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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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würde. Mr. Gaunt erklärte Slopey, er würde ihm die paar Dinge, die er für diesen Streich brauchte, geben, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen war, und Slopey sagte, das wäre w-w-w-wirklich g-g-g-gut. June Gavincaux, die Frau des reichsten Meiereibesitzers der Stadt, kaufte eine Cloisonné-Vase für siebenundneunzig Dollar und das Versprechen, Father Brigham von Our Lady of Serene Waters einen Streich zu spielen. Kurz nachdem sie gegangen war, arrangierte Mr. Gaunt einen ähnlichen Streich, der Reverend Willie gespielt werden sollte.
    Es war ein geschäftiger, ergebnisreicher Tag, und als Mr. Gaunt schließlich das GESCHLOSSEN-Schild an die Tür hängte und die Jalousie herunterzog, war er müde, aber zufrieden. Das Geschäft war großartig gegangen, und er hatte sogar den ersten Schritt unternommen, um dafür zu sorgen, daß Sheriff Pangborn ihm nicht ins Handwerk pfuschte. Das war gut. Die ersten Tage waren immer der erfreulichste Teil seines Unternehmens, aber sie waren anstrengend, und manchmal konnten sie außerdem riskant sein. Natürlich konnte er sich täuschen, was Pangborn anging; aber Gaunt hatte gelernt, sich in solchen Dingen auf sein Gefühl zu verlassen, und seinem Gefühl nach war Pangborn ein Mann, von dem er sich besser fernhielt – zumindest so lange, bis er selbst die Bedingungen diktieren konnte, unter denen er mit dem Sheriff umging. Mr. Gaunt ging davon aus, daß dies eine überaus volle Woche werden würde, und bevor sie zu Ende war, würde es Feuerwerk geben.
    Eine Menge Feuerwerk.

4
     
    Es war Viertel nach sechs am Freitagabend, als Alan in Pollys Auffahrt einbog und den Motor abstellte. Sie stand an der Tür, wartete auf ihn und küßte ihn herzlich. Er sah, daß sie selbst für diesen kurzen Ausflug in die Kälte Handschuhe angezogen hatte, und runzelte die Stirn.
    »Laß das«, sagte sie. »Heute abend sind sie etwas besser. Hast du das Hähnchen mitgebracht?«
    Er hob die weißen, fettfleckigen Papiertüten. »Ihr Diener, meine Gnädigste.«
    Sie deutete einen Knicks an. »Und der Ihre.«
    Sie nahm ihm die Tüten ab und ging voraus in die Küche. Er zog einen Stuhl vom Tisch, drehte ihn um und setzte sich verkehrt herum darauf, um ihr zuzusehen, wie sie die Handschuhe auszog und die Hähnchenteile auf eine Glasplatte legte. Er hatte sie aus dem Cluck-Cluck Tonite geholt. Ein gräßlicher Name, aber die Hähnchen dort waren gut (Norris zufolge konnte man das von den Muscheln nicht behaupten). Das einzige Problem mit Speisen, die man mitnahm, war, wenn man zwanzig Meilen entfernt wohnte, daß sie kalt wurden – und dafür, dachte er, waren Mikrowellenherde da. Er war sogar überzeugt, daß die einzigen drei Aufgaben, die Mikrowellenherde zu erfüllen hatten, das Warmhalten von Kaffee, das Herstellen von Popcorn und das Aufwärmen von Speisen war, die man aus Restaurants wie dem Cluck-Cluck Tonite geholt hatte.
    »Sind sie wirklich besser?« fragte er, als sie die Hähnchenteile in den Herd schob und auf die entsprechenden Tasten drückte. Es bestand keine Veranlassung, sich deutlicher auszudrücken; sie wußten beide, wovon die Rede war.
    »Nur ein bißchen«, gab sie zu, »aber ich bin ziemlich sicher, daß sie bald erheblich besser sein werden. Ich spüre ein warmes Kribbeln in den Handflächen, und das ist gewöhnlich ein ganz gutes Zeichen.«
    Sie hielt sie hoch. Anfangs waren ihr ihre verkrümmten, verunstalteten Hände überaus peinlich gewesen, und die Verlegenheit war nach wie vor da, aber sie hatte einen langen Weg zurückgelegt und gelernt, sein Interesse als Teil seiner Liebe zu akzeptieren. Er fand immer noch, daß ihre Hände steif und so unbeholfen aussahen, als trüge sie unsichtbare Handschuhe – Handschuhe, die ein ungeschickter und liebloser Hersteller genäht, ihr übergezogen und dann ein für allemal an ihren Handgelenken befestigt hatte.
    »Hast du heute Tabletten genommen?«
    »Nur eine. Heute vormittag.«
    In Wirklichkeit hatte sie drei genommen – zwei am Vormittag und eine am frühen Nachmittag -, und die Schmerzen waren heute kaum besser als gestern. Sie fürchtete, daß das Kribbeln, von dem sie gesprochen hatte, nur ein Produkt ihrer wehmütigen Phantasie war. Sie belog Alan nur ungern; sie war überzeugt, daß Lügen und Liebe selten nebeneinander existieren können, und nie für längere Zeit. Aber sie war jahrelang auf sich allein gestellt gewesen, und ein Teil von ihr ängstigte sich noch immer vor seiner unerbittlichen Anteilnahme. Sie traute ihm,

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