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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Menge zu essen mitbringt.«
    Darüber hatte Jamie lachen müssen. »Cam ist genauso groß. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß er Lust hat, mit mir ein Faß aufzumachen, nachdem er die ganze Nacht lang Betrunkene einsperren mußte.«
    Also feierte Allie allein. Um elf Uhr hatte sie eine Flasche Glenfiddich Malt hervorgeholt, den sie sonst nie trank, und sich einen Schluck genehmigt. Bis halb zwölf waren dem zwei weitere gefolgt. Um Mitternacht fühlte sie sich energiegeladen und in festlicher Stimmung, ihr Magen glühte angenehm, und sie hatte Kraft, die Welt zu erobern. Sie sah sich eine Weile Dick Clark im Fernsehen an und ging dann nach oben. An Hogmanay kam Cam gewöhnlich gegen zwei Uhr früh heim. Sie konnte duschen, das Bett frisch überziehen und dann hoffen, daß er nicht allzu erschöpft wäre, wenn er nach Hause kam.
    Kurz nach eins stand alles bereit. Das Schlafzimmer sah bezaubernd aus; von Kerzen erhellt, die von Weihnachten übriggeblieben waren, und erfüllt vom Duft des Rosenwassers, das sie beim Kochen der Bettwäsche mit in die Maschine schüttete. Sie trug immer noch ihren. karierten Pyjama und die riesigen, elefantenförmigen Pantoffeln, aber ihr blieb reichlich Zeit zum Umziehen. Seufzend sah sie sich um und suchte nach einer Beschäftigung.
    Eigentlich hatte sie keine Lust, Cams Schubladen aufzuräumen, aber sie war in Geberlaune. Es hatte sie immer fasziniert, daß jemand, der tagsüber in einer Polizeiuniform so makellos und glattgebügelt dastand, seine sonstigen Klamotten derart vernachlässigen konnte. Allie hatte ihn einst damit geneckt, daß er nur zur Polizei gegangen sei, weil es ihm nicht gelänge, sein normales Outfit in Ordnung zu halten. Worauf Cam geantwortet hatte, daß Ellen ihm in seiner Jugend die Unterwäsche gebügelt habe und daß dies vielleicht seine heimliche Rebellion war.
    Allie öffnete seine Hemdenschublade und ließ den Regenbogen an Farben durch ihre Finger gleiten. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß Ellen Boxershorts bügelte, ja, überhaupt bügelte. Das widersprach inzwischen ihren Prinzipien – sie meinte, das Bügeln raube der Persönlichkeit eines Stoffes jegliche Eigenart. Sie hatte Allie sogar wegen der Bonsais in ihrem Laden getadelt. Wie konnte sie es vor sich rechtfertigen, etwas mit Kupferdraht festzuzurren, das dazu bestimmt war, wild und frei zu wachsen?
    Gedankenverloren begann Allie, Cams T-Shirts nach Farben zu sortieren. Sie wußte, daß nach einem Tag alles wieder durcheinander wäre; aber sie hatte nichts Besseres zu tun, und wenn sie sich hinlegte und die Augen auch nur einen Augenblick zumachte, wäre sie mit all dem Whiskey in den Adern augenblicklich weggetreten. Die roten nach oben, die blauen nach unten, weiße und bedruckte auf einen eigenen Stapel.
    Sie zog Cams Wäscheschublade auf und begann, die Socken nach Paaren zu ordnen. » Süüüße «, säuselte sie, während sie eine lange graue Socke aus dem Wirrwarr zog, »ich hab' genau den Richtigen für dich!« Eifrig durchwühlte sie das Tohuwabohu nach dem passenden Partner, rollte beide zu einem Ball zusammen und legte sie ganz nach hinten. So machte sie weiter, bis alle Socken in Reih und Glied lagen. »Wie in der Arche Noah«, murmelte sie, dann hörte sie Cam die Treppe hochkommen.
    Sie drehte sich zu ihm um, mit glühenden Augen und brennenden Wangen. »Na sieh mal an«, sagte sie. »Rothaarige Neujahrsbesucher bringen angeblich Unglück!« Sie machte einen unsicheren Schritt auf ihn zu und zupfte an seinem Hemd.
    Cam roch den Whiskey; er hatte ihn schon unten gerochen. Und hier überdeckte er mit Leichtigkeit den frischen Blumenduft aus dem aufgeschlagenen Bett. »Mein lieber Mann«, sagte er und grinste derart, daß sich ein Grübchen in seiner Wange bildete. »Allie MacDonald, du bist blau!«
    »Gar nicht wahr«, wehrte sich Allie entrüstet. »Bloß du bist einfach zu nüchtern.«
    »Stocknüchtern«, bestätigte Cam lachend. »Genau so habe ich mir das Heimkommen vorgestellt.«
    Er setzte sich aufs Bett, streifte die Stiefel ab und entdeckte die säuberlich aufgereihten Socken in der Schublade. »Hoffentlich hast du das nicht meinetwegen gemacht«, sagte er. »Das ist doch zwecklos.«
    Allie zog die Achseln hoch. »Mir war langweilig.« Sie wackelte einen Schritt auf ihn zu, wobei sie verführerisch die Hüften schwenkte und dadurch fast ins Straucheln geraten wäre. »Ich habe auf dich gewartet.«
    Cam lächelte. »Gedulde dich noch ein bißchen, ich muß erst

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