pangborns Gesicht veränderte sich ganz plötzlich; die Augen weiteten sich ein wenig, der gutmütige Mund verengte sich zu einem schmalen Spalt. Gaunt verspürte einen kurzen, für ihn ganz untypischen Anflug von Angst. Er sieht mich! dachte er, obwohl das natürlich unmöglich war. Der Sheriff trat einen halben Schritt zurück – dann lachte er. Gaunt verstand sofort, was geschehen war, aber das änderte nicht das mindeste daran, daß ihm Pangborn instinktiv und zutiefst zuwider war.
    »Verschwinde, Sheriff«, flüsterte er. »Verschwinde und laß mich in Ruhe.«

8
     
    Alan stand eine ganze Weile da, blickte in das Schaufenster und fragte sich, was den Leuten soviel Gesprächsstoff lieferte. Er hatte mit Rosalie Drake gesprochen, bevor er gestern abend in Pollys Haus hinübergegangen war, und Rosalie hatte sich angehört, als wäre Needful Things Neuenglands Äquivalent von Tiffany. Aber das Porzellangeschirr im Schaufenster sah nicht aus wie etwas, um dessentwillen man mitten in der Nacht aufstand und einen Brief nach Hause schrieb – es hatte bestenfalls die Qualität von Ausschußware. Mehrere Teller waren angeschlagen, und einer davon hatte einen deutlich sichtbaren Sprung.
    Na schön, dachte Alan, jedem das Seine. Dieses Porzellan ist wahrscheinlich hundert Jahre alt und ein Vermögen wert, und ich bin nur zu dämlich, um es zu wissen.
    Er legte die Handkanten auf das Glas, um zu sehen, was sich hinter der ausgestellten Ware befand, aber es gab nichts zu sehen – es brannte kein Licht, und der Laden war leer. Dann glaubte er, jemanden zu sehen – ein merkwürdiges, transparentes Etwas, das mit gespenstischem, bösartigem Interesse zu ihm herausschaute. Er trat einen halben Schritt zurück, bevor ihm klar wurde, daß es das Spiegelbild seines eigenen Gesichtes war. Er lachte ein wenig vor Verlegenheit über seinen Irrtum.
    Er trat vor die Tür. Die Jalousie war heruntergezogen; an einem Saugnapf aus durchsichtigem Plastik hing ein handgeschriebenes Schild:
    BIN NACH PORTLAND GEFAHREN
UM WARE ABZUHOLEN
BEDAURE, SIE VERFEHLT ZU HABEN
bitte kommen Sie wieder
    Alan griff in die Gesäßtasche, holte seine Brieftasche heraus, entnahm ihr eine seiner Visitenkarten und schrieb eine kurze Nachricht auf die Rückseite.
    Lieber Mr . Gaunt,
    Ich war Samstagmorgen hier, um Ihnen Guten Tag zu sagen und Sie in der Stadt willkommen zu heißen. Leider habe ich Sie nicht angetroffen. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl in Castle Rock! Ich komme am Montag wieder vorbei. Vielleicht können wir eine Tasse Kaffee zusammen trinken. Wenn ich etwas für Sie tun kann – meine Nummern (Büro und privat) stehen auf der anderen Seite.
    Alan Pangborn
    Er bückte sich, schob die Karte unter der Tür durch und richtete sich wieder auf. Dann warf er noch einen Blick in das Schaufenster und fragte sich, wem an diesem uninteressanten Satz von Tellern gelegen sein mochte. Während er hineinschaute, überkam ihn ein ganz merkwürdiges Gefühl des Verfolgtwerdens – das Gefühl, daß er beobachtet wurde. Er drehte sich um und sah niemanden – außer Lester Pratt. Lester klebte gerade einen dieser verdammten Handzettel an einen Telegrafenmast und schaute überhaupt nicht in seine Richtung. Alan zuckte die Achseln und machte sich auf den Rückweg zum Gebäude der Stadtverwaltung. Montag war noch früh genug, um Leland Gaunts Bekanntschaft zu machen; der Montag würde ihm gut passen.

9
     
    Mr. Gaunt beobachtete ihn, bis er außer Sichtweite war. Dann ging er zur Tür und hob die Karte auf, die Alan darunter hindurchgeschoben hatte. Er las sorgfältig beide Seiten und begann zu lächeln. Der Sheriff hatte vor, am Montag wieder vorbeizukommen, ja? Nun, dagegen hatte er nichts. Aber Mr. Gaunt glaubte, daß, wenn es Montag geworden war, der Sheriff von Castle County mit ganz anderen Dingen beschäftigt sein würde. Und das war nur gut so; er war schon früher Männern wie

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