In grellem Licht
Sie wissen,
daß wir nicht mit Neugeborenen handeln?«
»Ich weiß. Und ich… wir… könnten uns das
ohnehin nicht leisten. Aber ich kenne jemanden, der… Ich glaube,
ich könnte auch einen Ersatz für ein Kind
liebhaben.«
»Ein Haustier?«
»Wenn es wie ein Mensch aussieht… Zum Beispiel… ein
Schimpanse mit einem Menschengesicht. Den könnte ich
liebhaben.«
So – jetzt habe ich meine Karten auf den Tisch gelegt. Sie
sagt: »Und woher wissen Sie, daß wir so etwas beschaffen
können?«
»Von derselben Person, die sie mir empfohlen hat.«
Jogerst fährt fort mich zu studieren. Ich sehe genau, in
welchem Moment sie zu einer Entscheidung gelangt. »Ich verstehe.
Mrs. Clementi, manchmal existiert eine große Kluft zwischen
unseren Vorstellungen, und dem, was dann tatsächlich geboten
wird. Bevor wir beide uns weiter unterhalten, möchte ich,
daß Sie eines unserer Kleinen zu Gesicht bekommen. Wenn es
Ihnen nichts ausmacht, Ihre Mahlzeit ein wenig aufzuschieben, kann
ich Ihnen jetzt ein ganz entzückendes Kleines zeigen.«
»Hier?«
Sie lächelt. »Natürlich auf dem Parkplatz. In
meinem Lieferwagen.«
Ich sehe begierig drein, was nicht schwer ist, weil ich es bin.
Sie existieren also! Sie sind Realität! Und wenn ich eines davon
Nick bringen kann, und er nimmt es zu diesem verdammten Beirat des
Kongresses mit, um zu beweisen, daß ich nicht gelogen
habe… Armee der Vereinigten Staaten, ich komme! Waffentraining.
Und vielleicht eines Tages Unteroffizier…
Jogerst sagt etwas zum Oberkellner und führt mich zur
Hintertür hinaus. Ihr Lieferwagen mit den stark abgedunkelten
Scheiben ist so geparkt, daß die Hecktüren sich in eine
Ecke öffnen, die von zwei hohen Zäunen gebildet wird. Wir
quetschen uns hinter den Wagen, und sie sperrt auf. Plötzlich
frage ich mich, ob dieser Schimpanse Atulis Gesicht haben wird. Aber
das wäre wohl ein allzu großer Zufall; bei einer so
raffiniert angelegten Unternehmung muß es wohl eine gewisse
Auswahl an Schimpansenbabies geben…
Ein Mann beugt sich aus dem Heck des offenen Wagens und packt
mich.
Ich habe nicht einmal Zeit zu schreien. Seine Hand preßt
sich auf meinen Mund, augenblicklich gefolgt von Klebeband. Dann legt
er mir Handschellen und Fußfesseln an. Jogerst klettert hinter
mir in den Wagen und schlägt die Tür zu. Der unsichtbare
Fahrer setzt den Wagen in Bewegung.
»Und jetzt werden wir reden«, sagt Jogerst. »So
oder so.« Ich versuche, nach ihr zu treten, aber die Fesseln
sind an einer Seite des Wagens befestigt, und die Kette reicht nicht
so weit.
Sie lacht und fixiert mich. »Sie sind gar nicht schlecht, das
gestehe ich Ihnen zu. Laurie Clementis Identitätsnummer, ihre
medizinischen Probleme, Ihre Lebensgeschichte. Wenn Billy McCullough
nicht gewesen wäre, hätte ich Ihnen die ganze Sache sogar
abgekauft.«
Billy McCullough? Wer soll das sein? Ich ducke mich, als der Mann
meinen Netzhautscan nehmen will, aber er versucht es wieder und
bekommt ihn auch, weil er mir den Scanner so hart gegen das Auge
rammt, daß ich sicher ein Veilchen kriege.
Jogerst sagt: »Ich sehe, Ihnen ist nicht bekannt, daß
Doktor Clementi uns bereits über McCullough wegen eines Kleinen
für Laurie kontaktiert hat. Und dabei hat er Laurie Clementi
beschrieben: >gemischte Familie, ein bißchen
südamerikanisch, ein bißchen französisch, ein
bißchen schwarze Haut dabei. Dunkles Haar, hellbraune Haut,
braune Augen mit goldenen Tüpfelchen darin… < Das sind
ganz sicher nicht Sie!«
Und auch nicht Laurie, zum Geier! Aber das kann ich durch das
Klebeband auf meinem Mund nicht sagen.
Überrascht blickt der Mann von seinem tragbaren Terminal auf.
»Hmm. Sie ist kein Bulle.«
Jogerst runzelt die Stirn. »Was meinst du, kein
Bulle?«
»Sie ist nicht in unseren Polizeidateien.«
»Dann schick den Scan an Duffy und sag ihm, er soll den
Erkennungsdienst durchsehen! Vielleicht findet er sie dort!«
»Okay.« Er geht wieder an sein Terminal und murmelt ihm
etwas zu. Jogerst wendet mir den Rücken zu. Und ich sitze
gefesselt da und versuche zu denken. Aber ich habe zuviel Angst. Man
hat mir den Netzhautscan abgenommen, als ich nach dem Angriff auf
Atuli im International Center festgenommen wurde. Ich bin in den
Dateien. Und wenn Jogerst illegalen Zugriff auf den Zentralen
Erkennungsdienst hat, wird sie herausfinden, wer ich bin. Sie
würden mich umbringen, auch wenn ich ein Bulle wäre –
sonst hätte Jogerst nicht McCullough vor mir erwähnt
–, aber ich bin nicht
Weitere Kostenlose Bücher