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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Fenster hindurch. Sie wird sich hinsetzen. Sie wird ein Blatt Papier zur Hand nehmen und darunter etwas sehen.
    Was? hatte Babs neugierig gefragt.
    Das geht Sie nichts an. Wenn Sie je den Schlüssel finden wollen, der die Spieldose in Gang setzt, dann täten Sie gut daran, den Mund zu halten und die Ohren zu öffnen – haben Sie verstanden, meine Liebe?
    Sie hatte verstanden. Sie verstand auch alles übrige. Manchmal war Mr. Gaunt ein furchteinflößender Mann. Ein sehr furchteinflößender Mann.
    Sie wird das Ding zur Hand nehmen, das sie gefunden hat. Sie wird es betrachten. Sie wird darangehen, es zu öffnen. Zu diesem Zeitpunkt sollten Sie an der Tür des Gebäudes sein. Warten Sie, bis alle Anwesenden in die hintere linke Ecke der Halle schauen.
    Babs hatte fragen wollen, warum sie das tun würden, gelangte dann aber zu dem Schluß, daß es ratsamer war, nicht zu fragen.
    Wenn sich alle umgedreht haben, schieben Sie das Ende der Brechstange unter den Türknauf. Das andere Ende setzen Sie auf die Erde und keilen es fest.
    Wann soll ich rufen? hatte Babs gefragt.
    Das werden Sie wissen. Sie werden alle aussehen, als hätte ihnen jemand eine Flitspritze voll Pfeffer in den Hintern gesteckt. Wissen Sie noch, was Sie rufen sollen, Babs?
    Sie wußte es. Es schien ihr ein ziemlich gemeiner Streich, den sie Betsy Vigue spielen sollte, mit der sie Hand in Hand zur Schule gegangen war, aber er kam ihr auch harmlos vor (nun ja – halbwegs harmlos, und sie waren ohnehin keine Kinder mehr, sie und das kleine Mädchen, das sie aus irgendeinem Grund immer Betty La-La genannt hatte; all das war schon sehr lange her). Und, wie Mr. Gaunt gesagt hatte – niemand würde sie je damit in Verbindung bringen. Warum sollten sie auch? Babs und ihr Mann waren schließlich Adventisten vom Siebenten Tag, und soweit es sie betraf, hatten die Katholiken und die Baptisten vollauf verdient, was sie bekamen – Betty La-La nicht ausgenommen.
    Ein Blitz zuckte. Babs erstarrte, dann huschte sie zu einem Fenster in der Nähe der Tür, lugte hinein, um sich zu vergewissern, daß Betsy sich noch nicht an ihrem Tisch niederließ.
    Und die ersten Tropfen eines heftigen Gewitters begannen um sie herum niederzuprasseln.

4
     
    Der Gestank, der die Kirche der Baptisten zu erfüllen begann, ähnelte dem Gestank, der von Don Hemphill ausging – aber er war tausendmal schlimmer.
    »Verdammte Scheiße!« brüllte Don. Er hatte völlig vergessen, wo er sich befand, und auch wenn er sich dessen bewußt gewesen wäre, hätte das vermutlich an seiner Ausdrucksweise nicht viel geändert. » Sie haben hier auch eine hereingebracht! Raus! Raus! Alle raus!«
    »Bewegt euch!« bellte Nan Roberts in ihrem durchdringenden Stoßzeiten-Bariton. »Bewegt euch! Macht zu, Leute!«
    Sie konnten alle sehen, wo der Gestank herkam – dicke Wolken weißlich-gelben Rauchs ergossen sich über die hüfthohen Chorschranken und durch die rautenförmigen Ausschnitte in ihnen. Die Seitentür befand sich direkt unterhalb der Chorempore, aber niemand dachte daran, dorthin zu laufen. Ein derart starker Gestank konnte einen uxnbringen – doch vorher würden die Augäpfel herausspringen, das Haar ausfallen und das Arschloch sich in fassungslosem Grausen von selbst schließen.
    Die Baptistischen Streiter Christi wider das Glücksspiel in Castle Rock verwandelten sich in kaum fünf Sekunden in eine geschlagene Armee. Sie rannten auf das Vestibül am hinteren Ende der Kirche zu, schreiend und würgend. Eine der Bänke kippte um und knallte mit einem lauten Poltern auf den Boden. Deborah Johnstones Fuß wurde darunter eingeklemmt, und Norman Harper prallte gegen sie, während sie versuchte, ihn wieder freizubekommen. Deborah stürzte hin, und es war deutlich zu hören, wie ihr Knöchel brach. Ihr Fuß war nach wie vor unter der Bank eingeklemmt, und sie schrie vor Schmerz, aber ihre Schreie gingen in denen der vielen anderen unter.
    Rev. Rose war dem Chor am nächsten, und der Gestank legte sich über seinen Kopf wie eine große, übelriechende Maske. Das ist der Gestank der in der Hölle schmorenden Katholiken, dachte er verwirrt und sprang von der Kanzel herunter. Er landete mit beiden Füßen genau auf Deborahs Zwerchfell, und ihre Schreie wurden zu einem langen, erstickten Keuchen, das verstummte, als sie das Bewußtsein verlor. Rev. Rose, der nicht ahnte, daß er eines seiner getreuesten Gemeindemitglieder bewußtlos geschlagen hatte, krallte sich seinen Weg in den hinteren Teil der

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