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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schluß, daß niemand ihre Unterhaltung belauscht hatte, und wendete sich dann wieder an Alan. »Manchmal bist du wirklich zum Verzweifeln! Wenn du nicht lernst, ein bißchen diskreter zu sein, dann wirst du bei den Wahlen in zwei Jahren aus dem Amt gefegt – und dann stehst du mit einem breiten, verwirrten Grinsen im Gesicht da und weißt nicht, was passiert ist. Du mußt vorsichtiger sein. Wenn Danforth Keeton eine Zeitbombe ist, dann ist dieser Mann ein Raketenwerfer.«
    Er beugte sich vor und sagte: »Er ist kein Raketenwerfer. Ein selbstgerechter, aufgeblasener kleiner Schwachkopf, das ist er.«
    »Die Kasino-Nacht?«
    Er nickte.
    Sie legte ihre Hände über die seinen. »Du Ärmster! Und von außen betrachtet sieht die Stadt aus wie ein verschlafenes kleines Nest, nicht wahr?«
    »Das ist sie gewöhnlich auch.«
    »War er wütend, als er ging?«
    »Kann man wohl sagen«, erklärte Alan. »Es war schon meine zweite Unterhaltung mit dem guten Reverend über die Legalität der Kasino-Nacht. Und ich rechne damit, daß noch einige weitere folgen werden, bevor die Katholiken dieses verdammte Unternehmen endlich starten und die Sache erledigt ist.«
    »Er ist wirklich ein selbstgerechter kleiner Schwachkopf, nicht wahr?« fragte sie mit noch leiserer Stimme. Ihr Gesicht war ernst, aber ihre Augen funkelten.
    »Ja. Außerdem gibt es jetzt Buttons. Eine neue Masche.«
    »Buttons?«
    »Mit Spielautomaten darauf, die durchgestrichen sind. Nan trägt so einen. Ich frage mich, wessen Idee das war.«
    »Wahrscheinlich stammt sie von Don Hemphill. Er ist nicht nur ein guter Baptist, sondern sitzt auch im Staatsausschuß der Republikaner. Don kennt sich in Wahlkämpfen aus, aber ich wette, er muß feststellen, daß es wesentlich schwieriger ist, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, wenn es um Religion geht.« Sie streichelte seine Hände. »Nimm’s nicht so schwer, Alan. Sei geduldig. Warte ab. Das ist es, was den größten Teil des Lebens in Castle Rock ausmacht – die Dinge nicht so schwer nehmen, geduldig sein und abwarten, bis der gelegentliche Stunk vorübergeht. Okay?«
    Er lächelte sie an, drehte seine Hände um und ergriff die ihren – aber sanft. Ganz, ganz sanft. »Okay«, sagte er. »Hättest du gern Gesellschaft heute abend, meine Hübsche?«
    »Oh, Alan, ich weiß nicht recht...«
    »Keine Annäherungsversuche«, versicherte er ihr. »Ich mache ein Feuer an, wir setzen uns davor, und du kannst zu meiner Belustigung noch ein paar Leichen aus dem Schrank der Stadt ans Licht bringen.«
    Sie lächelte matt. »Ich glaube, im Laufe der letzten sechs oder sieben Monate hast du so ziemlich alle Leichen kennengelernt, von denen ich weiß, Alan. Wenn du noch mehr über Castle Rock erfahren möchtest, solltest du dich mit Lenny Partridge anfreunden – oder mit ihr.« Sie deutete mit einem Nicken auf Nan, dann senkte sie die Stimme. »Der Unterschied zwischen Lenny und Nan«, sagte sie, »ist der, daß es Lenny genügt, Dinge zu wissen. Nan Roberts dagegen macht von dem, was sie weiß, gern Gebrauch.«
    »Und das bedeutet?«
    »Das bedeutet, daß sie nicht für alle Grundstücke, die sie besitzt, den vollen Marktpreis gezahlt hat.«
    Alan musterte sie nachdenklich. Er hatte Polly noch nie in einer derartigen Stimmung erlebt – gleichzeitig introspektiv, redselig und deprimiert. Zum ersten Mal, seit er ihr Freund und dann ihr Geliebter geworden war, fragte er sich, ob er Polly Chalmers zuhörte – oder den Drogen.
    »Ich glaube, heute abend wäre es besser, wenn du nicht kämest«, sagte sie mit plötzlicher Entschlossenheit. »Ich bin keine gute Gesellschafterin, wenn ich mich so fühle wie jetzt. Das sehe ich dir am Gesicht an.«
    »Polly, das ist nicht wahr.«
    »Ich gehe nach Hause und nehme ein langes, heißes Bad. Ich trinke keinen Kaffee mehr. Ich ziehe den Stecker des Telefons heraus, gehe zeitig zu Bett, und es besteht die Hoffnung, daß ich mich, wenn ich morgen früh aufwache, fühlen werde wie ein neuer Mensch. Und dann kannst du vielleicht – wieder einen Annäherungsversuch unternehmen.« »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte er.
    Ihre Hände bewegten sich leicht und sanft in den seinen. »Ich weiß«, sagte sie. »Es ändert nichts, aber ich weiß es zu schätzen, Alan. Mehr, als du ahnst.«

2
     
    Hugh Priest verlangsamte auf seinem Heimweg vom Fuhrpark von Castle Rock die Fahrt, als er am Mellow Tiger vorbeikam – doch dann gab er wieder Gas. Er fuhr nach Hause, parkte seinen Buick auf der

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