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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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gegangen sin«, sagte Angus leise. »Was immer zähln wird, is, daß sie so gegangn sin, wie sie's sich gewünscht ham.«
    »Bei diesem Fall«, sagte Audra und nagelte alle dreiundzwanzig Geschworenen mit ihrem Blick fest, »haben wir es mit einem Mord zu tun. Vorsätzlicher Mord wird vom Gesetz definiert als Mord mit bösartigen Absichten. Wenn Sie den Angeklagten für schuldig befinden, müssen drei verschiedene Bedingungen zutreffen: Die Tat muß mit Vorsatz, Überlegung und freiem Willen ausgeführt worden sein. Vorsatz bedeutet, daß er die Absicht gefaßt hat, sein Opfer zu töten. Überlegung bedeutet, daß er das Für und Wider seines Planes abgewogen hat – selbst wenn dieser Vorgang nur wenige Sekunden Dauer aufwies. Und freier Wille bedeutet, daß er ganz bewußt ausführte, was er sich vorgenommen hatte.
    Wie Sie wissen, ist Maggie MacDonald tatsächlich tot. Wir haben einen Zeugen, der gehört hat, wie der Angeklagte gestand, seine Frau getötet zu haben. Es liegt eine vom Angeklagten unterzeichnete Aussage vor, die belegt, daß er eigens von seiner Heimatstadt in einen anderen Ort gefahren ist, um den Mord zu begehen. Der Beamte, der den Tatort untersucht hat, wird aussagen, daß er unwiderlegbare Beweise gefunden hat, die den Angeklagten mit dem Tatort in Verbindung bringen. Und Sie werden die Aussage des Mediziners hören, der die Autopsie an der Verstorbenen vorgenommen hat.« Sie stand von ihrem steifen Plastikstuhl auf, breitbeinig, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Ich werde die Zeugen nacheinander hereinrufen und befragen. Danach stehe ich zu Ihrer Verfügung, falls es noch irgendwelche Punkte gibt, die Sie gern geklärt hätten.«
    Audra öffnete die Tür und deutete durch den Gang auf Hugo Huntley, der sein Kreuzworträtsel zusammenfaltete, es in die Tasche schob und sich widerstrebend auf den Weg machte – so, als würde er langsam und unausweichlich in ihr Netz gezogen.
    Der Sprecher der Geschworenen vereidigte Hugo. Sein Haar war asymmetrisch über das linke Ohr zurückgekämmt, wie um eine kahle Stelle zu verdecken. Die krumme, klobige Nase erinnerte Audra an einen Pelikan. »Würden Sie bitte Ihren Namen und Ihre Adresse nennen?«
    »Hugo Huntley«, antwortete er. »Vierzehn-fünfzig Bracmar Way, Wheelock, Massachusetts.«
    »Und was ist Ihr Beruf, Mr. Huntley? «
    Hugo fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich bin der Besitzer von Huntley's Beerdigungsinstitut in Wheelock. Außerdem diene ich der örtlichen Polizei als Leichenbeschauer.«
    Audra nickte. »Könnten Sie diesen Damen und Herren beschreiben, was Sie am Nachmittag des neunzehnten September gesehen haben?«
    »Ich war gerade bei der Arbeit, als Zandy Monroe – ein Sergeant auf unserer Polizeistation – mich bat, mit ihm eine Leiche abzuholen. Also gingen wir über die Straße, und er zeigte mir diese Frau auf dem Beifahrersitz eines Pickups, die auf den ersten Blick seit einigen Stunden tot sein mußte. Wir nahmen …«
    »Wir?« unterbrach ihn Audra.
    »Wir heißt ich, Zandy und Allie MacDonald – die Frau des Polizeichefs, die zufällig gleichzeitig mit Zandy dort war. Wir brachten Maggies Leichnam in mein Institut, und ich kümmerte mich darum, so wie ich es bei allen Beerdigungen in Wheelock tue.«
    »Aber das war keine gewöhnliche Beerdigung«, hakte Audra nach.
    Hugo blinzelte. »Es war eine schöne Beerdigung. Mit Blumen und allem Drum und Dran.«
    Audra biß die Zähne zusammen. »Ich meinte die Verstorbene. Können Sie die Todesursache beschreiben?«
    »Sauerstoffmangel«, antwortete er knapp. »Wahrscheinlich durch Ersticken, da es keine Spuren am Hals gab, die auf einen Tod durch Erwürgen oder irgendeinen Kampf hingedeutet hätten.« Er hielt inne, nahm die Brille ab und wischte sie am Sakkoaufschlag sauber.
    »Haben Sie sonst noch etwas gefunden?«
    Hugo dachte einen Augenblick nach. »Verschiedene Hinweise auf eine Chemotherapie und auf Strahlenbehandlungen, außerdem eine Narbe von einer Brustamputation auf der rechten Seite.«
    Audra blieb wie angewurzelt stehen und suchte die Gesichter der Geschworenen ab, ob sich irgendwo so etwas wie Verwirrung oder ein Anflug von Mitleid zeigte. »Ich meinte, irgend etwas Ungewöhnliches …«
    Mr. Huntley sah ihr in die Augen. »Was wollen Sie eigentlich von mir hören?«
    »Haben Sie unter den Fingernägeln der Toten Hautpartikel des Angeklagten gefunden?«
    Hugo nickte.
    »Bitte antworten Sie mir«, drängte Audra.
    »Ja«, nickte er

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