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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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und schön wie Mutters Exoten, doch verstand er nicht, worauf es ihr ankam, wenn sie Jahr um Jahr im Garten Setzlinge pikierte und Stecklinge pflanzte, nie zufrieden, immer auf der Suche nach jener Blüte, die so kräftige, feuchtsatte Farben zum Leben erweckte, wie Mutter sie vor ihrem inneren Auge sah, Farben wie auf einem Gemälde von Sohlberg oder einem italienischen Altarbild. Sie wollte keine Blumen, die sich dem natürlichen Klima angepasst hatten – hätte sie im Mittelmeerraum gelebt, hätte sie sich ebenso bemüht, Steinbrech oder Enzian gedeihen zu lassen –, sie wollte, was am unwahrscheinlichsten war, wollte das Wundersame. So schön der Garten auch sei, gehe von ihm doch etwas aus, wie Harstad einst kühn bemerkte, das nicht ganz stimmig scheine. Er schaffe, sagte er, eine so komplexe wie erschreckende Illusion. Ich bin mir sicher, dass Mutter sich freute, als sie seine Worte hörte, auch wenn sie zweifellos wusste, dass Harstad sie nicht als Kompliment gemeint hatte.
    Das Haus ist ebenfalls eine Illusion, vielmehr eine Abfolge von Illusionen. Die Behauptung, sie lebe wie eine Einsiedlerin, wischt Mutter oft lachend beiseite und gibt vor, überrascht zu sein, wenn Interviewer nach ihrem einsamen Leben fragen. Die meisten Journalisten nehmen ihr Gegenüber gar nicht wahr, sagt sie, sie wiederholen nur, was in ihren Unterlagen steht, dabei sei es doch eine Tatsache, dass dieses Haus all jene Dinge und Besitztümer berge, die ihr wirklich wichtig sind. Die Möbel im Parterre sind bequem, die Küche gut bestückt, die Bilder an den Wänden sorgsam ausgewählt – Ausstellungsposter im Flur und entlang der unteren Treppe, Drucke und Zeichnungen von Leuten, die sie in Oslo und Bergen kannte –, und die Bücher in den Regalen sind exakt von jener Art, die man in einem Haus wie dem unseren erwartet, doch nichts davon ist wirklich überraschend, nichts in diesem unteren Stock gibt auch nur das Geringste über die Frau preis, die hier wohnt. Und selbst wenn es einem Besucher gestattet wird, die oberen Räume zu betreten, findet er dort kaum etwas von besonderem Interesse, jedenfalls nichts, was sich nicht auch sonst in irgendeinem beliebigen Künstler- oder Akademikerhaushalt in Tromsø oder Trondheim fände. Weitere Bücher säumen den langen Flur, der zu einer verschlossenen Tür im hinteren Teil des Hauses führt; noch mehr Plakate von Ausstellungen in Bergen und Oslo; ein paar antike Schiffskisten voll mit Kunstkatalogen und Reiseführern; ein dunkler Sessel aus Ulmenholz auf dem Treppenabsatz vor meinem Schlafzimmer mit Blick über Garten und Fjord. Der einzige Hinweis darauf, dass in diesem Haus eine Künstlerin wohnt, ist das Gemälde, das über dem Sessel hängt, und dieses Bild blieb unvollendet.
    Auf den ersten Blick ist es kein sonderlich beeindruckendes Bild. Professionell, aber nicht gerade typisch. Stünde es in einem Katalog, würde es vermutlich unter dem Titel » Studie eines jungen Mädchens« geführt, doch ist es, falls ich das sagen darf, für das Œ uvre der Künstlerin wohl ein wenig bedeutsamer, als man vermuten könnte. Ein zufälliger Betrachter sähe darin gewiss nur das Porträt einer Dreizehnjährigen in einem gelben Kleid, das Gesicht dem Sommerhimmel zugewandt, das lange Haar beinahe silbrig und die Augen weit blauer, als sie es im wahren Leben gewesen sein können. Doch auch wenn das Bild unvollendet blieb und man geneigt ist, die Dargestellte für eine Verkörperung mädchenhafter Unschuld statt für das Bildnis einer bestimmten Person zu halten, wird ein sorgsamer Betrachter rasch erkennen, dass es sich bei dem Modell in Wahrheit um die Tochter der Malerin handelt. Natürlich könnte selbst der kenntnisreichste Betrachter unmöglich ahnen, dass dies Mutters letzter Versuch war, das Bildnis eines Menschen zu malen, begonnen und unvollendet gelassen drei oder vier Jahre, nachdem sie die Porträtmalerei angeblich für immer aufgegeben hatte. Ein Kenner ihrer Kunst fände es vermutlich interessant, wie deutlich dieses Bild jene gespenstischen, fast nicht auszumachenden Gestalten vorwegnimmt, die auf viel späteren Bildern hin und wieder auftauchen. Schatten in einer Landschaft möglicherweise, die dazu gehören wie die Bäume, das Gras auf den Weiden, die Steine am Strand und die genauso bedeutsam oder unbedeutend sind wie irgendeines dieser Elemente. Es stimmt, dieses unfertige Gemälde ist ein Werk des Übergangs, weniger letzter Versuch eines Porträts als erste Wiedergabe der

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