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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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daß ihm der Betrug nach ein paar Wochen zur zweiten Natur geworden war und er sich gar kein anderes Leben mehr vorstellen konnte.
    Allie fing an, die Stechpalmen zu sortieren, die Mia auf den Boden hatte fallen lassen. Sie machte zwei Haufen, einen mit grünen Zweigen, den anderen mit grünen Zweigen und Beeren. »Kränze«, seufzte sie, »ich winde den ganzen Tag nichts als Kränze.«
    Sie blickte zu Cam auf. Graham hatte sie vor ein paar Tagen angerufen und sie nochmals um ihre Hilfe gebeten; doch diesmal war die Aufgabe nicht so einfach wie damals, als Details aus Jamies Leben sie in Cummington zusammengebracht hatten. Er setzte ihr auseinander, daß er mögliche Zeugen befragte – sie allerdings nicht –, da sie weder über den Vorfall noch über Jamies Charakter davor direkt Bescheid wußte. Dafür, hatte er gesagt, kenne sie Cam besser als jeder andere. Und wenn sie Graham in den Tagen vor der Verhandlung Anhaltspunkte dafür geben könne, was Cam Jamie gegenüber empfand, dann würde sie ihm die Verteidigung wesentlich erleichtern.
    »Sie wollen, daß ich ihn ausspioniere!« Sie hatte ihn durchschaut.
    Graham räusperte sich. »Nein« widersprach er. »Ich bitte Sie nur darum, sich unauffällig einzuklinken.«
    Er sagte ihr nicht, wieso es so wichtig war, daß sie Cam mit einem Sperrfeuer von Bemerkungen über Jamie belegte; aber Graham brauchte die Antworten auf seinen Fragenkatalog für die Verhandlung. Allie war natürlich nicht auf den Kopf gefallen; sie nahm an, daß es etwas mit Cams schlechtem Gewissen zu tun hatte. Und es dürfte bestimmt nicht allzu schwierig sein, Jamie in ihre Gespräche beim Essen einzuflechten.
    Sie nahm einen Stechpalmenzweig, einen mit drei Beeren, und steckte ihn durch das Knopfloch in Cams Brusttasche. »So«, sagte sie, »sehr schneidig.«
    Cam warf einen Blick darauf. »Ich muß los.«
    »Oh«, sagte sie und tippte sich mit dem Finger auf die Lippen. »Jetzt weiß ich wieder, was ich dich fragen sollte. Jamie wollte wissen, ob du so ein Werkzeug mit verstellbaren Ratschen hast.«
    »Das wollte Jamie wissen?« Er runzelte die Stirn. »Ist bei Angus irgendwas kaputtgegangen?«
    Allie schüttelte den Kopf. »Nicht daß ich wüßte. Ich glaube, er ist einfach auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken.« Sie widmete sich der Aufgabe, die untersten Blätter von den Stechpalmenzweigen zu beseitigen. »Er wollte dir unbedingt etwas besorgen, das du brauchst. «
    »Ich brauche nichts von ihm und will nichts von ihm.« Cam zupfte das Zweiglein aus seinem Knopfloch und zwirbelte es zwischen den Fingern.
    »Drückeberger«, schalt Allie. »Immerhin ist er dein Cousin. «
    Er setzte sich die Mütze auf und zog den Schirm tief über die Augen. »Ich weiß nicht, ob ich nachher heimkomme«, wechselte er schnell das Thema. Aus dem Augenwinkel sah er Mia draußen vor dem Laden mit ein paar langen Trauerweidengerten kämpfen, die sie in einen ordentlichen Kreis zu winden versuchte. »Heute ist Donnerstag«, führte er als Erklärung an.
    Allie nickte und blickte auf den Efeu zu ihren Füßen. Sie begann, ihn aufzusammeln. »Wahrscheinlich bin ich selbst bis weit über Mitternacht hier«, meinte sie. »Du hast ja keine Ahnung, wie viele Bestellungen schon für nächste Woche vorliegen.«
    Die Vorweihnachtswoche stellte normalerweise kein Problem dar; doch Allie würde mit Graham ein paar Tage nach Cummington reisen, um mit den Zeugen zu sprechen, die sie für Jamie ausfindig gemacht hatte. Und das bedeutete, daß Mia ganz alleine fünfzig verschiedene Kränze, Tischgestecke und Festkörbe zu fertigen hätte. Aber sie würde auch ganz alleine hier sein.
    Sichtlich erleichtert legte Cam die Hand auf den Türknauf. Mia war immer noch draußen; er sah ihren Atem in der kalten Luft dampfen. Er wandte sich wieder seiner Frau zu. »Besorg du bitte auch irgendwas für Jamie«, gab er sich geschlagen. »Ich meine, ich will nicht mit leeren Händen dastehen.
    Er hatte ihr bereits den Rücken zugedreht, darum sah er Allies glückliches Lächeln nicht. »Ich kümmere mich schon darum«, versicherte sie. »Mach dir keine Gedanken!«
    Hugo Huntley führte Graham in eine Kammer voller Särge. »Verzeihen Sie«, erklärte er zum fünften Mal, »aber wenn wir eine Totenwache haben, wird bei uns der Platz knapp.«
    Graham hätte das Gespräch mit dem Bestatter/Leichenbeschauer sofort verschoben, wäre er informiert gewesen, daß Gerade eine Totenwache stattfand. Allerdings hatte Hugo, der in Arbeit erstickte,

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