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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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über den Arm, eine rutschige Kaskade aus Fischgrät, dezenten Karos und dunkler Wolle. »Such du einen aus«, sagte er und drängte an ihr vorbei nach draußen in die klare Kälte. »Mir ist es gleich.«
    Die Zeit war viel zu kurz. Am folgenden Nachmittag würden sie nach Shelburne Falls zurückfahren zu Mias Wagen, und dann wäre Cam bald wieder bei Allie, während Mia in ihrem Wheelock Inn verschwand. Einen Tag Eislaufen, ein Morgen, an dem er Mia in seinen Armen halten konnte – und schon mußten sie in den Alltag zurückkehren, als hätte dieses Wochenende gar nicht stattgefunden.
    Während im Bad das Wasser lief, entfachte Cam im Kamin ihres Zimmers ein Feuer. Er schaltete das Licht aus, so daß das Himmelbett in rotes, rauchiges Glühen eintauchte, und zog sich das Handtuch von den Hüften.
    Mia kam aus dem Bad, tropfnaß und mit einem zum Turban geschlungenen Handtuch auf dem Kopf. »Geht's dir besser? fragte er.
    Sie trat ans Feuer und kauerte sich davor nieder. »Wärmer ist mir.« Cam schob seine Hände unter ihre Schenkel und zog sie zu sich her. Er löste das Handtuch und massierte sie vom Hintern bis zu den Waden. »Viel wärmer«, sagte sie lächelnd.
    Vor dem Kamin kniete er nieder, ohne sich um die Steine zu kümmern, die in seine Knie schnitten, und küßte Mias Leib von oben bis unten, immer entlang der tänzelnden Linien, die das knisternde Feuer auf sie warf. Er spürte die Hitze in seinem Rücken und die Hitze, die sich zwischen seinen Beinen sammelte, als er seinen Mund über ihrem Busen schloß. Mia keuchte, und der Laut war eine Symphonie in seinen Ohren.
    Als sie schließlich auf dem dicken Fransenteppich vor dem Kamin rittlings über ihm saß, sah er sie lange an. Ihr Haar schimmerte karmesinrot, ihr Kopf lag im Nacken, so daß er statt ihrer Miene nur Schatten sah.
    Cam zwang sich, die Augen zu schließen. Mia hatte ihn Lauschen gelehrt. Und so hörte er über dem Puls des Winters aus der Musikerkolonie eine Meile entfernt den Schrei eines Saxophons im Liebesspiel mit einer Flöte. Das leise Schnarchen von Mias Katze durchdrang den Raum. Die Schneeflocken klatschten ans Fenster. Und als er hinterher in Mias Armen einschlief, träumte er, dies sei die letzte Nacht der Welt.
    Mia wachte erst gegen Mittag auf und ließ sich ganz langsam wieder von der Wirklichkeit einfangen. Sie begann über eine Idee nachzudenken, die sie Allie vorschlagen wollte. Ein Club für die ›Blume des Monats‹, so wie die ›Frucht-des-Monats‹- Organisationen, die von Florida aus arbeiteten, nur daß man statt Orangen und Persimonen Duftzweige und Mandelblüten bekäme …
    »Ich habe es mir überlegt«, sagte Cam, eine körperlose Stimme auf der wärmeren Seite des Bettes. »Vielleicht müssen wir überhaupt nicht zurück.«
    Mia drehte sich zu ihm um und lächelte. »Heute ist Sonntag«, sagte sie, »und am Nachmittag verwandelt sich die goldene Kutsche wieder in einen Kürbis.«
    Er streckte die Hand nach ihr aus. Cam fühlte sich so von Mia ausgefüllt, als würde er gleich platzen, und er konnte sich nicht vorstellen, jemals in sein voriges Halbleben zurückzukehren. »Ich meine es ernst«, sagte er. »Du würdest doch mitkommen, oder?«
    Mia merkte, wie der Atem sich in ihr beschleunigte. Das war ihr vertraut, das war ihr gemeinsames Spiel. »In die Türkei. Nach Grönland. Wohin du willst«, träumte sie laut.
    Cam schüttelte den Kopf. »Ich meine, ich werde Allie …«, Mias Hand schoß vor, um ihm den Mund zuzuhalten, doch das Wort war bereits ausgesprochen und verfing sich obszön in ihren Fingern, »verlassen«.
    Mia setzte sich auf und zog dabei die Decke mit, so daß Cam nackt, schlaff und bloßgestellt vor ihr lag. »Sag es nicht«, flüsterte sie.
    Er drehte sich zu ihr um und legte eine Hand auf ihr Bein. »Willst du denn irgendwas anderes?«
    Dich , dachte sie, so wie du bist. Das Leben, das du hast. Sie sah Cam an ihrer Seite in einem Mietwagen sitzen, Kafka während der langen Fahrten auf seinem Schoß. Sie plazierte ihn als Tagelöhner auf eine der riesigen Farmen im Süden oder in die Lieferwagenzentren der Stadt, um irgendwie über die Runden zu kommen. Wenn sie sich ihn ohne Namen vorstellte, ohne Position, ohne Familie – sah sie sich selbst.
    Falls Cam seine Reisetasche packte, um nach Wheelock heimzufahren und die Scheidung einzureichen, wäre er nicht mehr der Mann, in den sie sich verliebt hatte. Dann gingen die Menschen auf der Straße grußlos an ihm vorbei; dann schlief er mit

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