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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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nichts«, sagte Ula, ohne die Augen zu öffnen.
    »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Was geschehen ist, ist geschehen. Er wird wiedergeboren werden. Wir können ihn nicht mehr zurückholen.«
    Wiedergeboren. Vielleicht war die Frau doch nicht verrückt. Vielleicht spielte sie nur Theater. Um sich wichtigzumachen. Oder weil sie etwas verbergen wollte.
    »Ich werde herausfinden, was geschehen ist«, sagte Cara scharf und stand auf. »Meine Schwester wird nicht für ein Verbrechen ins Gefängnis gehen, das sie nicht begangen hat.«
    Ula schlug die Augen auf, erhob sich in einer einzigen weichen, fließenden Bewegung und stand plötzlich vor Cara, die unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Der schwere Duft der Räucherstäbchen und das blumige Parfüm, das Ula ausströmte, stiegen ihr zu Kopf und machten sie schwindlig. Ich muss hier raus, dachte Cara.
    »Pass auf«, sagte Ula leise.
    »Worauf soll ich aufpassen?«
    »Wer fragt, bekommt Antworten. Aber vielleicht gefallen sie dir nicht, die Antworten.«
    »Meine Schwester ist keine Mörderin«, flüsterte Cara.
    Ula lächelte.
    Als sie wieder im Auto saß, kam ihr alles wie ein böser Traum vor. Ula Engel. Die in ihrer vollgestopften Wohnung meditierte und das Böse spürte. Und die Gewalt.
    Ihre Schwester war hier. Ob sie das auch der Polizei erzählt hatte? »Hoffentlich haben die auch gemerkt, dass die Alte nicht ganz dicht ist«, murmelte Cara.
    Die Haarnadel. Helenas Hochsteckfrisur. War das ein Beweis?
    »Unsinn«, murmelte Cara. »Diese Dinger gibt’s zu Hunderten in jedem Drogeriemarkt. Das beweist überhaupt nichts.«
    Dann seufzte sie und ließ ihren Kopf aufs Lenkrad sinken. Ihr war schlecht. Ihre Übelkeit erinnerte sie daran, dass Helena sich am Morgen übergeben hatte. Dass sie vielleicht schwanger war. Wenn das stimmte, würde man sie sofort aus der U-Haft entlassen. Oder etwa nicht?
    Außer Cara schienen jedenfalls alle davon auszugehen, dass Helena Tom umgebracht hatte.
    Ist ja auch sehr bequem, dachte Cara. Kein Mörder in Sicht, da nehmen wir doch die Verlobte. Sperren sie ein und schließen die Akte und vergessen die Sache.
    Er war kein guter Mensch, hörte Cara Ula wieder sagen. Ich habe gesehen, wie er gelebt hat. Wie wütend sie das machte. Andeutungen, Gerüchte, Vermutungen, Lügen. Von May und nun auch von dieser Ula. Keine hatte wirklich etwas in der Hand, keine hatte einen Beweis.
    May hasste Tom, weil er sich nicht für sie interessierte.
    Bei Ula war es vielleicht genau dasselbe.
    Wo Rauch ist, ist auch Feuer.
    Und wenn es doch stimmt?, überlegte Cara. Wenn Tom Helena wirklich mit einer anderen Frau betrogen hat? Einer, die nicht damit zurechtgekommen ist, dass er Helena heiraten wollte? Und eine Woche vor der Hochzeit besucht sie ihn, will ihn umstimmen, will ihn verführen, hat kein Glück, sticht ihm ins Auge und schlägt ihm den Schädel ein.
    Aber die Polizei suchte nicht nach dieser anderen Frau. Die Polizei hatte sich auf Helena eingeschossen. Wahrscheinlich ermittelte Frau Sonntag gar nicht mehr, für sie war der Fall abgeschlossen. Gelöst. Erledigt. Fertig.
    »Nicht so schnell«, murmelte Cara. »Nicht mit mir.«

 
    meine zelle (2)
     
    drei frauen
    immer
    redet
    schnarcht
    lacht
    weint
    summt
    pisst
    seufzt
    guckt
    eine
    mich an

8
    Am nächsten Morgen meldete Cara sich krank.
    »Ach herrje«, sagte Evi, als sie im Büro anrief. »Da wünsch ich dir gute Besserung.«
    »Danke«, sagte Cara und spürte Evis Neugierde und die Fragen, die ihr auf der Zunge lagen, die Fragen, die sie nicht zu fragen wagte. Was ist denn jetzt mit deiner Schwester? Hat sie was mit dem Mord zu tun oder was?
    »Bis morgen«, sagte Cara und legte auf.
    Wer fragt, bekommt Antworten, hatte Ula gestern zu ihr gesagt.
    Cara kramte einen Block aus dem Schreibtisch und schrieb in Großbuchstaben:
    WER HAT TOM GETÖTET?
    Dann starrte sie lange auf diese Frage und wartete auf eine Inspiration, eine Eingebung, eine Idee. Dass wie ein Nachbild ein Name auf dem Blatt erschien.
    Leider geschah nichts dergleichen.
    Vielleicht ist es die falsche Frage, dachte Cara. Und griff wieder zum Stift.
     
    –  Hat eine von Helenas Freundinnen etwas mit Toms Tod zu tun?
    –  Ist es ein Zufall, dass Tom ausgerechnet in Helenas Hen-Night umgebracht wurde?
    –  Wer war er wirklich?
    –  Gab es andere Frauen? Schülerinnen?
    –  Was verbirgt Ula Engel?
    –  Was hat Helena nach der Party gemacht?
     
    Wieder starrte sie lange auf das Blatt, mit dem Gefühl,

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