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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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mich, was in deinem Kopf so vorgeht«, sagte sie, als Tom aus dem Schlafzimmer kam. Er trug nun Jeans und ein weißes T-Shirt.
    »Was?«, fragte er und griff nach seinen Autoschlüsseln, die auf dem kleinen Tisch neben dem Sofa lagen.
    »Was gibt dir das Recht, dir alles einfach zu nehmen? Nur weil dir gerade danach ist.«
    »Wovon redest du eigentlich ?«
    Tom seufzte. »Komm, Cara. Das hat alles keinen Sinn. Du bist total dicht, das seh ich doch.«
    »Ich bin überhaupt nicht dicht«, sagte Cara. »Ich war noch nie so klar wie jetzt.«
    »Dann erklär mir doch mal kurz und knapp, was du von mir willst.«
    »Ich will dich umbringen«, sagte Cara.
    Er sah sie ungläubig an. Ein bisschen erschrocken. Jedenfalls einen Moment lang. Aber dann fasste er sich. Und begann zu lachen.
    Sie lachte ebenfalls. Und trat vor ihn, immer noch lachend und hob die linke Hand, als wollte sie ihn damit schlagen. Er griff zu und hielt sie fest, da stach sie mit der Rechten zu.
    Nicht auf das Herz, das Herz war viel zu schwer zu treffen.
    Sie stach ihm die Haarnadel in sein linkes Auge.
    Es war so einfach. Es ging so leicht.
    Er schrie auf und sackte in sich zusammen. Sie griff nach hinten, packte eine der Hanteln und schwang sie hoch und ließ sie nach unten sausen. Auf seine Stirn. Da kippte er nach vorn und der zweite Schlag traf ihn auf den Hinterkopf.
    Nun ließ sie die Hantel sinken und ging neben ihm in die Knie. Vorsichtig, weil er so blutete. Aus seinem Auge, aus seiner Schläfe, aus dem Mund. Schwarzes warmes Blut. Sie durfte es nicht berühren, sie wollte sich nicht beschmutzen. Er röchelte und stöhnte.
    »Cara«, stöhnte er, vielleicht rief er auch nach Helena. Aber das Blut, das aus seinem Mund quoll, erstickte die Worte, erstickte das Stöhnen. Seine Augen starrten sie an und sahen sie nicht mehr. Sie suchte seinen Puls am Hals und am Handgelenk. Und fand ihn nicht. Und wusste, dass er tot war.
    Sie ging ins Badezimmer, holte eine Lage Toilettenpapier und wischte zuerst die Haarnadel und dann den Griff der Hantel ab. Und polierte auch die Türklinke und die Zarge, an die sich angelehnt hatte. Sonst hatte sie nichts berührt. Sie warf das Papier ins Klo und spülte ab. Als sie sich die Hände wusch, fiel ihr Blick auf die beiden Zahnbürsten in dem Glas vor dem Spiegel. Eine blau, eine hellgrün, das war Helenas Lieblingsfarbe.
    Das Würgen in ihrem Hals. Nicht jetzt, dachte Cara.
    Ich war noch nie so klar wie jetzt.
    Sie trocknete ihre Hände ab und verließ die Wohnung. Die Tür öffnete sie mit dem Ellenbogen. Unten wischte sie auch den Klingelknopf ab. Dann ging sie in die Seitenstraße zu ihrem Fahrrad. Auf dem Nachhauseweg hielt sie zweimal an, um sich zu übergeben.
    Zu Hause ging sie ins Bad, putzte sich die Zähne, wusch ihr Gesicht. Untersuchte noch einmal ihre Kleidung auf Blutspuren. Sie fand nichts und warf dennoch alles in die Waschmaschine und ließ sie laufen. Auf dem Weg zu ihrem Zimmer blieb sie vor Helenas Tür stehen und wollte sie öffnen, um nach ihrer Schwester zu schauen. Im letzten Moment zog sie die Hand wieder zurück.
    Sie war überzeugt, dass sie die ganze Nacht wach liegen würde, aber sobald ihr Kopf auf dem Kissen lag, schlief sie ein. Und schlief tief und ruhig, bis die Träume begannen.
    »Ich«, sagte Cara. Und wollte noch etwas hinzufügen, aber sie brachte keinen Ton heraus. Es war auch nicht nötig. Ula und Vitali wussten es ja schon. Wussten es länger als sie selbst.
    Ula Engel betrachtete sie. Ihre Augen glänzten voller Mitleid oder Neugierde oder Verachtung, Cara konnte den Blick nicht deuten. Sie drehte den Kopf und sah Vitali, der sie unsicher anlächelte.
    Sie schloss die Augen. Sie war eine Mörderin. Sie hatte Tom erschlagen.
    Nicht im Affekt und nicht aus Wut, sondern aus kaltem Hass.
    Sie war mit der Haarnadel in der Tasche in seine Wohnung gegangen und hatte genau gewusst, was sie tat. Hatte ihn erstochen und erschlagen und hinterher alles abgewischt und ihre Spuren beseitigt, weil sie überzeugt gewesen war, dass Helena das wollte.
    Und dann hatte man Helena verdächtigt.
    Zurückgehen und alles anders machen, dachte sie, wenn das nur ginge.
    Wie weit willst du denn zurückgehen, fragte eine spöttische Stimme in ihrem Kopf. Ein paar Wochen oder Monate oder Jahre? In deinem Leben ist doch von Anfang an alles schiefgelaufen.
    Sie machte die Augen wieder auf. Ula sah sie immer noch an.
    »Sie haben es gewusst«, sagte Cara. »Sie haben die ganze Zeit gewusst, dass ich ihn

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