In Gottes Namen. Amen!
Erzengel wollten ihm weismachen, es bestünde kein Grund zur Sorge, so was sei »zyklisch«, aber wieso sollte er ihnen vertrauen? Das waren doch auch bloß katzbuckelnde Jasager.
Er wusste, dass es ungesund war, aber manchmal gab er seinen eigenen Namen in den Computer ein, wollte wissen, was die Leute über ihn sagten. Seinem Selbstwertgefühl tat das gar nicht gut, aber er konnte es einfach nicht lassen. Das war, als müsste man aufhören, an einer verschorften Wunde zu kratzen; man kam immer nur kurz dagegen an. Früher oder später musste man einfach sehen, was sich darunter befand.
Er schaltete seinen Computer ein, nahm einen Schluck Bier und gab seinen Namen in das Suchfeld ein: G … O … T … T.
Innerhalb von Sekunden wurde ein Gespräch in einem verdreckten College-Wohnheim eingeblendet.
»Wenn es Gott gibt«, sagte ein Mädchen, »und er da oben sitzt und sich alles von einer Wolke aus ansieht, dann ist er ein Arschloch.«
Ein Junge nickte und gab ihr etwas Marihuana, als wäre ihre Bemerkung so schlau gewesen, dass sie eine Belohnung verdient hatte.
Gott zuckte zusammen, als die beiden lachten und anschließend unverschämterweise miteinander herumknutschten. Er wusste, dass sie jung und unreif waren und er auf ihre Meinung nichts geben sollte. Aber er war trotzdem verletzt. Ein Arschloch? Wie konnte man so etwas über jemanden sagen, dem man noch nie begegnet war? Der Junge hatte Herpes, und Gott überlegte, ob er das Mädchen zur Strafe damit anstecken sollte. Aber er wollte nicht, dass die Menschen litten. Er wollte, dass sie ihn mochten.
Gott machte einen Doppelklick mit der Maus und schloss das Fenster. Er würde heute nicht mehr weiter suchen, das schwor er sich. Nicht nach dem, was er hier gesehen hatte.
In Berlin sagte jemand seinen Namen, immer und immer wieder, und er wurde immer lauter dabei. Aufgeregt klickte er den Link an – vielleicht war’s einer dieser Seifenkistenprediger, der seinen Namen vor einer riesigen Menschenmenge pries.
Gott beugte sich vor, ein erwartungsfrohes Lächeln im Gesicht. Aber sein Grinsen verging ihm, als sich das Fenster öffnete: Es war nur ein Geschäftsmann, der in eine Pfütze getreten war und seinen Namen missbräulich rief.
»Oh Gott, verfluchte Kacke«, nuschelte der Mann und schüttelte seinen Fuß wütend über der Pfütze. »So ein Mist!«
Gott warf entnervt die Hände in die Luft. Warum war der Typ so sauer auf ihn? Er hatte die Pfütze schließlich nicht dort platziert; Pfützen entstanden eben, wenn es regnete. Ehrlich, was sollte er da machen? Er konnte nur sagen ›kein Regen mehr‹, aber das würde den Menschen wahrscheinlich nur noch mehr Probleme bereiten und sie damit noch wütender machen. Er schaltete den Computer aus. Die Erde frustrierte ihn genauso wie sein Zauberwürfel. Es war unmöglich, irgendwas in Ordnung zu bringen, ohne etwas anderes zu verschlimmern. Er griff nach seinem Bier und merkte einigermaßen überrascht, dass es leer war. Er öffnete eine weitere Dose, nahm einen Riesenschluck und vergaß diesmal sogar das Glas.
Gott wusste, dass Kritik zu seinem Job dazugehörte. Ein so erfolgreiches Projekt wie die Welt konnte man nicht realisieren, ohne sich Feinde zu machen. Aber in letzter Zeit war alles ein bisschen aus dem Ruder gelaufen. Jüngst hatte ein Mensch, ein gewisser Richard Soundso, ein ganzes Buch darüber geschrieben, dass er nicht existierte. Zunächst hatte Gott das nichts ausgemacht; der Typ war bloß irgendein aufgeblasener Professor aus Oxford, der sich wichtigmachen wollte. Doch dann wurde das Buch international zum Bestseller. Immer wenn er den Fernseher einschaltete, saß der Kerl in irgendeiner Talkshow und schwang Reden – jedenfalls kam es ihm so vor. Gott hatte versucht, das Buch zu lesen, doch es hatte ihn gefühlsmäßig dermaßen verletzt, dass er nach nur wenigen Seiten wieder aufhören musste. Im Klappentext wurde der Autor als »streitbarer Intellektueller« bezeichnet, aber in Wirklichkeit war er einfach nur gemein. Gott dachte darüber nach, ihn umzubringen oder ihm das Gesicht zu verbrennen, doch er wollte keinen allzu großen Wirbel verursachen.
Gott wusste, dass seine Fixierung auf die Menschen bescheuert war. Als er das Universum konstruierte, hatte er ursprünglich gar nicht vorgehabt, es zu bevölkern. Die Erde hatte er nur aus einem einzigen Grund erschaffen: um Xenon herzustellen. Das war ein extrem wertvolles Element – selten, sauber, leistungsstark –, und in der
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