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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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versuchte, nach draußen zu entkommen.
    Aber die Hintertür war zugesperrt.
    Obwohl das eigentlich zu erwarten gewesen war, schockte sie die fest verschlossene Hintertür mehr als die locker verriegelte Badtür. Denn jetzt saß sie wirklich in der Falle. Sie musste durch die Küche, wenn sie die Vordertür nehmen wollte, und dort oder im Gastraum, im Flur oder spätestens vor dem Haus würde sie auf Andi treffen. Und dass der über ihren Ausbruch nicht begeistert sein würde, war abzusehen.
    Vielleicht konnte sie durch ein Küchenfenster aussteigen? Mangels anderer Möglichkeiten schlich Nelli schnurstracks zur Küchentür.
    Angelehnt. Nelli lauschte, hörte nichts und huschte hinein.
    Kein Licht in der Küche, aber nächtliches Halbdunkel, die Fenster zeichneten sich deutlich von den unverputzten Steinwänden ab.
    Nelli umrundete Kohleofen, Spüle und Arbeitstisch, erreichte das Fenster und drehte am Knauf.
    Offen!
    Sie zog das Fenster weit auf, hob vorsichtig einen Stuhl an und platzierte ihn lautlos unter dem Fenster.
    „Wusst ich’s doch!“, hörte sie Andis Stimme hinter sich - laut und deutlich und erschreckend hart.
    Sie stand bereits auf dem Stuhl, hatte ihre Tasche in der Hand. Nur ein Sprung, und sie war in Freiheit. Andis Stimme war nicht von unmittelbar hinter ihr gekommen, sondern von der Küchentür.
    „Ich weiß genau, was du jetzt denkst, Nelli, aber wenn du versuchst zu springen, schieß ich dich über den Haufen.“
    Es klickte.
    Nelli drehte sich um. Und starrte in die Mündung eines schweren Colts, wie man ihn aus Wild-West-Filmen kannte. Der Hahn war gespannt.
    „Es ist immer das selbe mit euch Landstreicher-Gesocks“, sagte Andi kalt. „Man will euch helfen, lädt euch ein, ist gut zu euch, und was ist der Dank? Bei erstbester Gelegenheit räumt ihr die Kasse aus und macht euch davon.“
    „Was? Du stimmt doch überhaupt nicht!“
    „Wollen wir wetten? Komm von dem Stuhl runter, wenn du nichts auf dem Kerbholz hast.“
    Sie zögerte.
    „Na los, Nelli. Wenn mein Geld noch in meiner Kasse ist, kannst du meinetwegen verschwinden. Wir schauen zusammen nach.“
    „Das ist doch absurd.“
    „Es ist mir scheißegal, dich abzuknallen. Und selbst wenn du nichts geklaut hast, dann sorg ich für die Polizei schon dafür, dass es so aussieht.“
    „Schon gut.“
    Nelli sprang vom Stuhl. Er dirigierte sie mit dem Lauf des Colts zur Tür Richtung Gaststube, ließ sie vorangehen zur Theke, verwies sie in eine Ecke, zog die Geldkassette aus einem Schubfach und öffnete sie.
    Er schaute hinein und machte einen Schnaufer wie jemand, dessen schlimmste Befürchtungen wahr geworden waren.
    „Was, meinst du, soll ich jetzt mit dir machen?“
    „Ich hab dein Geld nicht. Wenn es jemand da raus hat, dann warst du das selbst oder Gerda.“
    „Woher weißt du denn, dass das Geld weg ist? Ich hab nichts gesagt.“
    „Aber so getan.“
    „Ich geb dir noch eine letzte Chance, Nelli. Zeig mir deinen Geldbeutel.“
    „Und was soll das bringen? Da ist natürlich Geld drin, nämlich meines.“
    Andi schüttelte den Kopf und kam mit langsamen Schritten näher.
    „Nelli, Nelli, du hast mich schwer enttäuscht.“
    Sie wich zurück, stieß am Rücken auf Widerstand, ahnte den Garderobenständer, war für einen Sekundenbruchteil abgelenkt, und noch ehe sie begriff, war die Szene für sie zu Ende. Andi hatte den Colt am Lauf gepackt. Sie sah ihn ausholen, spürte einen Hammerschlag, sah im nächsten Moment den Steinboden des Gastraums aus nächster Nähe und dann gar nichts mehr.

Kapitel 2: Weltwunder des Horrors
     
    Ihr Körper schwappte und trieb.
    Mit dem ersten Schimmer von Bewusstsein durchfuhr sie ein unwillkürlicher Schrecken.
    Irgendwas stimmte nicht.
    Sie war in Gefahr!
    Ihr Gleichgewichtssinn schlug Alarm, noch bevor sie die Augen geöffnet und die Situation begriffen hatte. Ihr Körper bäumte sich auf, um den Kopf über Wasser zu halten, und sie riss die Arme hoch und ruderte. Die unkontrollierte Bewegung ließ ihren rechten Handrücken über etwas Raues schrammen. Das holte sie aus dem Halbbewusstsein in den Wachzustand.
    Sie lag in einer Wanne, nackt und mit nassen Haaren – in jener Wanne in jenem fensterlosen Verschlag, aus dem sie vorhin erst entkommen war. Wie lang war das wohl her?
    Sie fror. Das Wasser war fast kalt.
    Nelli richtete sich auf und suchte den Raum nach ihren Sachen ab. Auf dem Hocker neben der Wanne lagen die Badetücher noch so da wie Andi sie vor ihrer Flucht abgelegt hatte.

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