In grellem Licht
ihrem gegenwärtigen Stab von
Mitarbeitern unmöglich selbst alle notwendigen
Arzneimittelprüfungen durchführen. Das geht einfach nicht.
Also geben wir eine Menge von Vorarbeiten an Privatlabors weiter.
Doch in dem Moment, in dem das Pharmaunternehmen einen offiziellen
Antrag auf Erteilung der Zulassung stellt, nehmen wir die Sache
selbst in die Hand. Und auch schon bevor es soweit ist, lassen wir
uns über den Fortgang der Erstprüfung auf dem laufenden
halten.«
Van hielt inne. Ich war versucht anzunehmen, daß die Pause
nur des Effekts wegen eingeschoben wurde, aber etwas an seiner
Haltung, wie er sich so über mein Bett beugte… Mein Herz
begann ein langsames, rhythmisches Pochen.
»Die Privatlabors, die die Arzneimittelprüfungen
für uns durchführen, erledigen auch Kontrolltests für
eine Menge überseeischer Pharmafirmen. Und so erfahren sie
manchmal noch vor uns von einer ausländischen Entwicklung. Und
genau das ist jetzt eingetroffen. LeGrand-Wu in Paris hat soeben um
die Zulassungsprüfung für ein neues Medikament angesucht.
Es basiert auf veränderter DNA, natürlich, in Frankreich
gibt es ja nicht die gleichen Beschränkungen bei Eingriffen in
die Keimbahn wie bei uns. Die Arznei beeinträchtigt die
Reproduktionsfähigkeit gewisser Funguszellen. Eine der
Pilzerkrankungen, bei denen sie wirksam ist, ist die
Mukor-Mykose.«
»O mein Gott!« flüsterte Maggie. Ihre Hand krampfte
sich so fest um die meine, daß ihr Ring mich in die Finger
schnitt.
»In klinischen Tests hundertprozentig wirksam!« fuhr Van triumphierend fort. »Aber es gilt keine Zeit zu
verlieren. Ich könnte beim Außenministerium eine
Einfuhrgenehmigung aus humanitären Gründen erwirken, Nick,
aber ob du es glaubst oder nicht, es geht rascher, wenn wir dich zum
Medikament bringen, als über viele verschiedene Kanäle das
Medikament zu dir zu holen. Außerdem bist du dann dort, wo die
Leute sitzen, die mit der Nachbehandlung Erfahrung haben.«
»In Frankreich?« sagte Maggie. »Aber schau
ihn doch an, Van, er kann nicht reisen…«
»O doch, er kann. Ich habe mir erlaubt, für einen
Ambulanzhubschrauber zu sorgen, der ihn zum Flughafen Dulles bringt.
Und ab dort für einen Militärtransport. Der Hubschrauber
sollte in ein paar Minuten hier sein. Du fliegst natürlich mit,
Maggie. In Paris wird…«
»Moment mal!« sagte ich.
Ich fühlte, wie sie mich beide ansahen.
»Du meinst… du meinst…« Und dann spürte
ich zu meinem Entsetzen, wie sich mir die Kehle abschnürte und
Tränen über die dünne empfindliche Haut unter meinen
Augen liefen.
Ich würde nicht sterben.
»O Nick, nein…! Ich meine, tu’s nur, tu’s nur,
es ist so wunderbar!« weinte Maggie. Und Van strahlte – das
sah ich durch meine Halbblindheit hindurch, sogar durch meine
Tränen –, er strahlte wie ein Mann, der soeben die Welt
gerettet hat. Was er in gewisser Weise auch getan hatte.
Ich würde nicht sterben.
»Wartet mal!« sagte ich, mit so belegter Stimme,
daß mich diesmal keiner verstand, einschließlich mir
selbst. Warten? Worauf? Ich bekam gerade eine Gnadenfrist, eine
zweite Chance!
Draußen vor dem Fenster ertönte der Motorenlärm
eines Hubschraubers. »Wartet mal…!«
»Wir können nicht warten«, donnerte Van Grant.
»Wir müssen dein Leben retten, mein Junge! Herr im Himmel,
es gibt Tage, da gefällt mir mein Job wirklich. Aber du
weißt natürlich, Nick, wir können keine Nerven
regenerieren, also dein Augenlicht bekommst du nicht wieder, aber
jeder andere Schaden kann jetzt gestoppt werden, auf der
Stelle.«
Er war so voller Siegesfreude wie ein Kind, das ein Baseballmatch
gewonnen hatte; er tat geradezu Luftsprünge. Und Maggie weinte
und umarmte mich. Sanitäter kamen ins Zimmer und betteten mich
um auf eine Trage, wobei sie die umsichtigen Anweisungen gaben, die
sie schon tausendmal zuvor ausgesprochen hatten: »Bleiben Sie
ganz ruhig, Sir, wir heben Sie jetzt hoch, dauert nur eine
Sekunde… so, geschafft, Sir…« Aber mein Hirn war schon
die ganze Zeit wie betäubt und unfähig, irgend etwas
aufzunehmen.
Ich würde nicht sterben.
»Vorsicht beim Tragen!« rief Maggie. »Geben Sie auf
den Türstock acht…!«
Worauf ich nicht vorbereitet war, das war das Weiterleben.
»Ich bleibe mit euch in dauernder Verbindung«,
hörte ich Van irgendwo hinter mir sagen, als man mich flott
über den Korridor zum Lift trug. Die Lifttür schloß
sich.
»Die Mühle steht auf dem Dach, Sir«, sagte ein
Sanitäter. »Wir fahren jetzt
Weitere Kostenlose Bücher