In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
Zeit war. Manuskripte mussten im großen und ganzen tadellos sein, die meisten wurden nur oberflächlich redigiert, oder gingen direkt in die Druckerei. Es ging um Liebe und Triebe, um Adel und Ärzte, manchmal um Cowboys und Indianer, öfters um schöne Frauen, schöne Männer und edles Gedankengut. Das verkaufte sich, Woche für Woche, weshalb Heftromanautoren sehr professionell sein mussten, verlässlich und textsicher. Der Mythos, Groschenheftautoren seien Schreiber dritter Klasse, stimmte ganz und gar nicht, hatte Lisa erfahren. Die meisten von ihnen waren fleißige Profis, die sich mit ungeheurer Energie ihren Lebensunterhalt erschrieben.
» Ich dachte es mir«, flüsterte die Frau, die sich Rita Rosenstein nannte, ein dämliches, aber für Adelsromane gutes Pseudonym. »Es gefällt Ihnen nicht.«
» Um ehrlich zu sein, es ist nicht druckbar.«
Die Frau starrte Lisa durch zwei Schichten Wangenfett an, ihre Lippen bebten. »Und nun? Die ganze Arbeit war umsonst?«
» Besuchen Sie einen Schreiblehrgang.«
» Warum reden Sie so respektlos mit mir?«
Weil du mir leid tust, und ich dir mit Komplimenten keinen Gefallen tue. Du wirst nie einen annehmbaren Roman schreiben! Selbstverständlich sagte Lisa das nicht, stattdessen entschuldigend: »Ihr erster Roman hat uns gefallen. Ich habe die Texte verglichen, wobei mir ist etwas aufgefallen ist.«
Frau Rosenstein starrte die Lektorin an.
»Mir ist aufgefallen, dass beide Texte völlig unterschiedlich sind. Kurz gesagt, der erste Roman ist nicht von Ihnen, oder er ist es, und dieser zweite ist es nicht. Es waren zwei Autoren am Werk. Und das, liebe Frau Rosenstein, bringt mich dazu ... respektlos, wie Sie es nennen, zu sprechen.«
Warum hatte sie die Frau überhaupt empfangen? Ein paar Sätze am Telefon hätten es auch getan.
»Wie kommen Sie auf diesen Unsinn?«, fauchte die Frau.
» Ich erkenne es an der Syntax.«
Frau Rosenstein staunte fragend, und Lisa begriff, dass sie Recht gehabt hatte. Diese Frau wusste weder etwas über Satzbau, noch anderen Werkzeugen der schreibenden Zunft.
Unversehens fing Frau Rosenstein an zu weinen. Sie schüttelte sich und sprang auf, wobei sie den Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, weit durch das Büro schob. »Sie, Frau Armond, haben gut reden. Sie haben sich den reichsten Mann Deutschlands geangelt. Sie, Frau Armond, maßen sich an, mich zu ...« Sie suchte nach Worten, während ihre Wangen nass wurden. »Sie ...«
Frau Rosenbaum wirbelte herum und stürmte hinaus, ohne das vor Lisa liegende Manuskript noch eines Blickes zu würdigen und knallte die Tür hinter sich zu.
Dann herrschte Stille.
Lisa lehnte sich zurück und schloss die Augen. So also wurde sie gesehen. Wie jemand, der sich einen Millionär geangelt hatte. Es klopfte und Sabine, ihre Sekretärin, steckte den Kopf durch den Türspalt. »Sie ist weg«, sagte sie heiter. »Darf ich?«
Lisa winkte sie herein.
Sabine wies auf das Manuskript, das wie ein Fanal der Schuld in der Sonne leuchtete. »Autoren sind schräge Typen.«
» Ich glaube, ich war zu direkt.«
» Was ist geschehen?«
Lisa erklärte es und Sabine sagte kühl: »So haben wir das Honorar für das zweite Heft gespart. Sie wird sich in Zukunft überlegen, wen sie reinlegt.«
» Ich weiß nicht ...« Lisa taten ihre harten Worte jetzt schon leid. Hunderttausend Schreibamateure wünschten sich eine Veröffentlichung und hätten auch für einen Heftroman ein Bein hergegeben. Wen wunderte es, wenn versucht wurde, mit kleinen Mogeleien ins Geschäft zu kommen?
Sie seufzte. »Vielleicht sollten wir den Roman dennoch veröffentlichen. Vermutlich hatte Frau Rosenbaum eine Schreibblockade oder der Druck des Folgeromans war ihr zu hoch.«
Sabine runzelte die Stirn. »Meine neue Chefin ist ein Gutmensch?«
» Was ist so falsch daran?«
Sabine zuckte die Achseln und rollte eine Zeitschrift auf den Schreibtisch. »Schon gesehen?«
Es handelte sich um die BUNTE. Lisa nahm das Blatt mit spitzen Fingern und betrachtete die Fotos, wobei sie leicht zu zittern anfing. »Kein Wunder, dass Frau Rosenbaum mich so angefahren hat.« Drei Fotos unterschiedlicher Größe zeigten Lisa und Vincent, und die Überschrift sprach Bände. Eine neue Liebe für den Playboy! Und darunter : Meint er es ernst?
» Wow«, sagte Sabine. »Den würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen. Warum gibst du dich eigentlich noch mit Schreiberlingen ab? Wenn das hier stimmt, hast du ausgesorgt.«
» Jeder von uns führt sein
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