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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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zu, als sie in die Wohnung trat.
    Er erwartete sie auf dem Sofa, nur mit einem dunkelblauen Bademantel bekleidet, darunter sah man seine braun gebrannte, muskulöse Brust. Helena Schenker hatte Helena ihm mit Lippenstift auf die Haut geschrieben, es war erst ein paar Stunden her, obwohl es Cara wie Jahre vorkam. Aber inzwischen hatte Tom den Lippenstift abgewischt.
    »Cara?« Als er sie erkannte, riss er irritiert die Augen auf. »Was willst du denn hier?«
    »Dich besuchen.« Sie blickte sich um. Eine Junggesellenwohnung. Ein schwarzes Ledersofa, das gegenüber einem großen Flachbildfernseher platziert war. Eine Stereoanlage mit großen Boxen. Ein schmales Bücherregal. Ein Schrank. Stapel von Zeitungen und Zeitschriften. Neben der Tür zwei Hanteln aus Metall. Das war die gesamte Einrichtung. »Ich habe heute Nacht viele interessante Dinge über dich erfahren.«
    »Was soll das denn, Cara?« Sein Blick glitt an ihr vorbei, zur Wohnungstür. Vielleicht hoffte er, dass Helena hinter ihr auftauchte. Dass alles nur ein Scherz war.
    Cara betrat den Raum nicht, sondern blieb in der Tür stehen. Lehnte sich mit der Schulter an die Zarge, weil ihr plötzlich schwindlig war. Weil sie spürte, wie ihr Zweifel kamen. Was wollte sie hier, was wollte sie von Tom?
    Sie schloss die Augen und hörte Helenas Stimme. Wenn sie dich in den Dreck ziehen, dann ziehen sie mich mit. Und sah ihr Lächeln. Du und ich, Cara. Ich und du, Helena, dachte Cara. Du kannst dich auf mich verlassen.
    »Was redest du denn da?«, fragte Tom und jetzt erst wurde ihr bewusst, dass sie den Gedanken laut ausgesprochen hatte.
    »Bist du betrunken, Cara?« Er lachte nervös und stand auf. Sein Bademantel klaffte auf, er raffte ihn im letzten Moment zusammen. »Weißt du was? Ich zieh mir rasch was an und fahr dich nach Hause.«
    Er verschwand im Nebenraum. In dem kurzen Moment, in dem sich die Tür öffnete und wieder schloss, sah sie einen breiten Futon mit seidig glänzender Bettwäsche. Auf dem Fensterbrett brannten drei Kerzen in einem Leuchter. Cara hatte plötzlich ein Würgen im Hals. Sie schloss die Augen und drängte die Übelkeit mit aller Macht zurück. Und hörte auf einmal die Stimme ihres Vaters. Er sagte: Geh raus, Cara. Du hast hier nichts verloren.
    Sie war acht oder neun Jahre alt gewesen und früher von der Schule nach Hause gekommen. Der Haustürschlüssel lag immer unter einem Stein im Vorgarten, weil ihre Mutter sich so oft ausschloss. Cara hätte eigentlich bis um halb vier in der Betreuung bleiben sollen, aber sie hatte keine Lust auf den Lärm und die anderen Kinder, sie wollte nach Hause. Weil da alles ruhig war. Dachte sie. Und als sie die Tür aufschloss und ins Haus ging, war auch alles ruhig. Aber auf der Treppe nach oben hörte sie ein Geräusch. Ein Seufzen, ein Jammern. Dann eine Männerstimme. Leise und zärtlich. Die Stimmen kamen aus dem Schlafzimmer. Cara blieb zögernd stehen. Sie wusste, dass sie am besten kehrtgemacht hätte, raus aus dem Haus und zurück zur Schule. Und ging trotzdem weiter, bis sie vor der Schlafzimmertür stand. Und sah ihre Hand, wie sie sich auf die Türklinke legte, und wie sie sie nach unten drückte und dann war die Tür auf. Das Jammern, das Seufzen wurde jetzt lauter, es war eine Frau, die jammerte, aber Cara konnte sie nicht sehen. Sie starrte auf den Rücken ihres Vaters, der sich auf und ab bewegte, als ob er Liegestützen machte. Er keuchte auch genauso. Cara starrte ihn an und wollte weg und konnte nicht weg, weil ihre Füße auf der Türschwelle festgeklebt waren, weil ihr Körper eingerostet war, nicht einmal die Augen konnte sie schließen.
    »Da ist jemand, Volker«, hörte sie die Frau sagen. Blondes Haar, ein rundes Gesicht. Leuchtend roter Lippenstift, verschmiert.
    Und dann ihr Vater, der sich zu ihr umdrehte.
    »Geh raus, Cara! Du hast hier nichts verloren.«
    Nun endlich löste sich die Starre, sie drehte sich um und ging in ihr Zimmer. Machte die Tür hinter sich zu. Kauerte sich auf ihr Bett und lauschte angsterfüllt nach draußen und hörte Geraschel, Flüstern, Wispern, leise Vorwürfe, schnelle Schritte, ein Getrappel auf der Treppe und schließlich die Haustür. Und dann nichts mehr.
    Ihr Vater hatte die Sache danach nie mehr erwähnt. Auch Cara hatte nie darüber gesprochen. Nicht einmal Helena hatte sie davon erzählt. Geschweige denn ihrer Mutter.
    Aber jetzt war sie kein Kind mehr, sondern erwachsen. Jetzt ließ sie sich nicht einfach so wegschicken.
    »Ich frage

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