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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Sie hatte eine Zeitlang die gleichen genommen.
    Mia holte die muschelförmige Schachtel heraus und fuhr mit dem Finger über den Deckel. Sie ließ ihn aufklappen und zählte nach, wie viele Pillen fehlten.
    Ihr kam der Gedanke, daß sie nur ein paar davon mit dem Daumen herausdrücken und in die Toilette zu spülen brauchte, um möglicherweise Camerons und Allie MacDonalds ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Hastig klappte sie den Deckel wieder zu und legte die Schachtel zurück an Ort und Stelle. Das Gefühl von Macht ließ sie erbeben.
    Sobald Cam sein leeres Glas abstellte, schenkte Allie ihm nach. »Es ist vorsätzlicher Mord«, sagte er, als könne er es selbst nicht glauben. »Er hat gewußt, daß er es tun würde; ist extra in einen gottverdammten fernen Ort gefahren, um die Sache auszuführen; und sein Mordgeständnis liegt bereits vor.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was Jamie sich von mir erhofft«, sagte er. »Ganz eindeutig war die Tat geplant.«
    »Viele Leute werden das anders sehen«, meinte Allie freundlich.
    Cam stand auf und schlang die Arme um sie. Sie paßte genau unter sein Kinn. »Schade, daß du nur die Frau eines Clanchefs bist. Du wärst die perfekte Politikergattin.«
    »Hör mal«, sagte Allie langsam, als wäre ihr der Gedanke eben erst gekommen. »Ich habe Blumen für die Beerdigung vorbereitet. Grabgestecke und so weiter. Also, eigentlich hat Mia sie gemacht.«
    Ihr Gatte nickte. »Du bist die Floristin im Ort. Niemand wird annehmen, daß du damit etwas aussagen willst.«
    Allie löste sich von ihm und öffnete den Kühlschrank, als suchte sie etwas darin. »Aber wenn doch?«
    »Was, wenn doch?«
    »Wenn ich etwas damit aussagen wollte?«
    Cam ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. »Allie«, hub er langsam wie zu einem Kind an, »selbst wenn du jemanden umbringen würdest, müßte ich dich einsperren.« Er raufte sich sein dichtes Haar, so daß es ihm ins Gesicht fiel. »Trotz allem bin ich Polizeibeamter.«
    Allie nickte und malte sich dabei aus, wie Cam sie eigenhändig in die kleine, dunkle Betonzelle im Ortszentrum sperrte. »Ja«, gab sie zu. »Aber du wärst auch immer noch mein Mann.«
    Das war zuviel für Cam. Er schoß hoch, daß der Stuhl hinter ihm umkippte. »Ich bin nicht heimgekommen, um mir so was anzuhören«, grollte er. »Von dir brauche ich mich nicht aufklären zu lassen.«
    Etwas in Allie klickte. Sie ließ das Geschirrhandtuch fallen, machte den Kühlschrank zu und stellte sich vor Cam, mitten hinein in seinen Ärger und seine Wut, um ihn zu umarmen. »Nein«, murmelte sie. »Natürlich nicht.«
    Cam ließ sich von Allie zu seinem Stuhl zurückführen und sich auf seinen Platz drücken. Er ballte die Fäuste, schloß die Augen und wünschte sich, er wäre irgendwo, nur nicht in Wheelock, Massachusetts. Mechanisch begann er im Geist seine Lieblingsorte herbeizuzaubern. Er sah, wie irgendwo in Thailand ein weißer Elefant mit einem Wassereimer bespritzt wurde, bis er dämmriggrau wirkte; wie vor neunhundert Verkaufsständen in den Souks von Kairo die Läden aufgeklappt wurden; die rosa Kathedralen von Mexico City.
    Etwas wischte an seinem Bein vorbei, und er machte einen Satz.
    »Verzeihung«, sagte eine Stimme, und Cam schlug die Augen auf, um die Frau vor sich zu sehen, die am Abend zuvor auf der Couch geschlafen hatte.
    »Ach, Mia!« Allie drehte sich mit einem Lächeln um. »War noch genug warmes Wasser da?«
    Mia nickte. Sie starrte Cam an, sah ihn so, wie er ausgesehen hatte, als er ins Wohnzimmer getreten und sich mit der Geschmeidigkeit einer Bergkatze nach oben gereckt hatte. Sie reichte ihm ihre Hand. »Hi«, grüßte sie. »Ich glaube nicht, daß wir uns schon wirklich kennen.«
    Allie trat hinter Cam und legte den Arm um seine Taille. »Stimmt. Gestern wurden wir abgelenkt. Cam, das ist Mia Townsend, meine neue Mitarbeiterin. Mia, das ist …«
    »Der Chief der Polizei von Wheelock«, fiel ihr Mia ins Wort, und ein Lächeln leuchtete in ihren Augen auf. Kräftig packte sie Cams Rechte.
    »Mitarbeiterin?« wiederholte Cam. Er redete mit Allie, doch sein Blick blieb fest auf Mia gerichtet, auch nachdem sie ihm ihre Hand entzogen und sich über die Schüssel mit Cornflakes gebeugt hatte, die Allies Mütterlichkeit zufolge bereitstand.
    »Also«, meinte Allie, »sie hat einfach was. Warte nur, bis du ihre Arbeiten gesehen hast.«
    Sie hat einfach was. Cam schluckte und faßte nach Allies Hand auf seiner Schulter. Sie war warm und klein

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