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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nur sein Magen schuld war, der immer noch gegen die verdorbenen Muscheln rebellierte, die er am Mittag gegessen hatte. Wenn er das nächste Mal dort Station machte, würde er sich an das Hähnchen halten, das schließlich die Spezialität des Hauses war.
    »Ich könnte Ihnen für die Rute einen überaus günstigen Preis machen«, sagte Mr. Gaunt. »Wollen Sie nicht hereinkommen, Officer Ridgewick? Dann können wir darüber reden.«
    Norris fuhr leicht zusammen. Er hatte dem Mann seinen Namen nicht genannt, da war er ganz sicher. Er machte den Mund auf, um Gaunt zu fragen, woher er ihn kannte, dann machte er ihn wieder zu. Er trug ein kleines Namensschild über seinem Polizeiabzeichen. Natürlich, das war es.
    »Das sollte ich lieber nicht tun«, sagte er und wies mit dem Daumen über die Schulter hinweg auf den Streifenwagen. Er konnte nach wie vor das Funkgerät hören, aber es gab nur Störgeräusche von sich; den ganzen Abend war kein Ruf für ihn hereingekommen. »Ich bin im Dienst. Meine Schicht endet zwar theoretisch um neun, aber bis ich den Wagen übergeben habe...«
    »Es dauert nur ein oder zwei Minuten«, drängte Gaunt. Seine Augen musterten Norris vergnügt. »Wenn ich beschlossen habe, mit einem Mann ins Geschäft zu kommen, Officer Ridgewick, dann vergeude ich keine Zeit. Zumal dann nicht, wenn der betreffende Mann mitten in der Nacht unterwegs ist, um meinen Laden zu beschützen.«
    Norris dachte daran, Gaunt zu erklären, daß man neun Uhr abends kaum als >mitten in der Nacht< bezeichnen konnte und daß in einer verschlafenen kleinen Stadt wie Castle Rock das Beschützen des Eigentums der hier ansässigen Geschäftsleute keine sehr anstrengende Arbeit war. Dann richtete er seinen Blick wieder auf die Bazun-Rute, und die alte Sehnsucht, so verblüffend stark und frisch, ergriff wieder von ihm Besitz. Er dachte daran, an diesem Wochenende mit einer solchen Rute zum See hinauszufahren, ganz früh am Morgen mit einer Dose voller Würmer und einer großen Thermosflasche mit frischem Kaffee aus Nan’s Luncheonette. Es würde fast wieder so sein wie früher mit seinem Vater.
    »Also...«
    »Nun kommen Sie schon«, drängte Gaunt. »Wenn ich nach Feierabend einen kleinen Handel abschließen kann, dann können Sie auch in der Zeit, die eigentlich der Stadt gehört, einen Einkauf tätigen. Außerdem, Officer Ridgewick, glaube ich nicht, daß heute abend jemand vorhat, die Bank auszurauben, oder was meinen Sie?«
    Norris schaute zur Bank hinüber, die im Licht der blinkenden Ampel abwechselnd gelb und schwarz aufleuchtete, und lachte. »Das ist wahr.«
    »Also...«
    »Okay«, sagte Norris. »Aber wenn wir uns nicht in ein paar Minuten einig werden, muß ich wirklich wieder hinaus.«
    Leland Gaunt stöhnte und lachte gleichzeitig. »Ich glaube, ich höre das leise Geräusch meiner Taschen, die ausgeleert werden«, sagte er. »Kommen Sie, Officer Ridgewick – ein paar Minuten werden genügen.«
    »Ich würde diese Rute wirklich gern kaufen«, platzte Norris heraus.
    Das war eine schlechte Art, einen Handel anzufangen; er wußte es, konnte es aber nicht ändern.
    »Das werden Sie auch«, sagte Mr. Gaunt. »Ich werde Ihnen das beste Geschäft Ihres Lebens anbieten, Officer Ridgewick.«
    Er begleitete Norris in den Laden hinein und schloß die Tür.

Sechstes Kapitel
     

1
     
    Wilma Jerzyck kannte ihren Ehemann Pete nicht ganz so gut, wie sie ihn zu kennen glaubte.
    Sie ging an diesem Donnerstagabend mit der festen Absicht zu Bett, am Freitagmorgen als allererstes zu Nettie Cobb hinüberzugehen und Die Sache in die Hand zu nehmen. Es kam gelegentlich vor, daß ihre häufigen Streitereien einfach dahinschwanden, aber in den Fällen, in denen sie sich zuspitzten, war es Wilma, die den Duellplatz aussuchte und die Waffen wählte. Die erste Regel ihres von Konfrontationen bestimmten Lebens lautete: Immer das letzte Wort haben . Und die zweite lautete: Immer den ersten Schritt tun, wenn es hart auf hart geht . Dieser erste Schritt war für sie gleichbedeutend mit Die Sache in die Hand nehmen; und das würde sie im Fall Nettie Cobb unverzüglich tun.
    Sie erklärte Pete, sie wolle doch sehen, wie oft man den Kopf der verrückten Ziege umdrehen konnte, bis er vom Stengel brach.
    Sie war darauf gefaßt, den größten Teil der Nacht wach zu verbringen, gespannt wie eine Bogensehne; es wäre nicht das erste Mal gewesen. Statt dessen schlief sie bereits zehn Minuten, nachdem sie sich hingelegt hatte, ein, und als sie

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