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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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herauszukriegen!«
    »Ich bringe es wieder mit herunter, Ma.«
    »Das will ich hoffen!«
    Brian ging hinauf und verbrachte eine halbe Stunde damit, an seinem Schreibtisch zu sitzen und über seiner Sandy Koufax-Karte zu träumen. Als Sean hereinkam, um zu fragen, ob er mit ihm zu dem Laden an der Ecke gehen wollte, schlug Brian den Ringbinder mit seinen Baseballkarten zu und sagte Sean, er solle aus seinem Zimmer verschwinden und nicht wiederkommen, bis er gelernt hätte, daß man an einer geschlossenen Tür anzuklopfen hat. Er hörte, wie Sean weinend auf dem Flur stand, und empfand keinerlei Mitgefühl.
    Schließlich gab es so etwas wie gute Manieren.

10
     
    Warden threw a party in the county jail,
Prison band was there and they began to wail,
The band was jumpin and the joint began to swing,
Y’oughtta heard those knocked-out jailbirds sing!
    The King steht da mit gespreizten Beinen, seine blauen Augen funkeln, die weit ausgestellten Hosenbeine seiner Auftrittskluft flattern. Straß glitzert im Licht der Punktstrahler an der Decke. Eine Strähne blauschwarzen Haars fällt ihm in die Stirn. Das Mikrofon befindet sich dicht vor seinem Mund, aber nicht so dicht, daß Myra die schmollend aufgeworfene Oberlippe nicht sehen kann.
    Plötzlich kann sie alles sehen. Sie sitzt in der ersten Reihe.
    Und plötzlich, während die Rhythmusgruppe loslegt, streckt er eine Hand aus, streckt sie IHR entgegen, genau wie Bruce Springsteen (der niemals The King sein wird, so sehr er sich auch anstrengen mag) in seinem »Dancing in the Dark«-Video einem Mädchen die Hand entgegenstreckt.
    Einen Augenblick lang ist sie zu fassungslos, um irgend etwas zu tun, zu fassungslos, um sich zu bewegen, und dann schieben Hände von hinten sie ihm entgegen, und SEINE Hand hat sich um ihr Handgelenk geschlossen, SEINE Hand zieht sie auf die Bühne empor. Sie kann ihn RIECHEN, eine Mixtur aus Schweiß, English Leather und heißem, sauberem Fleisch.
    Einen bloßen Augenblick später liegt Myra Evans in Elvis Presleys Armen.
    Der Satin seiner Auftrittskluft ist glatt unter ihren Händen. Die um sie geschlungenen Arme sind muskulös. Dieses Gesicht, SEIN Gesicht, das Gesicht von The King, ist nur zentimeterweit von ihrem entfernt. Er tanzt mit ihr – sie sind ein Paar, Myra Josephine Evans aus Castle Rock, Maine, und Elvis Aron Presley aus Memphis, Tennessee! Sie tanzen eng umschlungen über eine breite Bühne vor viertausend kreischenden Fans, während die Jordan Aires diesen tollen alten Refrain aus den Fünfzigern singen: »Let’s rock... everybody let’s rock...«
    Seine Hüften drängen sich gegen die ihren, sie kann spüren, wie seine aufgestaute Spannung an ihren Bauch stößt. Dann wirbelt er sie herum, ihr Rock schwingt aus und gibt den Blick frei auf ihre Beine bis hinauf zu den Spitzen ihres Victoria’s Secret-Höschens; ihre Hände drehen sich in den seinen wie eine Achse in einer Narbe. Und dann zieht er sie wieder an sich, seine Hände gleiten an ihrem Rücken herunter bis zur Rundung ihres Gesäßes, drücken sie fest an ihn. Einen Augenblick lang schaut sie nach unten, und dort sieht sie, wie jenseits des Gleißens der Rampenlichter Cora Rusk zu ihr heraufstarrt. Coras Gesicht ist verzerrt vor Haß und grün vor Neid.
    Dann ergreift Elvis ihren Kopf und dreht ihn zu sich hin und sagt mit diesem unverwechselbaren, sirupweichen Akzent des Südens: »Sollten wir einander nicht eigentlich in die Augen sehen, Honey?« Bevor sie antworten kann, liegen seine vollen Lippen auf den ihren; der Geruch von ihm und das Fühlen von ihm erfüllen die Welt. Dann ist plötzlich seine Zunge in ihrem Mund – der König des Rock and Roll küßt sie leidenschaftlich vor Cora und der ganzen Welt. Er zieht sie wieder dicht an sich, und während die Trompeten ihre Synkopen herausschmettern, spürt sie, wie sich in ihren Lenden eine ekstatische Hitze ausbreitet. Oh, so ist es noch nie gewesen, nicht einmal vor all den vielen Jahren mit Ace Merrill drunten am Castle Lake. Sie möchte schreien, aber seine Zunge steckt tief in ihrem Mund, und sie kann sich nur in dem glatten Satinrücken festkrallen und mit den Hüften pumpen, während die Trompeten in »My Way« hineintosen.

11
     
    Mr. Gaunt saß auf einem der Polsterstühle und beobachtete mit klinischer Gelassenheit, wie der Orgasmus sie durchfuhr. Sie zitterte wie eine Frau, die einen totalen neuralen Zusammenbruch erlebt; sie umklammerte das Foto von Elvis, ihre Augen waren geschlossen, ihr Busen

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