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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Father Brigham, aber vielleicht zehn Kilo leichter, wich mit einem Hohnlächeln zurück. »Ich will mir nicht die Hände schmutzig-äh machen«, sagte er.
    Einer der Dekane war Don Hemphill. Er war sowohl größer als auch schwerer als der streitbare Priester. »Ich werde es mit Ihnen erörtern, wenn Sie wollen«, sagte er. »Ich werde mit ihrem papstliebenden irischen Arsch den Gehsteig aufwischen.«
    Zwei der anderen Dekane, die wußten, daß Don dazu imstande war, hatten ihn in letzter Minute zurückgehalten. Aber von Stund an waren die Feindseligkeiten eröffnet.
    Bis zu diesem Oktober waren sie überwiegend sub rosa ausgetragen worden – anzügliche Witze und boshaftes Geschwätz in den Männer- und Frauengruppen der beiden Kirchen, Schulhof-Hänseleien zwischen den Kindern der beiden Parteien und, dies vor allem, von einer Kanzel auf die andere geschleuderte rhetorische Wurfgeschosse am Sonntag, jenem Tag des Friedens, an dem, wie die Geschichte lehrt, die meisten Kriege ausgebrochen sind. Hin und wieder gab es häßliche Zwischenfälle – während eines Baptist Young Fellowship-Tanzes wurde im Gemeindesaal mit Eiern geworfen, und einmal flog ein Stein durch das Wohnzimmerfenster des Pfarrhauses -, aber in erster Linie war es ein Krieg mit Worten gewesen.
    Wie alle Kriege hatte er sowohl seine hitzigen Momente als auch seine Kampfpausen gehabt, aber seit jenem Tag, an dem die Töchter der Isabella ihre Pläne für die Kasino-Nacht verkündet hatten, hatte sich die Erbitterung auf beiden Seiten ständig vertieft. Als Rev. Rose die berüchtigte >Baptistische Rattenficker<-Karte erhielt, war es vermutlich bereits zu spät, eine Konfrontation zu vermeiden; die Unflätigkeit der Botschaft schien nur zu garantieren, daß diese Konfrontation, wenn sie stattfand, nicht von schlechten Eltern sein würde. Das Anmachholz war gelegt; jetzt brauchte nur noch jemand zu kommen, der ein Streichholz anriß und das Freudenfeuer aufflammen ließ.
    Wenn jemand die Instabilität der Lage fatal unterschätzt hatte, so war es Father Brigham. Er hatte gewußt, daß seinem baptistischen Gegenspieler die Idee der Kasino-Nacht nicht gefallen würde, aber er begriff nicht, wie sehr der Gedanke eines von der Kirche unterstützten Glücksspiels den baptistischen Prediger kränkte und erbitterte. Er wußte nicht, daß der Vater von Steamboat Willie ein besessener Spieler gewesen war, der seine Familie immer wieder verlassen hatte, wenn die Spielwut ihn überkam, und er wußte auch nicht, daß der Mann sich schließlich nach einer Pechsträhne beim Würfeln im Hinterzimmer eines Tanzlokals erschossen hatte. Und die unschöne Wahrheit über Father Brigham war dies: auch wenn er es gewußt hätte, hätte es für ihn wahrscheinlich nichts geändert.
    Rev. Rose mobilisierte seine Streitkräfte. Die Baptisten begannen mit einer Leserbriefkampagne im Call von Castle Rock (Wanda Hemphill, Dons Frau, schrieb die meisten dieser gegen die Kasino-Nacht wetternden Briefe selbst); darauf folgten die WÜRFEL UND TEUFEL-Handzettel. Betsy Vigue, Präsidentin der Kasino-Nacht und Großregentin des örtlichen Kapitels der Töchter der Isabella, organisierte den Gegenangriff. In den letzten drei Wochen war der Umfang des Call auf sechzehn Seiten angestiegen, um die Debatte abdrucken zu können (allerdings war es mehr ein Wettstreit gegenseitiger Anwürfe als ein vernünftiges Diskutieren unterschiedlicher Ansichten). Weitere Handzettel wurden angeklebt und ebenso schnell wieder abgerissen. Ein Leitartikel, der beide Seiten zur Mäßigung aufforderte, wurde ignoriert. Einige der Parteigänger hatten Spaß an der Sache; es war irgendwie toll, in einen derartigen Sturm im Wasserglas verwickelt zu werden. Doch als das Ende herannahte, hatte Steamboat Willie keinen Spaß daran, und Father Brigham auch nicht.
    »Dieses selbstgerechte Stückchen Scheiße kotzt mich an!« erklärte Brigham wütend dem überraschten Albert Gendron an dem Tag, an dem ihm Albert den berüchtigten HÖRT ZU IHR MAKRELENFRESSER-Brief brachte, den er an der Tür seiner Zahnarztpraxis gefunden hatte.
    »Man stelle sich das vor – dieser Hurensohn wirft guten Baptisten solche Dinge vor!« spie Rev. Rose einem gleichermaßen überraschten Norman Harper und Don Hemphill zu. Das war am Kolumbus-Tag gewesen, im Anschluß an einen Anruf von Father Brigham. Brigham hatte versucht, Rev. Rose den Makrelenfresser-Brief vorzulesen; Rev. Rose hatte sich (nach Ansicht seiner Dekane völlig zu Recht)

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