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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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hättest du dir keinen besseren Propheten aussuchen können?«
    Gott zuckte mit den Achseln. »Was ist denn falsch an Raoul?«
    »Ich denke, wenn du deine Botschaften beispielsweise über einen Wissenschaftler oder einen Präsidenten verbreiten würdest, bekämst du mehr Aufmerksamkeit.«
    »Ich gebe Raoul Tipps, seit er siebzehn ist. Wenn die Menschen nicht auf ihn hören, ist das deren Problem.«
    Das Telefon klingelte, und Gott nahm ab.
    »Ja, drei Uhr ist gut. Aber lass uns heute nur neun spielen. Mein Rücken bringt mich um.«
    Raoul zwinkerte Eliza zu. »Hey, schönes Fräulein«, sagte er.
    Sie wandte sich vom Bildschirm ab.
    »Mach dir keine Sorgen wegen des Tsunamis«, sagte Gott und hielt die Hand über die Sprechmuschel. »Meine Leute kümmern sich drum.«
    Eliza nickte müde und schlurfte über den Teppich.
    Sie war fast schon zur Tür draußen, als ihr etwas Seltsames auffiel. In der Ecke von Gottes Büro lag ein riesiger Berg Papier, ein hochaufgetürmter Stapel, beinahe so groß wie sie. Sie betrachtete den Haufen, und ihr fiel auf, dass die Seiten eine ihr vertraute rote Farbe hatten. Es war ein Stapel mit Gebeten – allesamt solche der Kategorie 7.
    Eliza wurde plötzlich schwindlig. Sie schlüpfte zur Tür hinaus, stieg in den Fahrstuhl und fuhr in den Siebzehnten.
    Als die Türen aufgingen, schrak sie vor dem grellen Neonlicht zurück. Auf dem Stockwerk wimmelte es jetzt von Engeln, die alle in ihre Blackberrys schrien, auf ihren Tastaturen herumhackten und Kaffee aus Thermosbechern tranken.
    Sie ging in ihre Kabine und sah, dass der Bildschirm immer noch blinkte. Das Piepen hatte allerdings aufgehört.
    Jemand hatte den Ton abgedreht.
    »Du bist wegen eines Codes zu Gott gegangen?«
    Craig raufte sich fassungslos die Haare. »Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
    »Ich musste«, sagte Eliza. »Das Ganze war doch meine Schuld.«
    Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. »Ich hab die Strömungen umgeleitet«, sagte sie mit gedämpfter Stimme durch die Finger. »Ich hab alles vermasselt.«
    »Mach dir keine Sorgen!«, meinte Craig. »So was passiert ständig. In meinem ersten Jahr kam ich mit den Windrichtungen nicht klar und hab über ein Dutzend Tornados ausgelöst.«
    Eliza spreizte die Finger ein kleines bisschen und betrachtete Craig durch die Lücken.
    »Ehrlich?«
    Craig nickte entschieden. »Ehrlich.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich konnte nichts machen. Ich hab einfach nur F7 gedrückt.«
    »Konntest du die Tornados dadurch aufhalten?«
    Craig lachte. »Nein«, sagte er. »Aber es hat aufgehört zu piepen.«
    Elizas Hände zitterten.
    »Alles klar?«, fragte Craig.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich habe Jahre damit verbracht, Gebete zu sortieren. Und er hat sie nicht einmal gelesen. Ich meine, ehrlich, was ist das für ein Chef? Wie inkompetent kann man denn sein?«
    Craig reckte den Hals, um sicherzugehen, dass niemand ihren Ausbruch mitbekommen hatte.
    »Pass mal auf«, sagte er. »Ich weiß, dass er häufig nicht so ins Detail geht. Aber du musst dem Mann schon ein bisschen Respekt entgegenbringen. Ich meine, die ganze Firma, das war seine Idee. Ohne ihn wäre keiner von uns hier. Dafür hat er Anerkennung verdient.«
    »Zehn Engel arbeiten Vollzeit an Lynyrd Skynyrd.«
    »Ist ja auch eine tolle Band.« Er hakte ihre Hits auf seiner Handfläche ab. » Free Bird , Sweet Home Alabama , Simple Man – das sind alles echte Kracher. Damit kann jeder was anfangen.«
    Eliza antwortete nicht.
    »Immerhin hat er’s seinem Propheten gesagt«, meinte Craig. »Das ist doch schon was, oder?«
    »Gottes Prophet ist ein nackter Penner! Immer wenn er eine Botschaft überbringt, halten ihn die Menschen für schizophren!«
    »Aber das ist nicht Raouls Schuld. Das kannst du ihm nicht in die Schuhe schieben.«
    Das Blut wich aus Elizas Gesicht. »Mir ist schlecht«, murmelte sie.
    Sie stürzte zur Toilette, und Craig sprang gewandt aus dem Weg. Er hatte gute Laune. Gerade hatte er eine E-Mail aus der Personalabteilung mit der Mitteilung erhalten, dass er’s geschafft hatte und erneut zum Engel des Monats gekürt worden war. Der Preis war diesmal auch ziemlich gut: ein Gutschein für eine mittelgroße Pizza seiner Wahl. Auf der Rückseite des Gutscheins stand einiges an Kleingedrucktem: Die Sorte mit dem dicken Boden kostete extra, er durfte nicht mehr als drei verschiedene Wurst- oder Schinkenbeläge wählen, und das Angebot galt nur fünfzehn Tage. Trotzdem war es ein guter Vorwand, um Eliza zum

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