In ihrem Blut: Thriller (German Edition)
eine Mailbox umgestellt.
Die Geräusche oben hatten aufgehört, und das Haus war plötzlich sehr still. Berlin hinterließ keine Nachricht. Sie legte auf und wählte erneut. Zu ihrer Erleichterung nahm Dempster diesmal ab.
»Hallo?«, sagte er.
Ihre ID war unterdrückt. »Ich bin’s«, flüsterte sie. Schritte näherten sich im Flur. »Lazenbys Mörderin. Nummer einundfünfzig …«
»In der Siedlung«, unterbrach er.
»Ja. Aber wie …«
»Hören Sie gut zu. Hauen Sie ab – jetzt! Hauen Sie ab, und nehmen Sie nichts mit. Okay? Los, los, los!«
Die Küchentür öffnete sich. Sheila stand da mit zwei Plastiktüten. Stirnrunzelnd blickte sie auf das Handy in Berlins Hand.
»Ich bin bald da, Liebling«, säuselte Berlin und drückte auf die rote Taste.
Sheila lächelte.
Plötzlich gab es einen dumpfen Knall, gefolgt von splitterndem Holz und Männergebrüll. Sheila wirbelte herum. Hinter ihr sah Berlin die Haustür erbeben und zerbersten und dahinter schwarz gekleidete Männern in Kampfausrüstung.
»Polizei!«, schrie einer, während der Rammbock wieder gegen die Tür knallte.
Berlin sprang auf und stieß Sheila hart in den Rücken. Die stürzte in den Flur. Die zwei Jungen kamen aus dem Wohnzimmer, bleich und verängstigt. Sheila griff nach ihnen und ließ die Plastiktüten fallen. Die Ampullen verteilten sich über den Boden: ein glänzender Teppich, auf dem Berlin in den Himmel hätte fliegen können.
Die Haustür gab nach, und die ersten Stiefel donnerten in den Flur. Berlin knallte die Küchentür zu und rammte einen Stuhl unter die Klinke, dann verschwand sie durch die Hintertür. Jemand hatte den Schnee in dem kleinen Hinterhof zu einem schmalen Schmutzstreifen zusammengefegt. In einer Ecke war ein kleiner Hügel mit einem Kreuz aus zwei Stöcken.
Sie wusste, dass die Polizei hinter dem Zaun warten würde. Sie nahm Anlauf auf die Wand zum Nachbarhof, zog sich hoch, schwang sich hinüber und ließ sich runterfallen. Schmerz schoss ihr in dem verletzten Arm hoch, und sie schürfte sich das Knie auf. Einen Augenblick lang lag sie da und rang nach Atem. Ein entzückter Jack-Russel-Terrier kam angerannt und leckte ihr übers Gesicht.
In Nummer einundfünfzig ertönte ein Schrei, und es gab ein Geräusch wie Donnergrollen, als ein Dutzend Paar Nahkampfstiefel Sheilas Treppe hochrannten. Sie hörte, wie der Rammbock gegen die Küchentür gestoßen wurde.
Berlin rappelte sich auf und huschte auf der Suche nach einem Fluchtweg durch den Garten. Der Zaun auf der anderen Seite war in schlechtem Zustand; es gelang ihr, zwei Latten abzureißen und sich durch die Lücke zu quetschen. Der Hund folgte ihr.
Sie fand sich am Ende der Häuserreihe auf einer matschigen Grasfläche wieder. Sie wischte sich den Dreck vom Mantel, ging zum Gehweg und spähte in die Straße. Drei Polizeiautos mit blinkenden Lichtern parkten vor Sheilas Haus.
»Oi«, sagte eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich zu einem untersetzten Polizisten in voller Nahkampfausrüstung um, der eine Maschinenpistole umhängen hatte.
»Was wollen Sie denn hier?«
Der Hund war neben sie getrottet und setzte sich. Berlin und der Polizist sahen zu, wie sich ein gelber Fleck auf dem Schnee ausbreitete.
»Braves Mädchen«, sagte Berlin zu dem Hund.
Der Polizist grunzte und ging weiter.
70
Dempster war großzügig, als er telefonisch den knappen Glückwunsch des DCI entgegennahm, der die örtliche Mordkommission leitete. Sie waren dem Einsatzkommando ins Haus gefolgt und hatten den Karton mit den Startpistolen oben auf dem Schrank gefunden, genau wie er gesagt hatte. Anscheinend gehörten sie Sheila Harringtons Mann. Einige waren zu scharfen Waffen umgearbeitet worden, andere nicht.
Sheila war verhaftet worden und würde wegen Drogendealerei und dem Mord an Lazenby angeklagt werden. Sie hatte gesagt, sie hätte es tun müssen, um einen hiesigen Kredithai bezahlen zu können, der sie bedrohte. Bonnington hatte sie nicht erwähnt.
Dempster legte auf.
»Wären Sie gern bei der Festnahme dabei gewesen?«, fragte Bonnington.
Verdammt noch mal, dachte Dempster, ich bin wohl wie ein offenes Buch. Andererseits war der Kerl ja Psychologe, Sozialarbeiter, was auch immer.
Es war sein Job, in Menschen zu lesen.
»Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – so bin ich nun mal«, sagte Dempster.
»Werden Sie ihnen sagen, wie Sie den Fall gelöst haben?«
Er weiß, dass er einfach so davonkommt, dachte Dempster. Was könnte man ihm anhängen?
Dass er einer
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