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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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umgebracht habe.«
    »Ich habe Sie in der Nacht gesehen, als Sie in seine Wohnung gegangen sind und als Sie wieder rausgekommen sind. Und ich hab das Poltern gehört, als er gefallen ist.«
    »Sie sagen, dass seine Tür offen war«, sagte Cara. »Aber ich hab sie doch zugemacht, als ich weg bin.«
    »Sie war nur angelehnt«, sagte Ula. »Sie waren so bemüht, nichts zu berühren. Da haben Sie sie nicht richtig zugezogen.«
    »Sie haben mich doch sofort erkannt, als Sie mich ein paar Tage später wiedergesehen haben. Warum haben Sie da nichts gesagt?«
     Ula ließ ihre Hände von ihren Knien gleiten. Sie zuckte mit den Schultern. »Es gab einen Grund dafür, warum Sie das Ganze vergessen hatten. Ich wollte Ihnen Zeit lassen. Ich wollte, dass Sie selbst die Wahrheit herausfinden.«
    »Schönen Dank auch.« Cara dachte an all die Irrwege, die sie in den letzten Tagen zurückgelegt hatte. Die Sackgassen, in denen sie gelandet war. Ihr Verdacht gegen Viola, Julia, May. Frau Ehlers, Herr Seidelmann, seine schwangere Frau. All das hätte sie sich ersparen können. All das hätte Ula ihr ersparen können.
    »Haben Sie eigentlich auch mal an meine Schwester gedacht?«, fragte sie wütend. »Helena ist unschuldig. Sie saß im Gefängnis, weil Sie mir Zeit geben wollten, mich selbst zu erinnern.«
    Ula sah sie wieder an, aber jetzt glänzten ihre Augen nicht mehr, sondern waren dunkel und hart. »Es war gut für Ihre Schwester.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Jede Entscheidung ist ein Risiko. Ich musste zwischen Ihnen und Ihrer Schwester abwägen. Sie sind mir näher, also habe ich mich für Sie entschieden.«
    »Warum haben Sie nicht einfach die Wahrheit gesagt?«
    »Die Wahrheit«, sagte Ula, »ist niemals einfach.«
    »Und was wäre gewesen, wenn meine Erinnerung nie mehr zurückgekommen wäre? Hätten Sie mich dann einfach so davonkommen lassen? Oder hätten Sie irgendwann einmal ausgepackt?«
    »Ich war mir sicher, dass Sie sich erinnern.«
    »Ich verstehe Sie einfach nicht«, sagte Cara. »Warum haben Sie mich gedeckt? Finden Sie es etwa gut, dass ich Tom umgebracht habe?«
    Ula drehte nachdenklich an dem Ring an ihrem Finger. Er hatte die Form einer Schlange, die sich selbst in den Schwanz biss. »Ich mag Ihre Schwester nicht. Man kann sogar sagen, dass ich sie verabscheue. Ich bin Hindu, ich weiß, dass Hass schlecht für mein Karma ist. Aber man kann es sich nicht aussuchen.«
    »Was kann man sich nicht aussuchen? Wovon sprechen Sie?«
    »Seine Gefühle kann man sich nicht aussuchen. Sie kommen über einen. Man kann nur lernen, sie zu beherrschen.«
    Ich habe mich nicht beherrscht, dachte Cara.
    »Und warum verabscheuen Sie Helena? Sie hat Ihnen doch nichts getan.«
    »Das ist etwas in ihrer Art. Wie sie mich immer angesehen hat. So verächtlich, so abschätzig. Sie hat ihn nicht umgebracht, dennoch ist sie schuldig.«
    Cara dachte an den Blick, den Helena ihr zugeworfen hatte, bevor sie weggefahren war. Und fragte sich, ob Ula auch das wusste.
    »Aber Sie sind unschuldig«, sagte Ula. »Deshalb habe ich geschwiegen.«
    »Was reden Sie denn da?«, rief Cara aufgebracht. »Unschuldig. Schuldig. Sie haben doch keine Ahnung.«
    Ula wiegte den Kopf hin und her, dann lächelte sie versonnen. »Sie irren sich«, sagte sie leise. »Ich kenne Sie, Cara. Sehr gut sogar. Ich kann in Ihr Innerstes sehen. Ich weiß genau, was in Ihnen vorgeht. Ich bin wie Sie. Sie sind wie ich.«
    Sie sind wie ich, sagte Ula und hatte recht damit, erkannte Cara. Ula war wie Cara. So verschroben, so verrückt, so fürchterlich allein. Und genau wie Ula würde auch Cara enden. Sie würde einsam in irgendeiner Wohnung, irgendeinem Zimmer hocken und dummes Zeug brabbeln.
    »Nein«, sagte Vitali und stand auf. Er ließ sich hinter Cara in die Hocke sinken, schlang die Arme um ihren Körper und zog sie an sich. »Cara ist nicht wie Sie. Cara ist wie Cara. Ganz und gar.«

 
    ende
     
    ich schlage das letzte blatt in meinem buch auf
    weiß
    weiß nicht
    wie es für mich ausgehen wird

23
    Vitali war so ruhig. Als ob das alles ganz normal für ihn wäre. Dass er sich in eine Frau verliebt hatte, die einen Mord beging und dann die Tat verdrängte.
    »Wie geht es jetzt weiter?«, fragte er Ula. »Werden Sie Cara anzeigen?«
    »Ich?«, fragte Ula. »Nein. Ich glaube nicht an die Polizei. Davon, dass man Cara einsperrt, wird Tom auch nicht wieder lebendig.« Sie drehte noch einmal an ihrem Schlangenring. Dann stand sie auf. »Es wäre natürlich

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