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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Wohnung«, befahl sie.
    »Gut«, murmelte Cam im Aufstehen. »Gleich!«
    Kafka lief miauend zwischen Mias Beinen durch. Sie nahm ihn auf den Arm und wog ihn, als könnte er ihr als Waffe dienen. Mia drehte Cam den Rücken zu, und erst jetzt fiel ihm auf, wie sie angezogen war. Der kurze rote Rock ging ihr kaum über den Hintern, und ihre langen Beine steckten in knallroten Strumpfhosen. Ein gestreiftes Schürzenoberteil mit Puffärmeln und ein Hut, der wie eine Narrenkappe auf ihrem Kopf saß, machten die Uniform komplett. Bally hatte ihm erzählt, daß sie in einem Fast-food-Restaurant namens Jolly Chicken arbeitete, doch daran hatte er bis zu diesem Augenblick nicht gedacht.
    »Du riechst nach Fritten«, bemerkte er.
    Mia ging in Richtung Küche. »Berufsrisiko«, antwortete sie knapp.
    Er stützte sich auf die Theke, die den Kochbereich vom Rest des Apartments abtrennte. »Wieso bist du gegangen?«
    Mia sah ihn über ein Glas Wasser hinweg an. »Wieso hast du mich gefunden?« fragte sie.
    Cam lächelte. Sie war wütend und geradezu lächerlich auf Streit aus, sah obendrein idiotisch aus in ihrer Uniform, aber er konnte den Blick nicht von ihr wenden. Er spürte jeden Zentimeter des Raumes, den er in Anspruch nahm, und hatte das Gefühl, seit Wochen nicht mehr so komplett gewesen zu sein. »Beantworte meine Frage«, feilschte er, »dann beantworte ich deine.«
    Mia zog die schlabbrige rote Kappe von ihrem Kopf und schüttelte ihre Locken aus. »Das habe ich bereits«, knallte sie ihm hin. »Ich habe es dir geschrieben.« Als Cam nicht antwortete, seufzte sie. »Es liegt auf der Hand, daß ich nicht bleiben kann.«
    »Und ich kann dich nicht gehen lassen«, meinte Cam. »Damit steht es wohl unentschieden.«
    Mia holte eine Dose Katzenfutter aus der Küchenkammer. »Ich habe der Katze was gegeben«, meldete Cam. Er flüsterte sich den Satz noch einmal vor, weil es ihm gefiel, daß er eine so belanglose Information an Mia weitergegeben hatte. Wie wundervoll wäre es, wenn er sie fragen könnte, wo sein Gürtel lag, wieviel Geld noch auf dem Girokonto war, ob er auf dem Heimweg Milch kaufen sollte – schlichte, offene, eheliche Wortwechsel, die ihnen beiden versagt waren –, und dies schmerzte mehr als jede physische Einschränkung ihrer Beziehung.
    »Wie hast du mich gefunden?« insistierte Mia.
    Cam zog die Achseln hoch. »Ich habe jemanden beauftragt. Es ging nicht anders.«
    »Für mich gibt es kein Zurück.«
    Er setzte sich auf das Sofa. »Ist es wegen Allie? Ich …«
    »Sag es nicht einmal«, flüsterte Mia. »Tu's nicht.« Sie sank in den Kuhsessel ihm gegenüber und beugte sich vor, die Arme auf die Knie gestützt. »Du hast doch alles«, fuhr sie langsam fort, als würde sie einem kleinen Kind den Lauf der Welt erklären. »Eine Familie, einen tollen Job, Menschen, die zu dir aufsehen. Du hast ein Heim.« Sie lächelte leise. »Also geh!«
    Cam schüttelte den Kopf. »Nicht ohne dich.«
    Mia fuhr mit dem Finger einen der schwarzen Flecken auf dem Polster nach. »Du kannst mich nicht zwingen!«
    Einen Moment lang antwortete Cam nicht, sondern gab sich damit zufrieden, dem Spiel ihrer Hand auf dem Sessel zuzusehen, dem Sonnenuntergang, der eine Seite ihres Gesichtes und ihren einen Oberarm in einem verblassenden Muschelrosa zum Leuchten brachte. Dann rutschte er vom Sofa auf den Teppich und kniete wie ein Bittsteller vor ihr nieder. Er berührte die Hand, die auf dem Sessel Kreise zog, sein erster Kontakt mit ihr seit Wochen. Sie starrten auf ihre Finger, Cam, der den Moment nicht stören wollte, und Mia, die es nicht konnte, beide gelähmt von ihren jeweiligen Erinnerungen. »Du liebst mich«, beschwor Cam sie.
    Mia schaffte es, ihre Hand wegzuziehen. »Deshalb mußte ich fort«, sagte sie.
    Cam streckte einen Finger hoch, fuhr ihren Mund nach und hielt dabei mit einer Sicherheit und Vertrautheit an den Winkeln und an dem Grübchen in der Oberlippe inne, als hätte er sie mit eigenen Händen geformt. »Bitte tu mir keinen Gefallen«, flüsterte er. Dann drehte er sich um und verließ ihr Apartment. Hinter sich hörte er Kafkas Jaulen und das erstickte Stöhnen, mit dem Mias Widerstand brach.
    C. J. MacDonald, Teilzeitpolizeibeamter in Wheelock und Teilzeitlagerist in einem Schnapsladen, berichtete langsam und methodisch den Geschworenen, was er am Tatort des Mordes an Maggie MacDonald entdeckt hatte. »Fasern, die aus der Kleidung des Angeklagten stammen«, tat er kund, »und überall im Zimmer

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