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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Handgemenge ausgeartet.
    Anschließend war Wilma wie eine Löwin im Käfig im Haus hin und her gewandert, hatte geschworen, sie würde dieses Miststück erwischen, es ins Krankenhaus bringen. »Und dort wird sie eine Weile bleiben müssen, wenn ich mit ihr fertig bin«, hatte Wilma durch zusammengebissene Zähne hindurch gekeift. »Darauf kannst du Gift nehmen. Morgen gehe ich hin. Ich gehe hin und nehme Die Sache in die Hand.«
    Pete hatte mit wachsender Bestürzung begriffen, daß dies nicht nur leeres Gerede war; es war Wilma völlig ernst damit. Gott wußte, wozu sie sich hinreißen lassen würde. Vor seinem geistigen Auge sah er, wie Wilma Henriettas Kopf in einen Kübel mit irgendeinem ätzenden Zeug tauchte, das die Frau für den Rest ihres Lebens kahlköpfig machen würde.
    Er hatte gehofft, daß sie sich über Nacht ein wenig beruhigen würde, aber als Wilma am nächsten Morgen aufstand, war sie sogar noch wütender. Er hätte es nicht für möglich gehalten, aber das war ganz offensichtlich der Fall. Die dunklen Ringe unter ihren Augen kündeten von einer schlaflos verbrachten Nacht.
    »Wilma« sagte er schwächlich, »ich glaube nicht, daß es eine gute Idee wäre, heute zu The Beauty Rest hinaufzugehen. Ich bin sicher, wenn du noch einmal darüber nachdenkst...«
    »Ich habe letzte Nacht darüber nachgedacht«, hatte Wilma erwidert und einen beängstigend seelenlosen Blick auf ihn gerichtet, »und bin zu dem Schluß gekommen, daß sie, wenn ich mit ihr fertig bin, nie wieder irgend jemandem die Haarwurzeln verbrennen wird. Wenn ich mit ihr fertig bin, wird sie einen Blindenhund brauchen, um den Weg zum Klo zu finden. Und wenn du dich mit mir anlegst, Pete, dann könnt ihr beide eure verdammten Hunde aus dem gleichen Wurf kaufen.«
    Verzweifelt, nicht sicher, ob es funktionieren würde, aber unfähig, sich irgend etwas anderes einfallen zu lassen, womit er die bevorstehende Katastrophe abwenden konnte, hatte Pete Jerzyck das Glas aus der Innentasche seines Aktenkoffers geholt und eine Tablette Xanax in Wilmas Kaffee getan. Dann war er ins Büro gefahren.
    Das war, in einem sehr realen Sinne, Pete Jerzycks Erste Kommunion gewesen.
    Er hatte den Tag in qualvoller Spannung verbracht und war voller Angst vor dem, was er vorfinden mochte, nach Hause gekommen (Henrietta Longman tot und Wilma im Gefängnis war die Vorstellung, die sich ihm am häufigsten aufdrängte). Er war glücklich, Wilma in der Küche vorzufinden, singend.
    Pete holte tief Luft, senkte seinen emotionalen Explosionsschild und fragte, was aus der Longman geworden wäre.
    »Sie macht ihren Laden erst mittags auf, und um die Zeit war ich nicht mehr so wütend«, sagte Wilma. »Ich bin trotzdem hingegangen, um sie zur Rede zu stellen – schließlich hatte ich mir vorgenommen, das zu tun. Und stell dir vor – sie hat mir ein Glas Sherry angeboten und gesagt, sie wollte mir mein Geld zurückgeben!«
    »Donnerwetter! Großartig!« hatte Pete gesagt, froh und erleichtert – und das war das Ende von l’affaire Henrietta gewesen. Er hatte tagelang darauf gewartet, daß Wilmas Zorn wieder aufflackern würde, aber er hatte es nicht getan – zumindest nicht in der Sache Henrietta Longman.
    Er hatte daran gedacht, Wilma vorzuschlagen, daß sie Dr. Van Allen aufsuchen und sich ein eigenes Rezept für ein Beruhigungsmittel besorgen sollte, aber nach langem und sorgfältigem Nachdenken ließ er es bleiben. Wilma würde ihn aus dem Wasser fegen – vielleicht sogar bis in eine Erdumlaufbahn -, wenn er vorschlug, sie sollte DROGEN NEHMEN. DROGEN NEHMEN – das war etwas für Junkies, und Beruhigungsmittel waren etwas für weibische Junkies. Sie würde auch so mit dem Leben fertig werden, besten Dank. Und außerdem, mußte Pete widerstrebend zugeben, war die Wahrheit zu offensichtlich, als daß man sie hätte bestreiten können: Wilma genoß es, wütend zu sein. Wilma in heller Wut war Wilma im Zustand der Befriedigung, Wilma, durchdrungen von einem hehren Ziel.
    Und er liebte sie – so, wie die Eingeborenen jener tropischen Region zweifellos ihren Großen Gott Donnerberg geliebt hatten. Seine Angst und Ehrfurcht intensivierten diese Liebe sogar noch; sie war WILMA, eine Macht aus eigener Vollkommenheit, und er versuchte nur, sie von ihrem Kurs abzubringen, wenn er fürchtete, daß sie sich verletzen könnte – wodurch sie, infolge der mystischen Transsubstantion der Liebe, auch ihn verletzen würde.
    Seither hatte er ihr nur bei drei Gelegenheiten ein

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