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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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keuchte sie. »Ich habe getan, was Sie mir aufgetragen haben, und nun lassen Sie mich bitte in Ruhe!«
    Dann begriff sie, daß sie geträumt hatte, daß Mr. Gaunt nicht da war, und stieß mit einem langen, zitternden Seufzer den Atem aus.
    TUUUUT! TUUUUT! TUUUUUUUUUUUT!
    Es hörte sich an wie die Hupe des Cadillac. Sie nahm die Puppe, die neben ihr auf dem Bett lag, die wunderschöne Puppe, die sie in Mr. Gaunts Laden gekauft hatte, und drückte sie trostsuchend an sich. Sie hatte heute nachmittag etwas getan, etwas, von dem ein trüber, verängstigter Teil von ihr überzeugt war, daß es etwas Schlechtes gewesen war, etwas sehr Schlechtes, und seitdem war ihr die Puppe unvorstellbar teuer. Der Preis, hätte Mr. Gaunt ihr erklären können, steigert den Wert – jedenfalls in den Augen des Käufers.
    TUUUUUUUUUUUUUUUUUUT!
    Es war die Hupe des Cadillac. Weshalb saß Danforth in der Garage und hupte? Wahrscheinlich täte sie gut daran, nachzusehen.
    »Aber ich rate ihm, die Finger von meiner Puppe zu lassen«, sagte sie leise. Sie deponierte sie vorsichtig im Schatten unter ihrer Seite des Bettes. »Das soll er lieber lassen, denn das ist der Punkt, wo der Spaß aufhört.«
    Myrtle war eine der zahlreichen Personen, die Needful Things an diesem Tage aufgesucht hatten – nur ein Name mit einem Häkchen daneben auf Mr. Gaunts Liste. Sie war gekommen, wie viele andere, weil Mr. Gaunt ihr befohlen hatte zu kommen. Sie hatte die Nachricht auf eine Weise erhalten, die ihr Mann voll und ganz verstanden hätte: sie hatte sie in ihrem Kopf gehört.
    Mr. Gaunt hatte gesagt, es wäre an der Zeit, daß sie die Restschuld für ihre Puppe bezahlte – das heißt, wenn sie Wert darauf legte, sie zu behalten. Sie sollte einen metallenen Kasten und einen verschlossenen Brief zur Halle der Töchter der Isabella neben Our Lady of Serene Waters bringen. An allen Seiten des Kastens außer dem Boden befanden sich Gitter. Aus seinem Inneren konnte sie ein leises Ticken hören. Sie hatte versucht, durch eines der runden Gitter hineinzuschauen – sie sahen aus wie die Lautsprecher alter Radios -, aber sie hatte nur undeutlich einen würfelförmigen Gegenstand erkennen können. Und sie hatte sich auch gehütet, allzu genau hinzusehen. Es erschien ihr besser – sicherer -, es nicht zu tun.
    Auf dem Parkplatz des kleinen Kirchenkomplexes hatte nur ein Wagen gestanden, als Myrtle zu Fuß ankam. Der Gemeindesaal selbst war jedoch leer gewesen. Sie lugte sicherheitshalber über das Schild, das an die Scheibe in der oberen Hälfte der Tür geklebt war; dann las sie, was auf dem Schild stand.
    TREFFEN DER TÖCHTER DER ISABELLA
DIENSTAG 19 UHR
HELFT UNS BEIM PLANEN DER KASINO-NACHT
    Myrtle schlüpfte hinein. Links von ihr waren an der Wand bunt gestrichene Boxen aufgestapelt – in ihnen brachten die Kindergarten-Kinder ihre Lunchpakete unter und die Sonntagsschul-Kinder ihre Bilder und Bastelarbeiten. Myrtle war angewiesen worden, ihren Kasten in eine dieser Boxen zu stellen, und sie tat es. Er paßte genau hinein. Am vorderen Ende des Saals stand der Tisch der Präsidentin mit der amerikanischen Flagge links und einem Banner mit einer Darstellung des Prager Jesuskindes rechts. Der Tisch war bereits für die abendliche Versammlung vorbereitet, mit Kugelschreibern, Bleistiften, Unterschriftslisten für die Kasino-Nacht und, in der Mitte, der Tagesordnung der Präsidentin. Myrtle hatte den Umschlag, den Mr. Gaunt ihr gegeben hatte, unter dieses Blatt gelegt, damit Betsy Vigue, die diesjährige Präsidentin der Töchter der Isabella, ihn sehen würde, sobald sie die Tagesordnung zur Hand nahm.
    LIES DAS SOFORT DU PAPSTHURE
war in Großbuchstaben auf die Vorderseite des Umschlags getippt.
    Mit wild hämmerndem Herzen und einem Blutdruck irgendwo jenseits des Mondes war Myrtle auf Zehenspitzen aus der Halle der Töchter der Isabella herausgeschlichen. Draußen blieb sie einen Moment stehen, preßte die Hand auf ihren üppigen Busen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
    Und dann sah sie jemanden, der aus der Halle der Kolumbus-Ritter neben der Kirche herausschlich.
    Es war June Gavineaux. Sie sah so verängstigt und schuldig aus, wie Myrtle sich fühlte. Sie lief so schnell die Holztreppe zum Parkplatz hinunter, daß sie fast gestürzt wäre, und eilte dann auf den dort parkenden Wagen zu. Ihre flachen Absätze tappten hastig über den Asphalt.
    Sie schaute auf, sah Myrtle und wurde blaß. Dann betrachtete sie Myrtles Gesicht genauer – und

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