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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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langfristig aussichtslosen Kampf abbringen und auffordern, sich in Sicherheit zu bringen. Aber Boris nutzte schon die kleine Ablenkung brutal aus, rammte ihr die Faust in die Magengrube und wollte sie im selben Augenblick zu Boden reißen.
    Einen solchen Kampf hatten sie die ganze Zeit vermeiden wollen. Überraschungsangriff, das war die Idee gewesen. Die beiden Knilche umlegen und nichts wie weg, so lange sie in den Seilen hingen. Jetzt aber...
    Der Schlag ließ Nelli sofort speiübel werden. Sie hatte alle Mühe, sich überhaupt noch zu verteidigen. Eine Waffe, irgendwas, womit sie sich einen Vorteil hätte verschaffen können, war im Griffkreis ihrer Hände nicht zu fassen.
    Boris wollte sich auf sie hocken und ihr den Rest geben. Sie zappelte mit den Beinen, versuchte, ihm das Knie ins Kreuz zu rammen oder ihn über sich hinweg zu stoßen, aber der Kerl hing an ihr, drückte sie nieder, war viel schwerer als erwartet. Keine Chance.
    Da kippte er plötzlich zur Seite.
    Nelli sah Monika über sich und war erst mal verdutzt.
    Die Übelkeit trübte ihr den Verstand. Noch ehe sie begriff, was ihre Augen längst gesehen hatten, dass Monika dem Hageren eins mit dem Feuerlöscher verpasst und sie für den Moment gerettet hatte, packte der Fettsack zu, verkrallte sich in Monika, riss sie nach hinten und aus Nellis Blickfeld.
    Die zwang sich mit allem Willen hoch und kam immerhin in die Hocke. Rechts neben ihr stöhnte der Hagere, hatte Blut am Kopf, aber war nicht außer Gefecht.
    Links neben sich sah Nelli, dass Monika wieder die Oberhand gewann. Sie schwang den Feuerlöscher, plötzlich zischte es ohrenbetäubend, eine weiße Wolke explodierte links, und rechts knurrte der Hagere, kam von den Knien mühsam auf die Füße und stieß seine Krallen in Nellis Haare.
    Sie ließ sich nach hinten fallen, zurück auf den Rücken, um ihm auszuweichen, und dann übernahm ein reiner Fluchtreflex Nellis Körper. Sie sah hinter sich eine Tür offenstehen, drehte sich vom Rücken auf den Bauch, stützte sich hoch auf alle Viere und rannte unter Boris hinweg. Der krallte sich kurz in ihr T-Shirt, das T-Shirt zerriss. Sie war frei, hechtete durch die Tür und warf sie hinter sich zu.
    Dunkelheit.
    Schreie, Fäustetrommeln, Flüche auf der anderen Seite, Tumult und irgendwann Ruhe.
    Nelli sank zusammen und begriff erst jetzt, dass sie zugesperrt haben musste. Ein Schlüssel musste gesteckt haben, und sie hatte nicht mal gemerkt, wie sie ihn herumdrehte und den Hageren aussperrte.
    Das Würgen und Toben in ihrem Bauch setzte sich durch. Nelli wandte sich rasch zur Seite, irgendwohin in die Dunkelheit, und erbrach sich in das finstere Nichts.
     
    Was war mit Monika?
    Es dauerte wer weiß wie lange, bis Nelli begriff, dass sie Monika im Stich gelassen hatte.
    IM STICH GELASSEN!
    Nachdem sie selbst von ihr gerettet worden war.
    Was jetzt?
    Sie tastete nach irgendwas, woran sie sich aufrichten konnte. Die Tür, der Türgriff. Daneben musste ein Lichtschalter sein.
    Sie fand ihn. Ein flacher, quadratischer Kasten, von dem ein hartes, gerades Kabel nach oben führte. Der Kippschalter selbst saß flach und großflächig auf dem Kasten. Es klickte, als Nelli ihn drückte, und wurde so hell, dass sie erschrak.
    Ein anderer Kellerraum. Zwei lange, parallel verlaufende Neonröhren an der Decke. Ein dunkelroter billiger Teppichboden. Metallregale. Und auf den Regalen ein ungeheures Sammelsurium von Altpapier: vergilbte Zeitungen, zerfledderte Zeitschriften, Fotokopien, Fotos, lose Blätter, vollgeschriebene Blocks und Ringhefte, Computer-Ausdrucke, darunter sogar noch alte Endlos-Lochpapierstreifen aus den ersten Nadeldruckern – das Recherche-Archiv der Herolder.
    Vor einem Stapel alter Zeitungen hatte Nelli sich erbrochen. Ihr wurde sofort wieder schlecht, als sie die gelblichbraune Soße sah. Sie nahm einen Packen Papier aus einem Regal und bedeckte den Fleck damit.
    Und jetzt?
    Wie weiter?
    Nelli legte ein Ohr an die Tür. Nichts.
    Oder?
    Klang das nicht wie Schnaufen? Wie Flüstern? Raunendes Wispern?
    Konnten auch Kellergeräusche sein.
    Sollte sie selbst die Stille durchbrechen, auf sich aufmerksam machen, Kontakt aufnehmen?
    Sie hatte solchen Durst, einen derart saugenden brennenden Durst, dass ihr kaum ein anderer Gedanke möglich war. Auch in diesem Kellerraum gab es nichts zu trinken, nur trockenes Papier. Was war das für ein Keller, in dem es nirgends Wasseranschlüsse für Waschmaschinen gab! Auch hier kein Fenster, nur Beton und

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