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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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kramte in ihrer Reisetasche, warf Papiere und Stifte und kleine Sämereientüten durch die Luft, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte.
    Lieber Cameron, schrieb sie auf einen Zettel, der auf dem Tisch lag, lieber spät als nie. Mia. Sie adressierte den dazugehörigen Umschlag an die Polizeistation und versah ihn mit dem Vermerk ›Persönlich und vertraulich‹. Dann nahm sie die Serviette, die sie aus ihrer Reisetasche gefischt hatte. Sie stammte aus der Hand des Teufels; eines ihrer Souvenirs – sie hatte es sich zur Regel gemacht, von jedem Ort, an dem sie gewesen war, etwas mitzunehmen, um sich wenigstens mit dem Anschein eines eigenen Lebenslaufs auszustatten.
    Sie schob den Bogen in den Umschlag und warf einen letzten Blick auf die Serviette. Sie war an den Rändern ausgefranst und mit dem Logo des Cafés bedruckt: zwei gesichtslosen Liebenden in einem Feuerkreis, der – selbst als Silhouette – zu züngeln, zu brennen und alles zu verschlingen schien.
    Mia atmete tief ein und stopfte die Serviette in den Umschlag. Dann leckte sie über die Klebefläche, schloß den Brief und besiegelte damit ihre Zukunft.

 
     
    Lach nicht: am meisten vermisse ich die Gespräche mit dir Ich male mir aus, wie ich dir im Marktgetümmel über den Weg laufe, obwohl ich nie auf den Markt gehe. Wir beschließen, gemeinsam zu Mittag zu essen, und kommen bei ein paar Margaritas ins Plaudern; dann gehen wir zurück zu deinem Hotel und reden weiter, und wir reden in der Hotellobby und reden und reden, bis der Mond hoch am Himmel steht, die Pagen ihre Schicht wechseln und der Nachtportier uns rausschmeißt.
    Ich will mit dir reden, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, was wir uns sagen könnten.

7
     
    Zwischen der Rechnung der Elektrizitätswerke und einer Wurfsendung der ortsansässigen Autowerkstatt, die alle Streifenwagen betreute, lag ein Umschlag aus dem Wheelock Inn. Cam seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Wahrscheinlich eine Beschwerde über Zandys Ermittlungen in dem Zimmer, das Jamie MacDonald bewohnt hatte; vielleicht sogar ein Hinweis auf weiteres Beweismaterial – seine Beamten hatten den Auftrag, am Tatort alle Zeugen zu bitten, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, falls ihnen noch irgend etwas einfiel. Er nahm den sterlingsilbernen Brieföffner vom Schreibtisch und schlitzte den Umschlag an einer Ecke auf.
    Zuerst zog er die Serviette heraus, und momentan bemerkte er weniger das stygische Wahrzeichen der Hand des Teufels als den Duft von Mia Townsend – wie Klee und Regenwasser und süßes Gras –, der sich im Raum ausbreitete. Spontan drückte er das winzige, zerrupfte Papierquadrat an die Wange.
    Die Nachricht bemerkte er erst, als er den Umschlag in den Papierkorb werfen wollte. Die adretten und präzisen Bleistiftbuchstaben ließen ihn lächeln, denn er war überzeugt, daß sie als Drittkläßlerin nie über den Rand geschrieben hatte. Er las die paar Worte mehrere Male, hielt sie gegen das Licht, um festzustellen, ob etwas ausradiert worden war.
    Dann nahm er den Zettel, schob ihn in die Falten der Serviette und steckte beides in die Brusttasche seiner Uniformjacke.
    Schließlich zog er einen Schreibblock aus der Schublade. Mia , schrieb er und starrte ihren Namen auf dem Papier an. Er knüllte den Zettel zu einer Kugel zusammen, denn die drei Buchstaben senkten sich nach rechts ab.
    Mia , begann er ein zweites Mal auf einem neuen Blatt. Dann knüllte er auch diese Seite zusammen und schleuderte sie von sich. Was, zum Teufel, tat er da?
    Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch, schlitzte die Stromrechnung und die anderen Briefe auf und ordnete sie zu Stapeln, damit Hannah sie bezahlen oder anderweitig darauf reagieren konnte. Danach stemmte er die Handflächen auf die Tischplatte.
    Mit geschlossenen Augen bot er Gott einen Handel an. Wenn du jemanden in mein Büro schickst, ehe ich bis zwanzig gezählt habe, dachte er, werde ich mir diesen Schrieb verkneifen. Dann hielt er den Atem an und begann zu zählen.
    Er hörte, wie Hannah draußen in den vollgestopften Aktenschränken wühlte und wie Zandy seine Sachen zusammensuchte, um sich auf den Heimweg zu machen. Die Tür zur Straße ging auf und wieder zu, und eine unbekannte Stimme brachte eine Bitte vor. Schritte erklangen vor seinem Büro. Vierzehn, fünfzehn.
    Nun schlug er die Augen auf, nahm den Stift und begann zu schreiben.
    Mia, jetzt brauche ich vor allem einen Cappuccino. Ich trinke nicht gern allein. Bist du

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