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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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auf.
    „Bist du bei dem Überfall verletzt worden?“
    „Nein, das nicht. Weißt du, das ist immer noch ziemlich schwer für mich. Mir wäre lieber, wenn du es liest.“
    Andi nickte und beugte sich über das Buch.
    „Also weißt du Nelli, das ist schon ein ziemliches Gekritzel.“
    Er schüttelte vorwurfsvoll den Kopf, ohne sie dabei anzusehen.
    „Ich schreibe abends am Lagerfeuer, das Buch auf den Knien.“
    „Das mein ich nicht. Es fällt auf, dass du anfangs schön groß mit angemessenem Zeilenabstand geschrieben hast. Aber je weiter man blättert, desto winziger wird alles.“
    „Die Reise wurde länger als geplant. Ich wollte kein zweites Tagebuch anfangen.“
    „Eigentlich ist das doch gar kein Tagebuch“, behauptete Andi plötzlich und sah zu ihr auf.
    „Wieso nicht, was meinst du?“
    „Das ist ein langer, langer Brief an deine Tochter, stimmt’s?“
    Sie stutzte und überlegte kurz.
    „Eigentlich nicht, aber... kann sein, vielleicht unbewusst.“
    „Du bist leicht zu durchschauen, Nelli“, stellte er fest und grinste zufrieden. „Aber das mit dem Arzt versteh ich nicht.“
    „Lies weiter, es muss gleich kommen.“
    Andi seufzte und beugte sich wieder über das Buch.
    „Also wirklich, das ist vielleicht ein Geschmiere!“
    Nelli überlegte, was leichter entflammbar war, der Papierkorb oder die Vorhänge. Wann würden wohl die ersten Gäste hier auftauchen? In fünf, sechs Stunden? Eine gewisse Nelli Prenz würde dann schon nicht mehr leben, und niemand würde je nach ihr fragen - es sei denn, der Plan funktionierte.
    „Du bist todkrank?“, fragte Andi ungläubig. Mit einem Ruck hob er den Kopf und starrte sie an. Das war nicht der fassungslos-mitleidige Blick, den sich Nelli immer ausgemalt hatte für den Fall, dass sie es jemandem erzählt hätte. Der Blick sagte viel mehr: Wehe, das stimmt!
    „Nein, bin ich nicht.“
    „Das steht da aber!“
    „Und wenn es so wäre?“
    Er starrte sie an als wolle er sie gleich erwürgen.
    „Das würde manches erklären“, sagte er vorwurfsvoll. „Manche Leute bringen sich um, weil sie unheilbar krank sind. Aber dafür hab ich kein Verständnis. Und es passt nicht zu meinem Projekt.“
    Er schüttelte den Kopf, klappte das Tagebuch zu und griff nach dem Schlüsselbund.
    „Du hast es nicht begriffen, Andi“, sagte sie rasch und zwang sich, ihre Stimme fest klingen zu lassen.
    „Was?“
    Er war dabei, sich aus seinem Drehstuhl hochzustemmen.
    „Ich bin wieder gesund. Das war es, was ich bei der Untersuchung in Eureka erfahren habe. Und ich ließ es in Denver von einem Spezialisten bestätigen.“
    Er war aufgestanden, hielt den Schlüsselbund in der Hand und war auf dem Sprung, zu ihr herüberzukommen.
    „Wirklich?“
    Sie nickte.
    „Hat mich unverschämt viel Geld gekostet, aber ich wollte Gewissheit. Such den Abschnitt Denver und lies es nach.“
    „Du bist also umgekehrt und wolltest nach Hause, nicht weil du krank warst, sondern weil du es nicht mehr warst?“
    „So ist es.“
    Noch immer stand er ihr wie auf dem Sprung gegenüber, getrennt nur durch den Schreibtisch.
    „Klingt schräg. Dass man eine Reise wegen Krankheit abbricht, scheint mir wesentlich naheliegender.“
    „Herrgott noch mal, Andi, du brauchst es doch nur nachzulesen. Ich lüge nicht.“
    Er sah sie lange und prüfend an. Sie war kurz davor, es nicht mehr auszuhalten, als er endlich den Blick senkte und sich setzte. Mit einem lauten Klack und vielfachem Klirren und Prasseln legte er den Schlüsselbund wieder auf die Schreibtischplatte.
    „Als gut, ich glaube dir.“
    Er schob den Drehstuhl ein Stück nach hinten und beugte sich zu einer Schublade.
    Jetzt sollte ich es tun, dachte sie, so lange er da unten herumkramt. Sie stützte sich auf den Armlehnen ab, wollte nach dem Kerzenleuchter greifen – da erschien er plötzlich wieder, lehnte sich zu ihr herüber, nahm den Leuchter und verschwand damit hinter dem Schreibtisch.
    Es wurde dunkel auf Nellis Seite. Sie schloss für eine Sekunde die Augen und ballte die Fäuste.
    „Ah, hier, wusste ich’s doch“, hörte sie Andi zufrieden ausrufen.
    Er tauchte wieder auf und stellte den Leuchter direkt neben Tagebuch und Schlüsselbund ab, zu Nellis grenzenloser Enttäuschung beides auf der für sie falschen Seite.
    Die Kerzen, die Schlüssel, das Buch, alles war nun außer Reichweite.
    „So, jetzt wollen wir mal.“
    Eine Lupe war es, was Andi aus der Schublade gekramt hatte. Er registrierte ihren erstaunten

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