In einer Person

Schwuler –
sondern ein alter Bi sexueller. Kapiert?«
    [672]  Ich war beeindruckt, dass die Footballspieler nickten. Na ja,
nicht der Große auf dem Speisesaalboden; der lag nur still da und muckste sich
nicht. Nur schade, dass Miss Frost und Trainer Hoyt nicht sehen konnten, wie
ich den Durchschlüpfer angebracht hatte. Ich will mich ja nicht loben, aber es
war ein ziemlich guter Durchschlüpfer – meine eine Aktion.

[673]  14
    Lehrer
    Das alles geschah vor drei Jahren, als Gee in die neunte
Klasse ging. Sie hätten Gee zu Beginn ihres letzten Schuljahres sehen sollen,
im Herbsttrimester 2010 – mit siebzehn sah das Mädchen einfach umwerfend aus.
Im letzten Schuljahr würde Gee achtzehn werden und planmäßig mit dem Jahrgang
2011 ihren Abschluss machen. Damit will ich nur sagen: Ihr hättet sie sehen
sollen, als sie im letzten Schuljahr war. Mrs. Hadley und Richard hatten recht:
Gee war tatsächlich etwas Besonderes.
    Im Herbsttrimester 2010 probten wir den, wie Richard es nannte,
»Herbst-Shakespeare«. Die Aufführung von Romeo und Julia sollte in die allerhektischste Zeit im Jahr fallen – in die paar Wochen
zwischen dem langen Thanksgiving-Wochenende und den Weihnachtsferien.
    Eine schreckliche Zeit, das kann ich Ihnen als Lehrer versichern:
Die Schüler sind mit ihren Gedanken leider bei ihren bevorstehenden Prüfungen
und Referaten – und außerdem ist dann schon Wintersportsaison. Vieles ist neu,
doch einiges ist noch wie früher: Alle sind erkältet und schnell gereizt.
    Der Theaterclub an der Favorite River Academy hatte Romeo und Julia zuletzt 25 Jahre zuvor, im Winter 1985,
aufgeführt. Ich weiß noch, wie Larry damals Richard [674]  vorschlug, einen Jungen
als Julia zu besetzen. (Larry glaubte, Shakespeare hätte die Idee gut gefallen!) Doch Richard hatte zurückgefragt: »Wo findet
man einen Jungen, der die Eier hat, Julia zu spielen?« Das hatte nicht einmal
Lawrence Upton beantworten können.
    Jetzt kannte ich einen Jungen, der die Eier hatte, Julia zu spielen.
Ich hatte Gee, und als Mädchen war Gee sozusagen eine
Idealbesetzung. Mit siebzehn hatte Gee auch noch Eier. Sie hatte mit den
gründlichen psychologischen Untersuchungen begonnen – den obligatorischen
Beratungen und Therapiesitzungen für junge Leute, die geschlechtsangleichende
Maßnahmen anstreben. Ich glaube nicht, dass man ihren Bart schon mittels
Elektrolyse entfernt hatte; vielleicht war Gee auch noch zu jung für die
Elektrolyse. Jedenfalls wurden Gee – mit Zustimmung ihrer Eltern und ihres
Arztes – weibliche Hormone injiziert; bliebe sie bei ihrer
Geschlechtsumwandlung, würde sie diese Hormone ihr Leben lang nehmen müssen.
(Ich zweifelte nicht daran, dass Gee [bald Georgia ]
Montgomery durchhalten würde.)
    Was hatte Elaine einmal über die Möglichkeit gesagt, dass Kittredge die Julia spielen solle? Es hätte nicht
funktioniert, wie wir beide fanden. »Julia ist vor allem eins: aufrichtig «, hatte Elaine gesagt.
    O Mann, was war meine Julia aufrichtig! Gee hatte immer Eier gehabt,
doch jetzt hatte sie Brüste – kleine, aber sehr hübsche –, und ihr Haar hatte
einen neuen Glanz bekommen. Herrje, was waren ihre Wimpern gewachsen! Gees Haut
war weicher geworden, und ihre Akne war komplett verschwunden; die Hüften waren
jetzt breiter, [675]  und doch hatte sie seit ihrem ersten Jahr auf der Highschool
abgenommen – ihre Hüften waren bereits die einer jungen Frau, wenn auch noch
nicht sehr kurvig.
    Was noch wichtiger ist: Die gesamte Favorite River Academy wusste,
wer (und was) Gee Montgomery war. Klar gab es noch ein paar Sportler, die nicht
völlig akzeptiert hatten, was für eine sexuell vielfältige Schule wir werden wollten. Einige Höhlenmenschen wird es immer geben.
    Larry wäre stolz auf mich gewesen, dachte ich. Mit einem Wort, Larry
wäre überrascht gewesen zu erleben, wie engagiert ich
jetzt war. Politischer Aktivismus wurde mir wahrhaftig nicht in die Wiege
gelegt, doch ich war zumindest ein wenig politisch
aktiv. Ich war zu dem einen oder anderen Campus in unserem Bundesstaat gereist.
Ich hatte mit den LGBT -Gruppen im Middlebury
College und an der Universität von Vermont gesprochen. Ich unterstützte das
Gesetz für gleichgeschlechtliche Ehen, das der Senat von Vermont verabschiedete – trotz des Vetos des republikanischen Gouverneurs, eines Höhlenmenschen.
    Larry hätte gelacht, wenn er erlebt hätte, dass ich die Schwulenehe
unterstützte, weil er wusste, was ich von der Ehe als
solcher