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In einer Person

In einer Person

Titel: In einer Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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hielt. »Der alte Mr. Monogamie«, hätte Larry gespottet. Aber die
jungen schwulen und bisexuellen Leute wollen die Schwulenehe, und ich
unterstütze sie.
    »Ich sehe den zukünftigen Helden in dir!«, hatte Grandpa Harry zu
mir gesagt. So weit wollte ich nicht gehen, hoffe aber, dass Miss Frost mit mir
einverstanden gewesen wäre. Ich beschützte jemanden –
ich hatte Gee beschützt. Ich war eine Person, die in Gees Leben etwas bewirkte.
Vielleicht hätte Miss Frost mich deswegen gemocht.
    [676]  So sah mein Leben mit 68 aus. Ich hatte eine halbe Stelle als
Englischlehrer an meiner alten Schule, der Favorite River Academy; außerdem
leitete ich dort den Theaterclub. Ich war Schriftsteller und sporadisch
politischer Aktivist – immer und überall auf der Seite von LGBT -Gruppen. Oh, Verzeihung; ich weiß, die Sprache
ändert sich ständig.
    Ein sehr junger Lehrer auf Favorite River erzählte mir, es sei nicht
mehr zeitgemäß (oder angebracht), LGBT zu sagen –
das heiße inzwischen LGBTQ .
    »Wofür steht denn das verdammte Q?«, fragte ich den Lehrer. » Querulanten vielleicht?«
    »Nein, Bill«, sagte der Lehrer. » Questioning oder queer, womit gemeint ist, dass du dir noch nicht sicher
bist und deine sexuelle Identität in Frage stellst.«
    »Oh!«
    »Ich weiß noch gut, wie du in der unsicheren Phase
warst und alles in Frage gestellt hast, Billy«, erzählte mir Martha Hadley. Na
ja, ich weiß es ja selbst noch. Ich habe kein Problem damit, LGBTQ zu sagen; in meinem Alter fällt es mir nur
schwer, das verdammte Q nicht zu vergessen!
    Mrs. Hadley wohnt jetzt in der Einrichtung für Betreutes Wohnen. Sie
ist neunzig, und Richard besucht sie täglich. Ich besuche Martha zweimal
wöchentlich – immer dann, wenn ich auch Onkel Bob besuche. Mit 93 geht es
Tennisarm-Bob erstaunlich gut – damit meine ich körperlich. Bobs Gedächtnis
lässt zwar etwas nach, doch das kommt in den besten Familien vor. Manchmal
vergisst Bob sogar, dass Gerry und ihre kalifornische Freundin – die in meinem
Alter ist – dieses Jahr in Vermont geheiratet haben.
    [677]  Die Hochzeit fand im Juni 2010 statt, und zwar in meinem Haus an
der River Street. Sowohl Mrs. Hadley als auch Onkel Bob waren da – Martha in
einem Rollstuhl. Schläger-Bob schob Mrs. Hadley herum.
    »Willst du wirklich nicht, dass ich den Rollstuhl schiebe, Bob?«,
fragten Richard, Elaine und ich immer wieder.
    »Wie kommst du darauf, dass ich ihn schiebe ?«,
gab Schläger-Bob zurück. »Ich stütze mich doch nur
drauf!«
    Egal, jedes Mal, wenn Onkel Bob mich nach Gerrys Hochzeitstermin
fragt, muss ich ihn daran erinnern, dass sie bereits verheiratet ist.
    Zumindest teilweise liegt es an Bobs Vergesslichkeit, dass ich fast
einen der kleinen Höhepunkte meines Lebens verpasst hätte – einen kleinen, aber
wirklich wichtigen Höhepunkt, wie ich finde.
    »Was willst du wegen Señor Bovary unternehmen, Billy?«, fragte mich
Onkel Bob, als ich ihn nach Gerrys Hochzeit in die Einrichtung für betreutes
Wohnen zurückfuhr.
    »Señor wer?«, fragte ich Tennisarm-Bob.
    »Scheiße, Billy – tut mir leid«, sagte Onkel Bob. »Mein Gedächtnis
lässt nach – kaum erfahre ich was über die ehemaligen Academy-Schüler, vergesse
ich es offenbar auch schon wieder!«
    Doch hierbei handelte es sich nicht unbedingt um eine Nachricht, die
zur Veröffentlichung im River Bulletin geeignet
gewesen wäre, sondern nur um eine Anfrage, die in der Rubrik »Hilferufe aus der
Abteilung ›Wo-seid-ihr-alle?‹« an Bob gerichtet wurde.
    [678]  Diese Nachricht bitte an den jungen
William weitergeben!,
    begann der sorgfältig mit Maschine geschriebene Brief.
    Sein Vater, William Francis Dean, würde
gern erfahren, wie es seinem Sohn geht – auch wenn die alte Primadonna persönlich
seinem Sohn nicht selbst schreiben und ihn einfach fragen will. Es gab nämlich
eine Aidsepidemie; da er immer noch Bücher schreibt, vermuten wir, dass der
junge William sie überlebt hat. Aber was macht seine Gesundheit? Wie wir hier
bei uns sagen – und wenn Sie so freundlich wären, den jungen William zu fragen:
Cómo està? Und richten Sie dem jungen William bitte aus, falls er uns sehen möchte,
ehe wir sterben, sollte er uns einen Besuch abstatten!
    Der saubergetippte Brief stammte von dem langjährigen Geliebten
meines Vaters – dem Klobrillenrutscher, dem Leser, dem Typ, der meinem Dad in
der U-Bahn wiederbegegnet und nicht an der nächsten
Station ausgestiegen war.
    Er hatte seinen Namen getippt,

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