In einer kleinen Stad
Xanax verabreicht. Die dritte – und bei weitem beängstigende – war der Abend der schlammigen Laken gewesen. Er hatte darauf bestanden, ihr eine Tasse Tee zu machen, und als sie sich schließlich bereit erklärt hatte, eine zu trinken (nach ihrem kurzen, aber überaus befriedigenden Gespräch mit Nettie Cobb), hatte er ihn besonders stark gemacht und nicht nur eine, sondern zwei Xanax hineingetan. Am nächsten Morgen hatte er sehr erleichtert festgestellt, wie stark ihr Thermostat gesunken war.
Das waren die Dinge, die Wilma Jerzyck, die sich ihrer Macht über ihren Mann so sicher war, nicht wußte; das waren außerdem die Dinge, die Wilma davon abhielten, einfach in ihrem Yugo vor Netties Tür zu fahren und am Freitagmorgen über sie herzufallen.
2
Nicht, daß Wilma Nettie vergessen oder ihr verziehen hätte und daß ihr auch nur die geringsten Zweifel daran gekommen wären, wer ihre Laken ruiniert hatte; dergleichen hätte kein Medikament der Welt fertiggebracht.
Kurz nachdem Pete zur Arbeit gefahren war, stieg Wilma in ihren Wagen und fuhr langsam die Willow Street hinunter (die hintere Stoßstange des kleinen gelben Yugo trug einen Aufkleber, der der Welt erklärte: WEM MEINE FAHRWEISE NICHT PASST, DER WÄHLE 1-800-FRISS-SCHEIS-SE). Sie bog nach rechts ab, als sie sich Nettie Cobbs hübschem kleinen Haus näherte. Ihr war, als sähe sie, wie sich eine der Gardinen bewegte, und das war ein guter Anfang – aber eben nur ein Anfang.
Sie fuhr um den Block (wobei sie das Haus der Rusks in der Pond Street passierte, ohne einen Blick darauf zu werfen), an ihrem eigenen Haus in der Willow Street vorbei, und bog dann abermals in die Ford Street ein. Jetzt drückte sie zweimal auf die Hupe, als sie sich Netties Haus näherte, und hielt dann mit laufendem Motor vor dem Haus an.
Die Gardine bewegte sich abermals. Diesmal war kein Irrtum möglich. Die Frau lugte zu ihr heraus. Wilma stellte sich vor, wie sie da hinter der Gardine stand, zitternd vor Entsetzen und Schuldbewußtsein, und stellte fest, daß ihr dieses Bild noch besser gefiel als das, mit dem sie zu Bett gegangen war – dem, in dem sie der verrückten Kuh die Rübe umdrehte, bis sie herumwirbelte wie der Kopf des kleinen Mädchens in Der Exorzist .
»Dideldumdau, ich seh dich genau«, sagte sie grimmig, als die Gardine wieder zurückglitt. »Bilde dir nicht ein, ich sähe dich nicht.«
Sie fuhr abermals um den Block, hielt zum zweitenmal vor Netties Haus und drückte auf die Hupe, um ihr Opfer auf ihre Anwesenheit aufmerksam zu machen. Diesmal blieb sie fast fünf Minuten. Die Gardine bewegte sich zweimal. Schließlich fuhr sie befriedigt davon.
Die verrückte Ziege wird den ganzen Tag über nach mir Ausschau halten , dachte sie, als sie ihre eigene Auffahrt wieder erreicht hatte und ausstieg. Sie wird sich nicht trauen, einen Fuß vor die Tür zu setzen .
Wilma ging ins Haus, leichten Fußes und leichten Herzens, und ließ sich mit einem Katalog auf dem Sofa nieder. Wenig später bestellte sie drei neue Garnituren Laken – weiß, gelb und mit Paisleymuster.
3
Raider saß auf dem Teppich mitten im Wohnzimmer und schaute zu seinem Frauchen auf. Schließlich winselte er leise, als wollte er Nettie daran erinnern, daß dies ein Werktag und sie bereits eine halbe Stunde zu spät dran war. Heute war der Tag, an dem sie bei Polly im Obergeschoß staubsaugen sollte, und der Mann von der Telefongesellschaft wollte mit den neuen Telefonen kommen, denen mit den übergroßen Tasten. Sie sollten für Leute, die eine so schlimme Arthritis hatten wie Polly, leichter zu bedienen sein.
Aber wie konnte sie fortgehen?
Die verrückte Polin war irgendwo da draußen, fuhr mit diesem kleinen Wagen herum.
Nettie saß in ihrem Sessel und hielt ihren Lampenschirm auf dem Schoß. Sie hatte ihn auf dem Schoß gehalten, seit die verrückte Polin das erste Mal an ihrem Haus vorbeigefahren war. Dann war sie wiedergekommen, hatte angehalten und gehupt. Als sie wieder abfuhr, hatte Nettie gedacht, es wäre vielleicht vorbei, aber nein – die Frau war noch ein drittes Mal gekommen. Nettie war ganz sicher gewesen, daß die verrückte Polin versuchen würde, ins Haus zu kommen. Sie hatte in ihrem Sessel gesessen, hatte mit dem einen Arm den Lampenschirm und mit dem anderen Raider an sich gedrückt und sich gefragt, was sie tun würde, falls die verrückte Polin es versuchen sollte – wie sie sich verteidigen sollte. Sie wußte es nicht.
Endlich brachte sie den Mut
Weitere Kostenlose Bücher