In einer kleinen Stad
Sie hätten eine hübsche Garnitur Steckschlüssel. Ich brauche eine, aber das ist kein Laden für unsereins. Bin nur aus Höflichkeit vorbeigekommen, Sir.«
»Nun, ich weiß Ihre Aufrichtigkeit zu würdigen«, sagte Mr. Gaunt.
»Aber Sie sollten nicht zu voreilig sein, Mr. Jackett. Es ist wirklich ein hübscher Satz – doppelt verstellbar.«
»Ach?« Sonny hob die Brauen. Er wußte, daß es Garnituren gab, bei denen man mit denselben Steckschlüsseln sowohl an einheimischen als auch an ausländischen Wagen arbeiten konnte, aber gesehen hatte er dergleichen noch nie. »Wirklich?«
»Ja. Sobald ich erfuhr, daß Sie sich dafür interessieren, habe ich sie ins Hinterzimmer gestellt. Andernfalls wären sie sofort weggegangen. Aber ich wollte, daß Sie sie zumindest sehen, bevor ich den Satz an jemand anderen verkaufe.«
Darauf reagierte Sonny Jackett mit sofortigem Yankee-Mißtrauen.
»Weshalb haben Sie das getan?«
»Weil ich einen Oldtimer habe und Oldtimer oft repariert werden müssen. Ich habe mir sagen lassen, daß Sie der beste Mechaniker in der ganzen Umgebung sind.«
»Oh.« Sonny entspannte sich. »Kann schon sein. Was für eine Kiste haben Sie?«
»Einen Tucker«
Sonnys Brauen fuhren hoch, und er betrachtete Mr. Gaunt mit neuem Respekt. »Einen Torpedo! Man stelle sich das vor!«
»Nein. Ich habe einen Talisman.«
»Habe noch nie von einem Talisman gehört.«
»Es wurden auch nur zwei gebaut – der Prototyp und meiner. Das war 1953. Kurze Zeit später ging Mr. Tucker nach Brasilien, wo er dann gestorben ist.« Mr. Gaunt lächelte mit feuchten Augen. »Preston war ein reizender Mensch und ein Genie, wenn es ums Entwerfen von Autos ging – aber ein Geschäftsmann war er nicht.«
»Ach, wirklich?«
»Ja.« Die Feuchtigkeit verschwand aus Mr. Gaunts Augen. »Aber das war gestern, und heute ist heute! Schlagen wir eine neue Seite auf, wie, Mr. Jackett? Schlagen wir eine neue Seite auf, sage ich immer – den Blick nach vorn, freudig losmarschieren in die Zukunft und nie zurückschauen in die Vergangenheit!«
Sonny betrachtete Mr. Gaunt mit einigem Unbehagen aus den Augenwinkeln heraus und sagte nichts.
»Lassen Sie mich Ihnen die Steckschlüssel zeigen.«
Sonny stimmte nicht sofort zu. Statt dessen betrachtete er abermals zweifelnd die Vitrinen. »Kann mir nichts Gutes leisten. Habe einen kilometerhohen Stapel Rechnungen am Hals. Manchmal denke ich, ich sollte so schnell wie möglich aus dem Geschäft aussteigen und von der Fürsorge leben.«
»Ich weiß genau, was Sie meinen«, sagte Mr. Gaunt. »Es sind die verdammten Republikaner, die sind an allem schuld.«
Sofort entspannte sich Sonnys verkniffenes, mißtrauisches Gesicht. »Da haben Sie verdammt recht, Mann!« rief er. »George Bush hat dieses Land fast völlig ruiniert – er und sein gottverdammter Krieg! Aber glauben Sie, daß die Demokraten jemanden haben, den sie nächstes Jahr gegen ihn aufstellen können, und der dann auch gewinnt?«
»Ich bezweifle es«, sagte Mr. Gaunt.
»Jesse Jackson zum Beispiel – ein Nigger.«
Er sah Mr. Gaunt mit verächtlicher Miene an, und dieser neigte leicht den Kopf, als wollte er sagen Ja , mein Freund – sagen Sie nur Ihre Meinung. Wir sind beide Männer von Welt, die sich nicht scheuen, das Kind beim richtigen Namen zu nennen. Sonny Jackett entspannte sich noch etwas mehr, war sich jetzt nicht mehr so sehr der Ölschmiere an seinen Händen bewußt, fühlte sich mehr zu Hause.
»Ich habe nichts gegen Nigger, verstehen Sie, aber schon beim Gedanken an einen Schwarzen im Weißen Haus – im Weißen Haus – überkommt mich das Grausen.«
»Durchaus verständlich«, pflichtete Mr. Gaunt ihm bei.
»Und dann dieser Typ in New York – Mar-i-o Cu-o-mo. Glauben Sie etwa, ein Typ mit so einem Namen könnte diesen vieräugigen Blödmann im Weißen Haus schlagen?«
»Nein«, sagte Mr. Gaunt. Er hob seine rechte Hand, wobei der lange Zeigefinger ungefähr einen Zentimeter Abstand von seinem häßlichen, spaltenförmigen Daumen hielt. »Außerdem mißtraue ich Männern mit winzigen Köpfen.«
Sonny war einen Moment sprachlos, dann schlug er sich aufs Knie und lachte keuchend. »Mißtrauen Männern mit winzigen – also das ist wirklich gut, Mister! Das ist wirklich verdammt gut!«
Mr. Gaunt grinste.
Sie grinsten einander an.
Mr. Gaunt holte den Satz Steckschlüssel, der in einem mit schwarzem Samt ausgeschlagenen und mit Leder bezogenen Kasten lag – der herrlichste Satz von
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