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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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schnürte sich zu. »Und wer war das?« Mia lachte.
    »Freddy Hornburger. Ohne Witz; so hieß er wirklich. Er war der Bruder meiner besten Freundin. Auf der Feier zu ihrem vierzehnten Geburtstag hat er mich zur Seite genommen und mich gefragt, ob ich sehen will, wie eine Eule den Kopf nach hinten dreht. Doch als wir in den Garten kamen, war nirgendwo eine Eule; statt dessen hat er mich auf eine Gartenliege geschubst und geküßt, bis ich Angst bekam, er würde mich mit Haut und Haar verschlingen.«
    »Und du bist trotzdem mit ihm gegangen?«
    Mia zuckte die Achseln. »Ich habe mir gedacht, schlimmer kann es nicht mehr kommen. Immerhin habe ich ihn eine volle Woche lang ignoriert und mir geschworen, daß ich nie wieder jemanden küssen würde.« Sie hob ihr Glas zu einem Toast. »Den Schwur mußte ich allerdings später brechen.«
    Cam erhob ebenfalls das Glas. »Auf Freddy«, sagte er, es war ihm fast unmöglich zu schlucken.
    Mia rutschte auf ihrem Couchende nach vorn, was auch Cams Ecke in Bewegung brachte. »Es fällt mir schwer, mit dir zu reden«, gab sie zu. »Ich komme mir komisch dabei vor.«
    »Völlig klar, was du meinst«, antwortete Cam. »Mir geht es genauso.« Was er wirklich nicht verstand. Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß er Mia besser kannte als sich selbst und vice versa; doch anscheinend kam er über Höflichkeitsfloskeln nicht hinaus. Er fragte sich, ob sie genau wie er spürte, daß ein Damm ihre Konversation staute und daß der erste hindurchdringende Tropfen zu einer unaufhaltsamen Flut anwachsen würde. Er fragte sich, warum sie weder seinen Brief erwähnte noch die Tatsache, daß sie ihm eine Nachricht geschickt hatte.
    »Zu Tisch!« rief Allie.
    Allie war eine ausgezeichnete Köchin. Sie meinte, das sei lediglich auf ihre Leseleidenschaft zurückzuführen; denn die wahre Kunst liege darin, die richtigen Kochbücher zu finden. »Jemine«, sagte Mia, während sie in ihr Hühnchen schnitt, »so was könnte ich nie hinbekommen.«
    Allie lächelte. »Es ist gar nicht so schwer. Du steckst es in den Ofen und wartest, bis der kleine Knopf an der Seite rausspringt.«
    »Trotzdem«, beharrte Mia. »Ich bin nicht weit über Dosenravioli hinausgekommen.«
    Jetzt runzelte Allie die Stirn. »Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du in den nächsten Tagen mal für Cam kochen würdest«, sagte sie. »Aber eine Dose Ravioli kann er wahrscheinlich auch selbst aufwärmen.«
    Cam fiel die Gabel aus der Hand. Er hörte sie klirren und das Klirren immer weiter hallen. »Selbst ist der Mann!«
    Allie legte die Hand auf seinen Arm. »Das weiß ich doch«, sagte sie. »Ich dachte nur, du magst vielleicht mal nicht.«
    »Außerdem«, wandte Mia ein, »kann man in der Kochnische in meinem Zimmer höchstens Wasser heißmachen.«
    Allie nahm sich etwas Spargel und reichte die Schüssel an Cam weiter. »Damit steht es fest«, verkündete sie. »Ihr beide macht es hier!«
    Ihr beide macht es hier. Einen Augenblick schwebten Allies Worte vor Cam in der Luft, faßbar und schwer und so zweideutig, daß es ihn wunderte, wieso niemand sonst sie kommentierte. Ihr beide macht es hier. Er stellte sich Mia vor, errötend und wartend, die Tagesdecke im Schlafzimmer halb über die nackten, feinen Glieder gezogen.
    »Wie lange«, fragte Mia, »wird die Sache deiner Meinung nach dauern?«
    »Cummington, meinst du? Oder die Verhandlung?« Allie wartete die Antwort nicht ab, sondern sprach sofort weiter. »Ich weiß es leider nicht. Wahrscheinlich werde ich drei oder vier Tage brauchen, um mich mit den Nachbarn und den Leuten zu unterhalten, die Jamie mir aufgeschrieben hat; und einen Tag, um sein Haus durchzusehen.« Sie hielt inne. »Es ist mir dabei ganz seltsam zumute. So als würde ich den Platz von jemand anderem einnehmen.«
    »Das ist keine Schnüffelei.« Cam vermied es sorgfältig, Mia anzusehen. »Du hast Jamies Erlaubnis!«
    »Na ja«, meinte Allie nachdenklich kauend. »Alles hat seine zwei Seiten.«
    Als nur noch leere Teller, abgenagte Knochen und runde Beerenweinflecken auf dem Tischtuch zurückgeblieben waren, schob Mia. ihren Stuhl zurück. »Ich übernehme den Abwasch«, sagte sie. »Keine Widerrede!«
    Sobald Mia abgedeckt hatte und in der Küche das Wasser lief, zog Allie Cam aus seinem Stuhl und schubste ihn in Richtung Wohnzimmer. Er versank eben in seinem Ledersessel, als sie sich zu seiner Überraschung neben ihm auf der Lehne niederließ. Beide hatten normalerweise ihre festen Sitzplätze: er im

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