In einer kleinen Stad
einem massiven Feuerball vom Ufer. Es hob sich etwa drei Meter hoch in die Luft, bildete eine schräge Rampe und stürzte dann mit heftigem Krachen wieder herab. Das Nordende der Brücke wurde losgerissen, und dann kippte das ganze Bauwerk in den jetzt Hochwasser führenden Castle Stream. Das Südende stürzte auf die vom Blitz gefällt Ulme.
Auf der Castle Avenue, wo sich die Katholiken und die Baptisten – zusammen mit fast einem Dutzend Staatspolizisten – noch immer in den Haaren lagen, war eine Kampfpause eingetreten. Die Blicke aller Kombattanten waren auf die Feuerrose am Castle Stream-Ende der Stadt gerichtet. Albert Gendron und Phil Burgmeyer, die noch Sekunden zuvor aufeinander eingeprügelt hatten, standen Seite an Seite und starrten auf das gleißende Licht. Über die linke Seite von Alberts Gesicht rann Blut aus einer Schläfenwunde, und Phils Hand bestand fast nur noch aus Fetzen.
Dicht daneben saß Nan Roberts auf Father Brigham wie ein großer weißer Geier. Sie hatte das Haar des Geistlichen dazu benutzt, seinen Kopf mehrmals hochzureißen und dann auf das Pflaster zu knallen. Rev. Rose lag gleich nebenan, bewußtlos infolge von Father Brighams seelsorgerischen Aktivitäten.
Henry Payton, der seit seinem Eintreffen einen Zahn verloren hatte (ganz zu schweigen von allen Illusionen, die er über religiöse Harmonie in Amerika gehegt haben mochte), erstarrte bei dem Versuch, Tony Mislaburski von dem baptistischen Dekan Fred Mellon herunterzuzerren.
Sie erstarrten alle, einer wie der andere. »Großer Gott, das war die Brücke«, murmelte Don Hemphill.
Henry Payton beschloß, sich die Kampfpause zunutze zu machen. Er stieß Tony Mislaburski beiseite, hielt die Hände an den verletzten Mund und brüllte: »Alle herhören! Hier spricht die Polizei! Ich befehle euch...«
Doch dann erhob Nan Roberts ihre Stimme. Sie hatte viele Jahre damit verbracht, Bestellungen in die Küche ihres Restaurants zu rufen, und sie war es gewöhnt, sich verständlich zu machen, einerlei, welches Getöse um sie herum herrschte. Es war kein Wettstreit; sie übertönte Henry Paytons Stimme ohne jede Mühe.
» DIE GOTTVERDAMMTEN KATHOLIKEN ARBEITEN MIT DYNAMIT!« trompetete sie.
Die Zahl der Kämpfenden war geschrumpft, aber was ihnen an Masse fehlte, machten sie durch wütende Inbrunst wett.
Sekunden nach Nans Ruf war die Schlacht wieder in vollem Gange, aufgelöst in ein rundes Dutzend einzelner Scharmützel auf einem fünfzig Meter langen Abschnitt der vom Regen gepeitschten Straße.
2
Norris Ridgewick stürzte ins Sheriffbüro, Sekunden bevor die Brücke hochging, und schrie mit höchster Lautstärke: »Wo ist Sheriff Pangborn? Ich muß Sheriff Pangborn ...«
Er brach ab. Abgesehen von Seaton Thomas und einem Staatspolizisten, der aussah, als wäre er zu jung, um schon Bier trinken zu dürfen, war das Büro leer.
Wo zum Teufel waren die Leute? Wie es aussah, parkten draußen in wirrem Durcheinander an die sechstausend Streifenwagen und andere Fahrzeuge. Eines davon war sein eigener Käfer, der, wenn das Durcheinander prämiiert worden wäre, mühelos das Blaue Band gewonnen hätte. Er lag immer noch dort, wo Buster ihn gerammt hatte, auf der Seite.
»Jesus!« rief Norris. »Wo stecken die Leute?«
Der Staatspolizist, der aussah, als wäre er zu jung, um schon Bier trinken zu dürfen, nahm Norris’ Uniform zur Kenntnis und sagte dann: »Irgendwo ein Stück die Straße hinauf ist eine große Keilerei im Gange – die Christen gegen die Kannibalen oder so etwas ähnliches. Ich soll die Zentrale bedienen, aber bei diesem Gewitter kann ich weder senden noch empfangen.« Verdrossen setzte er hinzu: »Wer sind Sie?«
»Deputy Sheriff Norris Rigdewick.«
»Ich bin Joe Price. Was ist das eigentlich für eine Stadt, die Sie hier haben, Deputy? Sämtliche Einwohner sind verrückt geworden.«
Norris gab keine Antwort und ging zu Seat Thomas. Seats Gesicht war schmutziggrau, und er atmete unter großen Schwierigkeiten. Eine seiner runzligen Hände drückte auf seine Brust.
»Seat, wo ist Alan?«
»Keine Ahnung«, sagte Seat und musterte Norris mit trüben, verängstigten Augen. »Etwas Schlimmes geht vor. Etwas ganz Schlimmes. In der ganzen Stadt. Das Telefon ist ausgefallen, und das sollte nicht sein, weil die meisten Leitungen unterirdisch verlegt sind. Aber wissen Sie was? Ich bin froh, daß es ausgefallen ist. Ich bin froh, weil ich gar nicht wissen will, was vorgeht.«
»Sie sollten im Krankenhaus sein«,
Weitere Kostenlose Bücher