In Gedanken bei dir (German Edition)
setzen.
Wie ein schwarzer Lacktisch vor dem Sofa, der die Wirkung der schwarzen
Granitplatte in der offenen weißen Küche noch unterstrich. Mehr Kontraste, ja,
mehr Spannungen zwischen weißem Leder und schwarzem Lack.
Aber
seine Transportkisten in Oakland waren schon gepackt. In den nächsten Tagen
würde Nick hier einziehen – sobald er sein Haus mit Blick aufs Golden Gate
verkauft hatte, um die Kosten für die Knochenmarktransplantation aufzubringen.
Seine Krankenversicherung zahlte nicht – natürlich nicht, Jolie war ja nicht seine
Tochter. Und Cassies Versicherung finanzierte nur Therapien, die Jolie jetzt
nichts mehr nützten. Bis Cassie und er die Verantwortlichen überzeugt hatten,
eine Kostenübernahmeerklärung für die Transplantation abzugeben, Jolies letzte
Chance, war ihre Kleine tot. Selbst wenn sie durch den Beitrag auf CBS San
Francisco heute Abend einen passenden Spender finden würden ...
Unser
Baby, dachte Nick, Cassies und mein Kind, wäre vielleicht ein Spender gewesen –
wenn es gelebt hätte. Ich weiß nicht, wie wir den Tod noch eines Kindes
gemeinsam durchstehen sollen, die Schuldgefühle, die Wut, die Verbitterung, die
Trauer. Nach der Todgeburt letztes Jahr hatte Cassie sich von mir getrennt, so
verzweifelt war sie.
Cassie
zurückzugewinnen, war wirklich nicht leicht. Aber das unablässige Ringen um
Jolies Leben wurde zur größten Herausforderung meines Lebens, eine emotionale
Reise zu allen Höhen und Tiefen des Lebens.
Mit
dem Tod deines Kindes konfrontiert zu werden, ist ein harter Schlag, der dich
in die Knie zwingt. Während du dich wieder aufrappelst, findest du heraus, was
für ein Mensch du eigentlich bist. Was dich stark macht, und was schwach. Wofür
du kämpfen willst. Wie wichtig die Liebe in deinem Leben ist. Die Hoffnung.
Jede
Stunde, die ich Jolie in meinen Armen halten darf, ist ein kleines Glück. Jeder
Tag mit ihr ist ein Geschenk, das ich für immer festhalten will. Und ich denke:
Nein, heute stirbt sie nicht.
Nick
seufzte.
Nicht
noch mal das alles, bitte nicht! Cassie ein zweites Mal zu verlieren, das würde
ich nicht ertragen!
Neben
ihrem Notebook auf dem Schreibtisch lag ein Stapel Post. Einer der Umschläge
war aufgerissen. Nick warf einen Blick darauf. Cassies Anschrift. Er drehte den
Umschlag um. Die Adresse eines Anwalts in Seattle, Washington.
Aha?
Cassie
stammte aus Seattle. Ihre Eltern hatten bis zu ihrem Tod dort gelebt. Verwirrt
legte Nick den Umschlag zurück auf den Schreibtisch.
Okay,
der Anrufbeantworter blinkte.
Die
Nachricht war von Cassie: »Hi, Nick. Ich bin in der Klinik. Ruf mich an.«
Nick
zog sein Handy aus der Tasche seiner Jeans und drückte die Kurzwahltaste. Es klingelte endlos, aber sie ging
nicht ran. »The person you have called is temporarily not available.« Nick schaltete wieder ab und las die
eingegangenen Nachrichten. Cassie hatte drei Mal versucht, ihn zu erreichen,
während er das NG -Team zur Ausgrabungsstelle brachte.
Na
gut, dann eben später. Sie musste ja bald kommen.
Über
die offene Galerie ging Nick hinauf ins Schlafzimmer. Er stellte die Tüte von
Victoria’s Secret aufs Himmelbett mit den duftigen weißen Vorhängen und streute
einige Blütenblätter über die kühlen Laken. Das Fläschchen Duftöl, das er
vorhin bei Macy’s gekauft hatte und das ganz köstlich nach gebrannten Mandeln
roch, schob er auf Cassies Nachttisch. Eine sanfte Massage würde ihr nachher
sicher gut tun. So, jetzt noch die geschliffenen Windlichter neben das Bett,
dann öffnete er die Schiebetüren zum offenen Sonnendeck mit einem
atemberaubenden Blick auf die Bay.
Cassies
kleines, einmastiges Boot lag neben der Veranda vertäut. Wie oft paddelten
Touristen in ihren Kayaks näher heran, um das hübsche weiße Boot zu betrachten
oder zu fotografieren, um es ihren Freunden zu zeigen! Cassie und er hatten
eine Menge Spaß dabei, mit dem Boot an der Waterfront von Sausalito entlangzusegeln.
Manchmal tranken sie in einem Café mit Blick auf die Golden Gate Bridge und die
Segelschiffe, die unter der Brücke in die Bay einliefen, einen Cappuccino. Oder
sie aßen in einem der Restaurants im Hafen und beobachteten dabei die Pelikane.
Aber diese kostbaren Augenblicke des unbeschwerten Glücks waren selten
geworden.
Nick
sah nach Süden. Hinter den Hügeln von Sausalito war die in der Sonne gleißende
Skyline von San Francisco zu sehen. Die weißen Boote an den Piers, die kleinen
Restaurants an Fisherman’s Wharf, die Transamerica
Weitere Kostenlose Bücher