Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
Fingerabdrücke vom Angeklagten und von seiner Frau.« Er hielt kurz inne und zählte die Finger seiner einen Hand ab, als wollte er feststellen, ob er etwas von dem ausgelassen hatte, das er sich so pflichtbewußt eingeprägt hatte. »Ich glaube, das war's«, schloß er.
    »Können Sie«, hakte Audra nach, »aus dem Zustand des Raumes entnehmen, wie der Mord begangen wurde?«
    C. J. runzelte die Stirn. Normalerweise wurde er in derlei Dingen nie um seine Meinung gefragt. Er sah zu der dünnen Frau in dem blauen Kostüm auf, die ihn an den widerwärtigen Terrier erinnerte, der unten an der Straße lebte. »Es gab keine große Unordnung«, gab er Auskunft. »Das Bett war gemacht; und die Koffer waren gepackt, als würden sie abreisen wollen.«
    Audra drehte sich um. »Als würden sie abreisen wollen? Eine Flucht vom Tatort?«
    C. J. zuckte mit den Achseln. »Möglich«, sagte er. »Aber da bin ich nicht sicher.«
    »Natürlich nicht«, bestätigte Audra. »Vielleicht können Sie uns erzählen, welches Szenario sich aus Ihrer eigenen Rekonstruktion ergab. Schließlich gehören Sie zu den Beamten, die den Tatort untersucht haben.«
    Widerstrebend – C. J. hatte schon in der Schule miserable Aufsätze geschrieben – begann er die Geschichte eines Mordes zu spinnen. Audra lehnte sich mit der Schulter an die Wand und schloß die Augen. Sie stellte sich Maggie MacDonalds erstarrtes Gesicht vor, kurz bevor ihr Mann das Kissen darauf preßte, in jenem Sekundenbruchteil der Unentschlossenheit, in dem sie sein Handgelenk und sein Gesicht zerkratzt hatte. Sie fragte sich, womit – und ob überhaupt – man Jamie MacDonald von seinem Entschluß hätte abhalten können.
    Cam stand am Ende der Küchentheke und schaufelte in atemberaubendem Tempo Cheerio-Flocken in sich hinein. Er schaute zu, wie sich Allie vorbeugte, um das nun saubere Besteck aus dem Geschirrspüler zu holen. Dann trat sie an die Besteckschublade und sortierte die Teile mit einem Klappern, das an seinen Nerven schabte, in die jeweiligen Fächer.
    »Du hast zuviel Spülmittel in die Maschine getan«, knurrte er. »So wird das Zeug nie sauber. Wir essen von einem Schmierfilm.«
    Allie nickte und kehrte zu dem Gerät zurück, um nun die Teller herauszuholen. Sie stellte sie einzeln in den Schrank, wobei es jedesmal ein langes, klirrendes Geräusch gab.
    Cam knallte seine Schüssel auf die Theke. Er wartete darauf, daß Allie sich umdrehte und ihn fragte, was, zum Teufel, eigentlich mit ihm los war – nicht daß er vorhatte, ihr mitzuteilen, daß inzwischen vier Tage seit seinem Besuch bei Mia vergangen waren und sie immer noch nicht nach Wheelock zurückgekehrt war. Er wollte, daß Allie ihn anfunkelte und ihn anwies, die gottverdammte Geschirrspülmaschine selbst auszuräumen. Sie sollte zur Weißglut auflaufen.
    Sie sollte ihn provozieren, damit er endlich eine Rechtfertigung für all den Zorn hatte, der in ihm tobte.
    Statt dessen lächelte Allie nur, so wie immer. »Tut mir leid«, sagte sie. »Hast du Kopfschmerzen?«
    Cam drehte sich weg. Wenn er zugab, daß ihm die Schläfen pochten, würde sie ihn wahrscheinlich auf das Sofa schleifen und ihn irgendein aus Unkraut gebrautes Gesöff trinken lassen. Sie würde ihn nicht in die Arbeit lassen, bis es ihm wieder besser ging. Bis sie alles in Ordnung gebracht hatte.
    Zur Zeit konnte Cam sich nicht ausstehen. Er beobachtete Allie, die in der Küche herumwirtschaftete und das Hausfertig machte‹, wie sie es nannte, bevor sie beide in ihre Arbeit verschwanden. An jeder ihrer Bewegungen fand er etwas auszusetzen, angefangen damit, wie sie den Wasserhahn zudrehte, bis zu der Art und Weise, wie sie die Milch im Kühlschrank unterbrachte. Natürlich war nicht Allie oder ihre Alltagsroutine das Problem – eine Alltagsroutine, an die er sich im Lauf der Zeit gewöhnt hatte, denn schließlich war er der Hauptnutznießer ihrer Fürsorge und Pingeligkeit. Nein, sie sollte einfach jemand anders sein.
    Allie trat hinter ihn, schlang einen Arm um seine Taille und legte die Wange an seinen Rücken. »Du hast ganz bestimmt nichts?« fragte sie leise und ruhig, wie um ihn zu beschwichtigen. Aus irgendeinem Grund machte ihn das fast rasend.
    Es tut mir leid, wollte er sagen. Ich will dich nicht so behandeln. Doch die Worte drangen nicht über seine Lippen, und auch das erbitterte ihn. Er entzog sich ihrem Griff. »Kannst du mich nicht ein einziges Mal in Ruhe lassen?«
    Allie zuckte kurz zusammen, was er nicht sehen sollte,

Weitere Kostenlose Bücher