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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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duschen.«
    »Schon okay«, meinte Allie. »Ich nehme mir einfach die nächste Schublade vor.« Sie drehte sich wieder zur Kommode um und zog Cams Boxershorts heraus. Es gab ein paar weiße, doch die meisten waren mit tropischen Fischen, Elchen oder Straßenschildern bedruckt – Allie stopfte ihm jedes Jahr eine neue Unterhose in den Weihnachtsstrumpf. Sie hob die oberste Hose hoch – die mit den Lippenstiftküssen –, und etwas purzelte zu Boden.
    Es war ein T-Shirt, das um einen BH und einen Slip gerollt war, wie Allie sie nie tragen würde. »Sieh dir das an«, sagte sie und hielt beides gegen das Licht.
    Cam hatte sich gerade das Hemd über den Kopf gezogen. Auf Allies Bemerkung hin drehte er sich um und sah in ihrer Hand Mias Überbleibsel jenes bedauerlichen Wochenendes vor Weihnachten – die Wäsche, die er, wie ein Idiot, vergessen hatte ihr zurückzugeben.
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Boxhieb in den Bauch, ließ ihn mit abrupt angehaltenem Atem aufs Bett sinken. Noch nicht, noch nicht, noch nicht, dachte er. Ich will sie nicht gehen lassen. Großzügig überging er dabei die Frage, welche Frau er eigentlich meinte.
    Allie hielt das T-Shirt vor sich hoch und bemerkte den kleinen Aufnäher im Nacken. »Mias«, stellte sie ungerührt fest, »das hätte ich mir denken können.«
    Sie faltete das T-Shirt zusammen und legte es neben Cam aufs Bett. »Mein Gott, war das die ganze Zeit bei uns? Sie muß es vor Monaten vergessen haben, als sie damals bei uns übernachtet hat.«
    Cam spürte, wie sich sein Mund hölzern um Worte herum arbeitete, denen jede Kante fehlte. »Vielleicht hast du die Sachen mitgewaschen«, würgte er heraus, »und hast sie aus Versehen in meine Schublade geräumt.«
    Allie nickte. »Wahrscheinlich war ich mit den Gedanken irgendwo unterwegs. Beim Wäschewaschen schalte ich meinen Kopf auf Automatik. Wenn es weich ist, müssen es Boxershorts sein.«
    Cam stopfte Hemd und Höschen unter das Bett, wo er nicht länger darüber nachzudenken brauchte. Noch nie hatte er Allie so geliebt wie in diesem unglaublichen, arglosen Augenblick; das Gefühl überschwemmte ihn, gepaart mit einer Woge heißer Erleichterung, bis er so voll und schwer wurde, daß er sich kaum mehr bewegen konnte.
    Er sah seine Frau an, die hinter vorgehaltener Hand hickste und deren sich aus dem Zopf lösendes Haar über ihren karierten Pyjamarücken fiel. Die Zähne in die Unterlippe bohrend, faltete sie seine Unterwäsche weiter; in einem überschwenglichen Schwall purzelte Geplauder aus ihrem Mund.
    Die Unschuld stand ihr so gut.

 
     
    Das Haar fiel dir wild ins Gesicht, und du hattest die Daumen mit der leeren Eichel darin vor deinen Lippen aufeinandergepreßt. »Genau so «, sagtest du, aber du mußtest zu sehr lachen, konntest mir nicht genau zeigen, wie du mit deinen Daumen diese kleinen Kuppen über der hölzernen Hülle formtest und dann, durch die Knöchel blasend, dieses unheimliche Heulen erzeugtest.
    Du trugst diese flachen schwarzen Schuhe, wie eine Ballerina, aber trotzdem machte es dir nichts aus, durch den Wald zu wandern. Ich sehe noch, wie das nasse Laub sich klettenartig an deine Knöchel heftete, und ich bin ziemlich sicher, daß eine Ranke dir den Rock zerriß und ein münzgroßes Loch zurückließ.
    Ich war hoffnungslos unbegabt, was das Pfeifen auf einer Eichel anging; doch du hast nicht lockergelassen, sondern drücktest deine Hände auf meine und befahlst mir, eine neue verdammte Eichel zu suchen, nachdem meine ungeschickten Daumen die erste zerquetscht hatten.
    Du weißt doch, daß man manche Menschen an bestimmten Tagen ganz besonders liebt? Es war nicht das Leuchten, das die Sonne über deine Locken breitete, auch nicht das Gefühl deiner Hände über meinen, die sich abmühten, meine Finger in eine bestimmte Haltung zu biegen.
    Ich liebte dich, weil du wenigstens an diesem Tag einfach nicht aufgeben wolltest.

15
     
    Allie und Cam feierten den Valentinstag am 14.  Januar, weil der Laden sie im folgenden Monat zu sehr auf Trab hielt, als daß sie den Tag dann hätten genießen können. Inzwischen pflegten sie diese Tradition schon seit langem. Jedes Jahr wachte Allie am Morgen auf und zog eine Karte und ein Geschenk für Cam aus ihrem Nachttisch; Cam starrte sie dann an und klappte den Mund auf und zu wie ein Fisch auf dem Trockenen, weil er es schon wieder vergessen hatte.
    Nicht daß sie außergewöhnliche Überraschungen parat hatte – normalerweise ging sie in ein Anglergeschäft

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