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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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so, na ja, weißt du, ich will schon lang mal alles ein bisschen praktischer gestalten. Wenn ich mal Zeit habe, mache ich das bestimmt.“
    Wenn du hier abends allein herumhockst, hast du wohl keine Zeit, dachte Nelli, aber hütete sich, es zu fragen.
    „Wo kommt eigentlich das Wasser her? Du hast gesagt, es gibt keinen Anschluss.“
    „Ich hab ein Rohr von einem Bach herübergelegt. Das funktioniert so bis Mitte September. Im Winter schmelze ich Schnee. Davon gibt es hier reichlich, wie du dir denken kannst.“
    Er stand da und schaute sie aus leeren Augen an. Nelli fühlte sich in dem fensterlosen Verschlag wie im Gefängnis und musste gegen einen ersten Anflug von Panik kämpfen.
    „Tja, dann...“
    Andi war so leblos geworden, dass er ihr wie eine Wachsfigur vorkam. Er schien nicht mal mehr zu atmen.
    „Jetzt fragst du dich sicher, wie ich die Wanne wieder leer bekomme.“
    „Wie denn?“
    „Ich hab einen Abfluss gelegt, schau.“
    Er ging neben der Wanne in die Knie und zeigte auf ein Rohr, das vom Ablauf zur Wand ragte.
    Nelli nickte anerkennend, aber dachte an Flucht.
    Mit einem Ruck stand er auf.
    „Ich lass dich dann mal allein.“
    „Alles klar.“
    „Sonst wird das Wasser noch kalt.“
    „Tja...“
    „Ach ja, die Handtücher.“
    „Nicht nötig, ich hab selber eines.“
    Er hatte sich noch immer nicht vom Fleck gerührt und schaute sie mit hängenden Mundwinkeln an. Sekunden vergingen.
    Endlich bewegte er sich, eine Geste des Abwinkens mit der linken Hand.
    „Ach was, das gehört doch bei mir zum Service.“
    „Na, dann...“
    Endlich löste sich der starrende Ausdruck in seinem Gesicht, und er lächelte.
    „Bin gleich wieder da.“
    Er verschwand im Nebenraum. Nelli hörte die Tür zum Gang, dann war es still.
    Mit den Fingerspitzen prüfte sie das Wasser. Genau richtig. Es würde gut tun.
    Und sie zu einer leichten Beute machen.
    Sie würde daher die Handtücher entgegennehmen, ihm ein bisschen Zeit lassen, sich in die Arbeit in der Küche zu vertiefen, und dann durch die Hintertür hinausschleichen.
    In Gedanken schon heimlich auf der Flucht, erschrak sie, als Andi plötzlich wieder im Raum stand.
    „So, hier hast du zwei Handtücher. Eines als Badematte.“
    „Danke.“
    „Also, bis gleich.“
    Er schloss die Tür, seine Schritte entfernten sich.
    Sie lauschte.
    Nichts mehr zu hören.
    Zumindest konnte sie es riskieren, mal in den Nebenraum zu schauen. Nelli drückte gegen die Tür.
    Nanu? Ging die nicht nach außen auf? Einen Griff zum Ziehen gab es jedenfalls nicht. Sie drückte fester.
    Der hat mich eingesperrt! Der verfluchte Scheißkerl hat heimlich zugesperrt!
    Nellis Atem beschleunigte sich, ihr Puls raste.
    Sie prüfte die Tür, suchte nach einer Ritze zum Hinausspähen und drückte oben, seitlich und unten dagegen.
    Vielleicht klemmte sie nur?
    Nelli legte ihr ganzes Gewicht dagegen, warf sich gegen die Tür, ganz leicht anfangs, etwas heftiger und schließlich so stark, wie es bei einer klemmenden Tür vertretbar war, ohne einen Höllenlärm beim Öffnen zu verursachen.
    Kein Zweifel, die klemmte nicht, sondern war versperrt.
    Nelli nahm Anlauf, so weit es in dem engen Raum ging, rannte mit aller Kraft gegen die Tür, spürte den Verschluss aufspringen, verlor das Gleichgewicht und stürzte haltlos in den anderen Raum.
     
    Mit der rechten Hand versuchte sie den Sturz abzufangen. Da das Gelenk von ihrem Fahrradunfall verstaucht war, knickte die Hand sofort weg, und sie landete auf der Schulter.
    Schlimmer als der Schmerz war die Angst. Mochte ihr Sturz relativ lautlos gewesen sein und ihr Stöhnen unterdrückt, das harte „Peng“, als die Tür gegen eine der Kisten geschlagen war, musste er gehört haben.
    Nelli sprang auf, um ihre Tasche zu holen, und warf dabei rasch einen Blick auf den Türverschluss. Es war ein billiger Riegel wie man ihn vor einen Kellerraum hängte, und der war jetzt aus seinen schwachen Schräubchen gesprengt. Eigentlich war sie nicht eingesperrt, sondern nur am mühelosen Öffnen der Tür gehindert gewesen. Trotzdem, was sollte der Mist?!
    Nelli machte einen Schritt zurück in den Badewannenraum, schnappte sich ihre Tasche und schlich damit in Richtung Hinterausgang. Die Türen vom Lagerraum zum Gang und vom Gang zur Küche waren nur angelehnt. Durch das schmale Rechteck des Milchglasfensters der Hintertür schien etwas Mond- und Sternenhelligkeit herein. Sorgfältig achtete sie darauf, dass ihre Tasche nirgendwo gegen schrammte, während sie

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