In guten wie in toten Tagen
zusammen.
»Klingt nicht nach einem Einbrecher, oder?«, sagte Cara.
»Was weiß denn ich, wie die ticken?« Herr Seidelmann hob ratlos seine Schultern. Dann klingelte es und sein Gesicht hellte sich deutlich auf. »Ich muss jetzt runter in den ersten Stock. Tut mir leid, aber die Pflicht ruft.«
»Ich begleite Sie, wenn’s recht ist«, sagte Cara und wusste natürlich, dass es nicht recht war, und merkte genau, dass Seidelmann nach einer Ausrede suchte, warum er dringend allein in den ersten Stock gehen musste, aber auf die Schnelle fiel ihm nichts ein.
»Ich kann Ihnen da wirklich nicht weiterhelfen«, sagte er stattdessen. »Ich glaube, dass das Ganze ein unglücklicher Zufall war. Ein Einbrecher, ein Junkie, wie gesagt. Ihre Schwester hat nichts damit zu tun.« Er schluckte. »Sie hatte einen guten Einfluss auf ihn.«
»Einen guten Einfluss? Wie meinen Sie das?«
Seidelmann blinzelte. »Na ja. Ich mag sie eben. Helena ist sehr reif für ihr Alter.«
»Wissen Sie eigentlich, was aus Frau Ehlers geworden ist?«, fragte Cara. »Sie war vor ein paar Jahren als Referendarin an der Schule.«
»Nathalie«, sagte Seidelmann, als wäre das eine Antwort.
»Sie kennen Sie?«
Inzwischen waren sie im ersten Stock angelangt, Seidelmann beschleunigte seine Schritte, er rannte fast durch den langen Gang. Leider befand sich sein Klassenzimmer ganz am Ende des Flurs.
»Natürlich. Wir haben alle drei zusammen studiert.«
»Tom, Frau Ehlers und Sie?« Caras Herz begann zu hämmern. Das war die Spur, die sie gesucht hatte. Diese Frau Ehlers und Sven Seidelmann hatten etwas mit Toms Tod zu tun, da war sie sich ganz sicher.
Seidelmann hatte das Klassenzimmer erreicht, er riss die Tür auf, als wäre er auf der Flucht. War er ja auch, er floh vor Cara und ihren Fragen.
»Was macht sie jetzt?«, fragte Cara.
»Liebfrauenschule. Hier in Geldern. Ich muss jetzt wirklich.« Er zog die Tür zwischen sich und Cara zu, obwohl noch ein paar Schüler draußen auf dem Flur standen, die sich jetzt panisch in Bewegung setzten.
Sie überlegte, ob sie gleich einen Abstecher zur Liebfrauenschule machen sollte, aber dann entschied sie sich dagegen. Das Gespräch mit Frau Ehlers konnte sie nicht zwischen Tür und Angel führen und am Vormittag hatte die Lehrerin bestimmt keine Zeit zu plaudern.
Sie ging nach Hause und rief im Sekretariat der Schule an und erkundigte sich nach Frau Ehlers’ Sprechzeiten. »Montags in der dritten Stunde und donnerstags in der zweiten«, teilte ihr die Sekretärin mit.
»Also morgen?«
»Sie müssten sich anmelden. Um welche Schülerin geht es denn?«
»Jana Müller«, behauptete Cara. »Ich bin die Mutter.«
Vielleicht gab es wirklich eine Jana Müller an der Liebfrauenschule, jedenfalls notierte die Sekretärin den Namen anstandslos. »Kommen Sie um Viertel vor neun ins Sekretariat. Frau Ehlers holt sie ab.«
Viertel vor neun in der Liebfrauenschule. Das bedeutete, dass Cara wieder bei der Arbeit fehlen würde. Der dritte Tag in Folge, eigentlich müsste sie sich krankschreiben lassen.
Scheiß drauf, dachte Cara. Soll Renzo mich doch rausschmeißen.
Sie warf sich auf ihr Bett und zappte eine Weile lang durch alle möglichen Privatsender. Zu ihrer Erleichterung stieß sie nirgends auf neue Meldungen über Helena oder Tom. Auch die Berichterstattung im Internet beschränkte sich auf die bereits bekannten Fakten. Und auf der Homepage von Niederrhein TV fand sich kein Hinweis darauf, dass Caras Wutanfall gesendet worden war.
Vielleicht hatte der Kameramann seine Aufnahmen vermasselt. Vor lauter Schreck, weil sie ihn gestoßen hatte. Oder der Film lagerte noch im Studio und wartete auf seinen Einsatz. Aber sobald raus wäre, wer Tom wirklich ermordet hatte, würde das niemanden mehr interessieren.
Dazu musste sie allerdings den echten Täter überführen.
Ich sollte mich mal mit Isy unterhalten, dachte Cara. Sie kennt Helena so gut wie kein anderer und sie kennt auch die anderen Mädels. Und ihre Schwachstellen. Vielleicht weiß sie sogar was über diesen Seidelmann und die Ehlers.
Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche und schrieb eine SMS an Isy. »Ich muss dich dringend sprechen«, schrieb sie. »Können wir skypen?«
Wenn Isy nicht krank geworden wäre, wenn sie wie geplant zu Helenas Hen-Night gekommen wäre, dann wäre alles ganz anders gekommen, da war sich Cara sicher. Isy hätte bei Helena übernachtet und nach Mays Entgleisungen hätte sie sie wieder aufgebaut. Isy hätte auf Helena
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