Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
Vom Netzwerk:
Damentoilette im Spiegel betrachtet hatte. Ihr Gesicht war vor allem auf der rechten Seite unförmig geschwollen und blaugrün angelaufen. Die Nasenwurzel war zum Höcker verformt und fing nun auch schon an zu pochen und zu stechen, ohne dass man sie berührte. Sie bekam kaum noch Luft durch die Nase.
    „Ich kenne da einen pensionierten Landarzt zwei Täler weiter, vielleicht...“
    „Nein, wirklich nicht. Es ist rührend, dass sie so um mich besorgt sind, aber ich hab schon ganz andere Verletzungen weggesteckt.“
    „Tatsächlich?“
    Besorgnis und Mitgefühl in seinem Blick wichen Erstaunen und Neugier.
    „Ja, aber ich würde mich wirklich ganz gern irgendwo hinlegen. Gibt es einen Raum, durch den keine Touristen kommen?“
    „Mein Büro drüben in der Seilbahnstation. Da steht ein Sofa, und geheizt ist auch. Ich lasse Ihnen was zu essen machen und bringe Sie hinüber.“
    Nelli nickte.
    „Ach, dieses Eck hier ist mir aufgefallen. Sieht aus wie eine Bodenklappe. Gibt es hier einen Keller?“
    „Keller wäre übertrieben. Das Haus ist auf einer natürlichen Felsmulde gebaut, und die wurde als eine Art Keller genutzt. Andi hatte sie vollständig mit Kohlen auffüllen lassen, sein Vorrat für den kommenden Winter offenbar. Wir lassen das so, denn wir brauchen den Raum nicht und auch nicht die Kohlen. Geheizt wird inzwischen mit Strom.“
    Klang einleuchtend. Wenn auch übertrieben wortreich erklärt.
    „Ach ja, Ihr Fahrrad ist repariert, habe ich gerade gehört, als ich draußen war“, fügte Wächter an. „Wir hatten da einen Bastler in einer der Gruppen.“
    „Ich würde mich gern bedanken.“
    „Er ist schon wieder weg. Ich soll Ihnen ausrichten, auf Weltreise können Sie damit wohl nicht gehen, aber bis ins Tal und in eine Werkstatt dürfte es funktionieren. Ich wollte ihm zehn Euro Trinkgeld geben, aber er hat abgelehnt.“
    „Okay. Danke. Überhaupt, für alles.“
    „Nein, ich hab zu danken. Es ist mir doch eine Ehre, sie hier zu haben.“
    Er lächelte sie an und machte keine Anstalten, sie wie versprochen in sein Büro zu führen. Nelli sehnte sich danach, sich hinzulegen.
    „Wenn ich fragen darf – wie soll es denn nun weitergehen?“
    „Ich besorge mir Geld und warte ab, was passiert. Ich glaube, der Angreifer beobachtet mich. Wenn er merkt, dass ich mitspiele, wird er hoffentlich Ruhe geben.“
    „Und die Polizei wollen Sie nicht mal in Kenntnis setzen?“
    Nelli schüttelte den Kopf.
    „Ich habe Monika schon genug in Gefahr gebracht.“
    „Und dann?“
    „Was meinen Sie?“
    „Angenommen, dieser große Unbekannte nimmt sich das Geld und gibt wirklich Ruhe, alles geht gut aus. Was wollen Sie dann unternehmen?“
    Nelli zuckte mit den Schultern.
    „Keine Ahnung. Mal sehen. Ich weiß es wirklich nicht.“
    „Wollen Sie dann zurück in Ihre Heimatstadt?“
    „Eher nicht, also... wirklich, keine Ahnung.“
    Er lächelte und nickte ihr zu.
    „Na gut. Dann will ich Sie jetzt mal hinüberbringen. Was möchten Sie zur Stärkung?“
    „Was immer Sie dahaben. Bitte keine Umstände. Und seien Sie sicher, ich bezahle dafür. Sobald ich Geld bekomme.“
    Er schüttelte den Kopf und lenkte sie mit einer Armbewegung aus dem Raum.
    „Kommt nicht in Frage. Ich will, dass Sie wieder zu Kräften kommen. Was passiert ist, tut mir so unendlich leid.“
    Nelli schaute ihn irritiert an.
    „Sie können doch nichts dafür.“
    „Aber es ist auf meinem Gelände passiert. Und es war so absolut sinnlos. Das hätte einfach nicht sein müssen.“
    „Das stimmt allerdings. Es sei denn...“
    „Was?“
    „Wenn Andi doch noch lebt...“
    Wächter schüttelte entschieden den Kopf.
    „Der ist tot, ganz sicher.“
    „Ja, aber wenn. Ich dachte dauernd, Andi kann das unmöglich gewesen sein, schon mal weil nichts gesprochen wurde. Kein Ton, nicht mal ein Schnaufen, kein Fluchen, nichts. Andi hörte sich gern selber reden, wissen Sie.“
    „Kann sein. Aber?“
    „Was aber?“
    „Sie sagten: Aber wenn er es doch wäre...“
    „Dann hätte er vielleicht nicht gesprochen, um unerkannt zu bleiben.“
    Wächter schüttelte den Kopf.
    „Das ist eine ziemlich schwache Theorie. Jeder Täter würde vermeiden, sich irgendwie zu verraten.“
    „Das meine ich auch gar nicht. Dieser Angriff, gerade weil er so sinnlos zerstörerisch war, lässt sich nur erklären durch einen irrsinnigen Zorn und den Wunsch nach Rache. Jemand wollte mir das antun, um mich zu bestrafen.“
    „Und da gibt es niemand anderen als

Weitere Kostenlose Bücher