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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Händen hielt, an Nan’s großem Restaurantfenster vorbeidriftete. Ihre Augen waren starr geradeaus gerichtet, und ein ihr entgegenkommender Mann mußte blitzschnell ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Alan durchblätterte in Windeseile die riesige Akte von Namen und Gesichtern, die er in seinem Kopf angelegt hatte, und brachte etwas zustande, das Norris, der eine Schwäche für den Polizeijargon hatte, zweifellos eine »partielle Identifizierung« genannt hätte.
    »Evans. Mabel oder Mavis oder so etwas Ähnliches. Ihr Mann ist Chuck Evans.«
    »Sie sieht aus, als hätte sie gerade einen erstklassigen Panamaischen Roten geraucht«, sagte sie. »Ich beneide sie.«
    Nan Roberts kam selbst herüber, um sie zu bedienen. Sie gehörte zu William Roses baptistischen Gottesstreitern und trug über ihrer linken Brust einen kleinen gelben Button. Es war der dritte, den Alan an diesem Nachmittag gesehen hatte, und er vermutete, daß er in den nächsten Wochen noch sehr viele davon zu sehen bekommen würde. Er zeigte einen Spielautomaten in einem schwarzen Kreis, durch den eine rote Diagonale gezogen worden war. Auf dem Button standen keine Worte, aber er ließ auch so nicht den geringsten Zweifel an den Gefühlen, den seine Träger hinsichtlich der Kasino-Nacht hegten.
    Nan war eine Frau in mittleren Jahren mit einem gewaltigen Busen und einem liebenswürdigen, hübschen Gesicht, bei dem man an Mom und Apfelkuchen dachte. Der Apfelkuchen bei Nan war, wie Alan und seine sämtlichen Deputies wußten, ganz ausgezeichnet – zumal mit einer großen Kugel Vanilleeis, das auf dem heißen Kuchen schmolz. Es war leicht, sich bei Nan vom Augenschein blenden zu lassen, aber viele Geschäftsleute – in erster Linie Grundstücksmakler – hatten feststellen müssen, daß sich das ganz und gar nicht empfahl. Hinter dem liebenswürdigen Gesicht saß ein Verstand, der einem klickenden Computer glich, und unter dem mütterlich wogenden Busen steckte dort, wo normalerweise das Herz sitzt, ein Stapel Kontobücher. Nan gehörte ein beträchtlicher Teil von Castle Rock; seit Pop Merrills Begräbnis war sie vermutlich die reichste Person in der ganzen Stadt.
    Sie erinnerte ihn an eine Bordell-Madam, die er einmal in Utica verhaftet hatte. Die Frau hatte ihm eine Bestechung angeboten, und als er sie abgelehnt hatte, hatte sie allen Ernstes versucht, ihm mit einem Vogelkäfig den Schädel einzuschlagen. Sein Bewohner, ein skofulöser Papagei, der manchmal mit nachdenklicher und trauriger Stimme »Ich habe deine Mama gefickt, Frank« sagte, hatte noch in dem Käfig gesessen. Gelegentlich, wenn Alan sah, wie sich die senkrechten Falten zwischen Nan Roberts Augen vertieften, war er überzeugt, daß sie durchaus imstande war, ebenso zu handeln. Und es erschien ihm völlig natürlich, daß Nan, die in letzter Zeit wenig mehr tat, als an der Kasse zu sitzen, herbeikam, um den County Sheriff selbst zu bedienen. Es war die persönliche Note, die soviel bedeutete.
    »Hallo, Alan«, sagte sie. »Ich habe Sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wo haben Sie gesteckt?«
    »Hier und dort«, sagte er. »Ich bin viel unterwegs, Nan.«
    »Nun, vergessen Sie Ihre alten Freunde nicht, während Sie unterwegs sind«, sagte sie und bedachte ihn mit ihrem strahlenden, mütterlichen Lächeln. Man mußte geraume Zeit in Nans Gegenwart verbringen, dachte Alan, bevor man merkte, wie selten dieses Lächeln bis an ihre Augen heranreichte. »Kommen Sie zumindest gelegentlich vorbei.«
    »Und siehe da – hier bin ich!« sagte Alan.
    Nan lachte so laut und vergnügt auf, daß die Männer an der Theke – zum größten Teil Holzfäller – kurz die Köpfe drehten. Und später, dachte Alan, werden sie ihren Freunden erzählen, daß sie gesehen haben, wie dicke Nan Roberts und der Sheriff miteinander sind. Die allerbesten Freunde.
    »Kaffee, Alan?«
    »Bitte.«
    »Wie wäre es mit einem Stück Kuchen dazu? Selbstgebacken – mit Äpfeln aus McSherrys Garten drüben in Sweden. Gestern erst gepflückt.« Zumindest versucht sie nicht, uns weiszumachen, daß sie sie selbst gepflückt hat, dachte Alan.
    »Nein, danke.«
    »Wirklich nicht? Und wie steht es mit Ihnen, Polly?«
    Polly schüttelte den Kopf.
    Nan ging, um den Kaffee zu holen. »Du kannst sie nicht so recht leiden, nicht wahr?« fragte sie leise.
    Er dachte darüber nach, ein wenig überrascht – die Frage, ob er jemanden leiden konnte oder nicht, hatte sich ihm nie gestellt. »Nan? Sie ist in Ordnung. Es

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