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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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dabei?
    Ohne Unterschrift steckte er die Nachricht in einen Umschlag des Wheelock Police Department und legte ihn beim Hinausgehen auf Hannahs Schreibtisch zu der übrigen Post.
    Allie wischte sich die Hände an der weißen Bäckerschürze ab und verstreute dabei knallgelbe Kapuzinerkresse-Blüten auf dem Küchenboden. Sie hatte einen Koffer gepackt, den sie mit nach Cummington nehmen würde; das Haus war sauber und geputzt; jetzt bereitete sie ein Essen für Cam und Mia vor, zum Dank dafür, daß sie sich während ihrer Abwesenheit um alles kümmerten.
    Sie briet ein Hühnchen, zu dem es gedünsteten Spargel und ihren Kapuzinerkresse-Salat gab. Er sah so hübsch aus mit den vielen orangefarbenen und gelben Blättern auf dem grünen Endiviensalat. Am liebsten servierte sie ihn mit Walnußöl, und sobald ihre Gäste einmal den ersten Schreck überwunden hatten, Blumen zu essen, machten sie ihr jedesmal Komplimente.
    Cam haßte diesen Salat; er kam sich beim Essen vor wie Robinson Crusoe, der sich von Zweigen und Pflanzen ernähren mußte. Doch sie wußte, daß Mia begeistert wäre. Ihr gefiel der Gedanke, Mia etwas zu zeigen, das sie noch nicht kannte.
    »Cam!« rief sie. »Hat da jemand geklingelt?«
    Im Wohnzimmer versuchte Cam, die Zeitung zu lesen. Er hatte die Klingel gehört, hatte begriffen, daß Mia draußen stand, und sich alle Mühe gegeben, die Information in den tiefsten Abgründen seines Geistes zu vergraben. Als Allie ihm mitteilte, daß sie Mia zum Abendessen eingeladen hatte, war ihm das Blut aus dem Kopf gewichen. Er konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als an einem Tisch mit seiner Gattin und jener Frau zu sitzen, an die er den ganzen Tag dachte.
    »Ich gehe schon«, sagte er im Aufstehen. Er stolperte zur Haustür, lehnte sich einen Augenblick mit der Stirn dagegen und fragte sich, ob er diesen Abend wohl mit bloßer Willenskraft durchstände.
    Sie trug einen riesigen beigen Sweater und einen elfenbeinfarbenen Rollkragenpullover sowie dünne haferflockenfarbene Leggings, fast als wolle sie mittels ihrer Kleidung mit dem Hintergrund verschmelzen. Cam wünschte sich, ihm wäre das ebenfalls eingefallen.
    »Hi«, sagte er.
    Sie wich seinem Blick aus. »Hallo!« Sie faßte in ihre riesige Reisetasche und zog eine Flasche Bärentraubenwein heraus. »Ich habe was mitgebracht«, sagte sie. »Hoffentlich paßt es zu der Vorspeise.«
    »Allie ist in der Küche.« Cam starrte Mia an. Er hätte gern gewußt, ob sie seinen Brief schon erhalten hatte. Gelegentlich wurden Briefe innerhalb Wheelocks noch am selben Tag zugestellt.
    Mia drängte an Cam vorbei und verschwand in der Küche. Er konnte die beiden Frauen reden und lachen hören, fröhliche Laute, die ihn an Vogelgezwitscher erinnerten.
    Er wußte nicht, wie lange er so dagestanden und in die Luft gestarrt hatte, ehe Allie die Hand auf seine Schulter legte. Mia blieb ein paar Schritte hinter ihr. »Cam«, sagte Allie, »kannst du den Wein aufmachen? Ich bin fast fertig. Kümmere dich doch bitte schon mal um Mia.«
    »Aber ja.« Es verblüffte Cam, wie ruhig seine Stimme klang. »Natürlich!«
    Er schenkte den Bärentraubenwein in elegante Gläser, eine Hochzeitsgabe – Tulpenkelche mit dünnem goldenem Stiel. Als er Mia ihr Glas reichte, zitterten ihre Finger leicht, so daß ein paar Tropfen auf seinen Handrücken spritzten.
    »Oh«, sagte sie und sah sich nach einer Serviette um. »Daß mir so was passieren muß!«
    Cam wischte sich die Hand am Hosenbein ab, und es war ihm völlig egal, ob das Flecken geben würde. »Ist kein Unglück«, sagte er.
    Ein paar lange, ruhige Minuten saßen sie auf der Couch, jeder an einem Ende, und nippten an ihrem Wein, bis Allie mit einem Tablett voller spanakopita hereinrauschte. »Wir sind hier nicht im Tanzunterricht«, sagte sie lachend. »Bei uns brauchen sich Mädchen und Jungs nicht auf verschiedenen Seiten aufzustellen.«
    Cam sah ihr nach, während sie abermals in der Küche verschwand, und fragte sich zum hundertsten Mal, wie sie es schaffte, die einfachsten Bewegungen in einen Tanz zu verwandeln. Er wünschte, sie würde neben ihm stehenbleiben. Dann könnte er über das Wetter und irgendwelche Nichtigkeiten plaudern und bräuchte keine Angst zu haben, irgendwelche Dummheiten zu sagen.
    Mia fuhr mit dem Finger über den Glasrand und produzierte dabei ein sphärisches Geräusch, das wie Gespenstersingsang klang. »Das hat mir mein erster Freund beigebracht«, sagte sie lächelnd.
    »Ach?« Cams Kehle

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