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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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Erdatmosphäre entstand das Zeug tonnenweise automatisch. Die Abteilung für Xenon war die wichtigste in Gottes Firma; sie belegte vierundsiebzig der zweiundachtzig Stockwerke des Firmenhauptsitzes. Doch Gott wurde dieser Aspekt des Unternehmens schon bald langweilig. Die Einnahmen waren so beständig, dass es Zeitverschwendung war, auch nur die Zahlen zu überprüfen. Eines Tages ließ er seine Mitarbeiter also, rein aus Lust und Laune, die Menschheit erfinden. Die Menschen hatten keinerlei Auswirkung auf die Gewinnung des Edelgases und deshalb eigentlich auch keine Funktion. Aber Gott beschäftigte sich plötzlich nahezu ausschließlich mit den winzigen Kreaturen. Sehr zum Unbehagen seiner Abteilungsleiter beanspruchten sie schon bald fast seine gesamte Zeit. Er fing an, sich für ihre Sportarten und ihre Kriege zu interessieren, ihre Songs und ihre Entdeckungen; vor allem aber wollte er wissen, was sie von ihm hielten. Er richtete ganze Abteilungen ein, die sich um den Erhalt des Planeten und die Verbesserung der menschlichen Lebenssituation kümmerten. Er stellte ehemalige Menschen als Engel ein, löschte ihre Erinnerungen und verlieh ihnen neue Identitäten, damit sie sich darauf konzentrieren konnten, der Menschheit zu helfen. Irgendetwas hatten diese Menschen, das Gott an sich selbst erinnerte.
    Sehnsüchtig dachte Gott an die Vergangenheit. Am Anfang hatte er es den Menschen so leicht recht machen können. Er schenkte ihnen ein bisschen Obst und ein bisschen Licht, und schon stimmten sie Lobeshymnen auf ihn an. Die Lebenserwartung betrug dreißig Jahre, und alle fanden’s cool. Wurde man kahl, schimpfte man nicht auf Gott, sondern veranstaltete ein Festmahl zum Dank dafür, dass man schon so lange hatte leben dürfen.
    Heutzutage bedankte sich niemand mehr. Gott hatte Spaß an allen Kirchen, besonders an den durchgeknallten im Süden. Aber seit 5.127 Jahren hatte ihm niemand mehr ein anständiges rituelles Blutopfer dargebracht. Er hatte sich nie darüber beschwert, weil er einfach nicht so sein wollte. Aber natürlich gehörte dies zu den Dingen, die ihm nachts den Schlaf raubten. Er fragte sich, ob seine besten Tage bereits hinter ihm lagen; er fragte sich, ob es vielleicht an der Zeit war, sich zur Ruhe zu setzen.
    Er nahm seinen Zauberwürfel und drehte ihn ein paarmal in der Hand. Wahrscheinlich ließ sich das alles in Ordnung bringen, die Welt wieder aufs rechte Gleis lenken. Aber er war zu erschöpft, um sich zu überlegen wie. Er betrachtete den Würfel mit seinen unsortierten blauen und grünen Quadraten. Und warf ihn mit einem Schulterzucken in den Abfalleimer.
    »Tut mir leid«, sagte Vince zu Gott. »Ich hab ihr gesagt, dass du zu tun hast.«
    Gott legte seine Golfschläger beiseite. Das seltsame müde Mädchen, das seinen Tabasco vergessen hatte, war wieder da.
    »Du gehst jetzt einfach Golf spielen«, sagte Eliza mit vor Erschöpfung heiserer Stimme. »Du lässt hier im Büro alles stehen und liegen und fährst raus auf den Platz.«
    Gott nickte verwirrt. »Willst du … willst du mitkommen?«
    »Und die Gebete? Ich habe sie sortiert. Es hat mich Jahre gekostet, Kategorie 7 auszusortieren, und wahrscheinlich hast du nicht mal einen Blick draufgeworfen.«
    Gott legte die Stirn in Falten und gab sich die größte Mühe zu verbergen, dass er keine Ahnung hatte, was »Kategorie 7« sein sollte.
    »Oh!«, sagte er schließlich. »Dann bist du diejenige, die die ganzen Gebete sortiert hat?«
    Eliza nickte.
    »Wenn das so ist, dann habe ich eine Frage. Wie kommt es, dass niemand mehr für Field-Goals betet? Die hab ich früher so gerne bearbeitet. ›Bitte, mach ihn rein!‹, oder ›Bitte, lass ihn danebengehen!‹« Er schmunzelte.
    Eliza holte tief Luft und sah ihrem Chef in die Augen.
    »Hör mal«, sagte sie. »Ich weiß, dass es schwer ist, die Erde zu regieren. Aber wenn du nicht mal versuchst, was in Ordnung zu bringen, wenn du so gar kein echtes Engagement zeigst, wozu bist du dann überhaupt hier? Wozu kommst du überhaupt noch zur Arbeit? Warum lässt du’s nicht einfach bleiben?«
    Im Raum war es so still, dass sich Eliza selbst atmen hörte. Vince funkelte sie böse von oben herab an, seine Nüstern blähten sich auf vor Verachtung. Eliza fragte sich, ob sie zu weit gegangen war. Sie blickte zu Gott hinauf und machte sich auf eine Schimpftirade gefasst. Doch der alte Mann lächelte nur und nickte.
    »Weißt du was?«, sagte er. »So was Ähnliches hab ich mir in letzter Zeit auch

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