In eisigen Kerkern (German Edition)
Sie hat uns ja noch nicht mal für den Auftrag bezahlt.“
„Offenbar kann sie das auch gar nicht.“
„Die kann. Das sind nur Spielchen. Jetzt streng mal dein bisschen Hirn an, statt herumzutoben. Wo bunkert jemand wie die ihre Kohle?“
German, schwer atmend, zwang sich zur Ruhe. Mit geballten Fäusten stand er neben seinem Kumpel und starrte ihn mit einem Gesicht an, dem der Wechsel von blinder Wut hin zu ernster Gedankenarbeit anzusehen war.
„Hm“, brummte er, „hm, wo wohl? Bestimmt nicht hier im Haus.“
„Vielleicht doch.“
„Und wenn schon. Wir wissen nicht, wo. Und die sagt es uns nicht.“
„Irgendwann ist sie reif.“
„Ich will hier aber nicht noch länger rumhängen. Irgendwann kommt jemand, und wir sind fällig. Wir sind jetzt Kriminelle, Mensch! Verdammt noch mal, und alles für nichts und wieder nichts.“
„Du bist genauso schuld an dieser Scheiße.“
„Wieso denn ich?“
„Du hast dich doch auf die Sache mit ihr eingelassen.“
„Nein!“
„Doch. Und du hast unten zugesperrt.“
„Und du hast verhindert, dass ich wieder aufsperre.“
„Was hättest du denn als Erklärung für das Auf- und Zusperren geliefert?“
„Na, dass... Ach, Drecksmist, das war doch alles, ich wollte doch nur, es ging doch bloß...“
„Stammel-stammel. Schmeiß noch ein paar Zigarettenpäckchen an die Wand und lass mich nachdenken.“
„Und wenn ich einfach allein verschwinde?“
„Dann bist du eben weg.“
„Allein wirst du mit denen nie fertig. Und was wird dann aus unserer Reise?“
„Pfeif doch auf die Reise. Das war vorher.“
„Was? Was? Äh, was?“
„Und noch mal was. Hast du dir das Haus mal angesehen?“
German schaute sich um als sei er eben erst in den Raum gekommen. Das Arbeitszimmer war eine Symphonie in Schwarz, selbst PC, Teppichboden und Türen trafen ein und denselben Ton. Deckenhohe Büroschränke, so meisterhaft gearbeitet, dass sie aus der Distanz wie glattglänzende schwarze Wände wirkten.
„Na und?“
„Schau mal genauer hin.“
German tat so als schaue er genauer hin und machte aus der angedeuteten Hinwendung zu Details ein Kopfkreisen der Genervtheit.
„Fffffhhhh... Jetzt hör schon auf mit dem Quizspiel!“
„Staub. Dreck. Überall. Hunderte von Kippen auf den Fußböden. Leerer Kühlschrank. Leere Konten. Das einzige, was es hier im Überfluss gibt, sind Zigaretten. Und die hat sie wohl auch nur noch aus besseren Zeiten übrig.“
„Also ist sie pleite?“
„Mehr als das. Ich würde sagen, die ist total am Arsch und kurz davor, ihr Haus zu verscheppern.“
„Aber was wollte sie dann von uns, ich meine, die verspricht uns Geld, das sie gar nicht hat, nur dafür, dass wir hier reinplatzen und eine Show abziehen.“
Boris schüttelte entschieden den Kopf.
„Was?“
„Genau das ist es. Die hatte einen Plan, sich Geld zu beschaffen. Dafür hat sie uns engagiert. Dann ist irgendwas schief gegangen. Vielleicht schon bevor du den Blödsinn mit dem Zusperren gemacht hast.“
„Das war kein Blödsinn.“
„Ist ja jetzt egal. Noch was anderes: Wie lange hängen wir jetzt hier fest? 36 Stunden? Schon über 40?“
„So was.“
„Und das mitten in der Woche. Die ganze Zeit hat nicht einmal das Telefon geklingelt, weder Festnetz noch Handy. Kein Besucher an der Tür, keine Mails, keine SMS, niemand fragt nach, warum sie nicht zur Arbeit kommt. Keine Freunde, die sich mit ihr treffen wollen.“
„Die und Freunde!“
„Nenn es wie du willst, aber eine wie die, mit dem Job, kennt doch bestimmt tausend Leute.“
„Vielleicht hat sie Urlaub und ist offiziell verreist.“
„Irgendwas hatte die mit Nelli und der anderen vor. Aber die haben den Spieß umgedreht. Und jetzt sind sie miteinander eingesperrt.“
„Na und?“
„Na und! Nicht nur wir haben uns was zuschulden kommen lassen, die mit Sicherheit auch. Vielleicht haben die genauso Angst vor der Polizei wie wir. Damit wäre es reine Verhandlungssache, was wir aus dieser Lage machen.“
„Ich weiß nicht. Die Herolder war doch bewusstlos oder hat so getan. Eigentlich wollten sich doch die zwei anderen vor uns verstecken.“
„Das ist es ja. Die haben alle was, womit man sie packen kann. Wir müssen nur herausfinden, wer mit wem und was - und da dann den Hebel ansetzen.“
German rieb sich die Haut zwischen Unterlippe und Kinn, wo er einen schorfigen roten Fleck hatte, und schüttelte im Gegentakt den Kopf.
„Aber wozu der Stress, Mann? Wenn sie doch pleite
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