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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eigene Reichweite ein wenig weiter aus und gestattete ihr, sich der Wand zu nähern, an der die Werkzeuge hingen. Er hielt seine Finger fest um ihr Haar gekrampft, während sie herumtastete. Große Blutstropfen landeten auf und zwischen ihren Pantoffeln.
    Ihre Hand schloß sich um eines der Werkzeuge, und Danforth schüttelte ihren Kopf, ungefähr so, wie ein Terrier eine tote Ratte schüttelt. »Nicht den, du dämliche Kuh«, sagte er. »Das ist der Bohrer. Habe ich einen Bohrer verlangt? Wie?«
    »Aber Danforth – AUUU! – ich kann nichts sehen!«
    »Du willst ja nur, daß ich dich loslasse. Damit du ins Haus rennen und SIE anrufen kannst, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest!«
    »Oh, nein. Du bist ja so ein Unschuldslämmchen. Es war nur ein Zufall, daß du mich am Sonntag aus dem Weg schaffen konntest, so daß dieser Scheiß-Deputy überall im Haus seine verdammten Zettel anbringen konnte. Erwartest du etwa, daß ich das glaube?«
    Sie sah ihn durch Strähnen ihres Haares hindurch an. Blut hing in feinen Tropfen an ihren Wimpern. »Aber – aber Danforth – du hast doch am Sonntag gesagt, daß wir ausgehen wollten. Du hast gesagt...«
    Er riß heftig an ihrem Haar. Myrtle schrie auf.
    »Gib her, was ich haben will. Unterhalten können wir uns später.«
    Sie tastete wieder an der Wand herum, mit gesenktem Kopf und (bis auf Busters Faustvoll) ins Gesicht hängendem Haar. Ihre Finger fanden den großen Schraubenzieher.
    »Das ist Nummer eins«, sagte er. »Und nun versuch’s mit Nummer zwei.«
    Sie tastete weiter, und endlich landeten ihre flatternden Finger auf dem perforierten Gummi des Craftsman-Hammers.
    »Gut. Und jetzt gib sie mir.«
    Sie hob den Hammer aus seiner Halterung, und Buster zerrte sie zu sich heran. Er gab ihr Haar frei, bereit, eine frische Handvoll zu ergreifen, wenn er irgendwelche Anzeichen eines Fluchtversuchs entdeckte. Myrtle dachte nicht ans Flüchten. Sie war eingeschüchtert. Sie wollte nichts, als wieder nach oben gehen, ihre wunderschöne Puppe an sich drücken und schlafen. Ihr war, als wollte sie für immer schlafen.
    Er nahm ihr das Werkzeug aus den willenlosen Händen. Er setzte die Klinge des Schraubenziehers auf den Türgriff und hieb mehrmals mit dem Hammer auf den Griff des Schraubenziehers. Beim vierten Schlag brach der Türgriff ab. Buster schob den Ring der Handschelle herunter, dann ließ er Türgriff und Schraubenzieher auf den Betonfußboden fallen. Zuerst drückte er den Knopf, mit dem das Garagentor geschlossen wurde. Als es in seinen Schienen herabratterte, ging er mit dem Hammer in der Hand auf Myrtle zu.
    »Hast du mit ihm geschlafen, Myrtle?« fragte er leise.
    »Was?« Sie sah ihn mit trüben, apathischen Augen an.
    Buster begann, mit dem Hammerkopf auf seine Handfläche zu schlagen. Es gab ein weiches, fleischiges Geräusch – klatsch! klatsch! klatsch!
    »Hast du mit ihm geschlafen, nachdem ihr überall im Haus diese verdammten rosa Zettel angebracht hattet?«
    Sie sah ihn dumpf und verständnislos an. Buster hatte vergessen, daß sie mit ihm zusammen bei Maurice gegessen hatte, als Ridegewick eingebrochen war und das getan hatte.
    »Buster, wovon redest du...?«
    Er blieb stehen, und seine Augen weiteten sich. »Wie hast du mich genannt?«
    Die Apathie verließ ihre Augen. Sie begann, vor ihm zurückzuweichen, mit verängstigt eingezogenen Schultern. Hinter ihnen kam das Garagentor zur Ruhe. Jetzt waren die einzigen Geräusche in der Garage ihre schlurfenden Füße und das leise Klirren der Handschellenkette.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Es tut mir leid, Danforth.« Dann machte sie kehrt und rannte auf die Küchentür zu.
    Nach drei Schritten holte er sie ein und packte abermals ihr Haar, um sie an sich heranzuziehen. » Wie hast du mich genannt?« brüllte er und hob den Hammer.
    Ihre Blicke folgten dem Bogen, den der Hammer in die Luft schrieb. »Danforth, bitte, nein!«
    »Wie hast du mich genannt? Wie hast du mich genannt?«
    Das kreischte er immer wieder, und jedesmal, wenn er die Frage stellte, unterstrich er sie mit diesem weichen, fleischigen Geräusch: Klatsch. Klatsch. Klatsch.

8
     
    Um fünf Uhr fuhr Ace auf den Hof der Cambers. Er stopfte die Schatzkarte in seine Gesäßtasche, dann öffnete er den Kofferraum, holte die Hacke und die Schaufel heraus, die Mr. Gaunt aufmerksamerweise zur Verfügung gestellt hatte, und ging dann hinüber zu der abgesackten, überwucherten Vortreppe an der Frontseite des Hauses. Er holte

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