Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
Vom Netzwerk:
sechs Tage.
    »Anna, denk dir noch ein Wort aus, das mit F beginnt, und dann bist du fertig, versprochen. Paul, kannst du ihr dabei helfen?« Kate stieß die Luft aus, als ob sie etwas heben würde. »Unglaublich. Sie ist im Kindergarten und sitzt anderthalb Stunden an ihren Hausaufgaben. Also – hast du ihn schon gegoogelt?«
    »Im Kopf? Bestimmt schon sechzigmal.«
    »Wart mal kurz. Paul, ich habe noch mehr Zeitschriften in dem Ständer im Wohnzimmer. Nimm die Kinderzeitschriften –
Cricket
oder
Spider
. Nein, Tess, ich weiß nicht, wo dein Föhn ist. Ich bin mit den Kindern heute zum Abendessen gegangen, zu
Crazy Jay’s
. Sie glaubten, heute würde ein Geburtstag gefeiert, weil das letzte Mal so lange her war. Jetzt bezahle ich dafür, weil wir so spät mit den Hausaufgaben angefangen haben.«
    Sarah zögerte. Sie hatte kein Recht, das zu verlangen. Kate war immer so beschäftigt. Einmal, kurz nach der Geburt von Kates zweitem Kind, als sie beschloss, ihren Job als Finanzanalystin aufzugeben, hatte Jo sie abfällig gefragt, was sie eigentlich den ganzen Tag so treibe. Als Kate mit ihrer Aufzählung fertig gewesen war, hatte Sarah von den trägen Nachmittagen in Paraguay geträumt, wenn man Mais mahlte oder Tortillas rollte.
    »Entschuldige, Sarah, ich bin abgelenkt. Kann ich dir helfen?«
    »Komm her. Ich brauche eine Zeugin.«
    Sie hatte nicht fragen wollen. Sie wusste, dass es nicht in Ordnung war. Sie war nicht vollkommen blind. Sie wusste, dass sie, als sie in die Staaten zurückkehrte, anders tickte als der Rest der Welt und dass Jo, Kate und Rachel sich immer sehr bemüht hatten, sie vor Peinlichkeiten zu bewahren oder – in einem besonderen Fall – sogar vor einer Festnahme. Das jetzt von Kate zu verlangen hieße, ihr gutes Herz auszunutzen.
    Doch sie brauchte eine Freundin.
    Sarah schloss für einen Moment die Augen und wünschte, sie wäre zu Hause in Vermont, in dem riesigen Farmhaus mit ihren Eltern und ihren zehn Schwestern und Brüdern und den zwölf Nichten und Neffen. Ihr Vater, der Pfarrer, würde ihr helfen zu beten, während er den Gemeindecomputer hochfuhr.
    »Ich?«, fragte Kate. »Du willst, dass ich zu dir komme?«
    »Ich könnte eine Freundin gebrauchen, die mich wegen meiner Fixierung auf eine uralte Sache aufzieht, damit ich es endlich hinter mich bringe.«
    »Sarah, ich … kann nicht. Die Kinder baden. Und Michael muss heute Abend noch an seiner Blockhütte bauen, oder wir kriegen das Ding nie fertig … Ich habe noch nicht die Aufsätze durchgesehen, und ich muss noch Proviant für morgen fertig machen, und gerade jetzt nehme ich die erste von drei Ladungen Wäsche in Angriff. Paul hilft Anna, aber er ist …«
    »Ich hätte nicht fragen sollen.« Super! Jetzt konnten ihre Freundinnen sie auch noch »jämmerliche Quenglerin« nennen, neben »ahnungslos« und »hilflos«. »Ich habe Jo schon angerufen, aber sie hatte Besuch.«
    Erzähl es auf keinen Fall Kate!
    »In die Stadt muss ich auch noch. Um diese Uhrzeit. Parken ist ein Alptraum.«
    »Im Ernst, Kate.« Sarah stellte die Füße fest auf den Boden. »Es ist schon in Ordnung. Schließlich handelt es sich ja nicht um Fallschirmspringen. Ich muss endlich aufhören, so ein Feigling zu sein, und es selbst erledigen.«
    »Diese verdammten Aufsätze … und morgen Abend ist das PTA -Treffen, für das ich noch nicht einmal die Tagesordnung geschrieben habe. Michael, ich komme gleich zu dir hoch, einen Moment noch. Ja. Moment. Tess, ich habe dir schon gesagt: Schau im Wäscheschrank!«
    »Kate, schon gut, ich lasse dich jetzt in Ruhe.«
    »Nein!«
    Das konnte nur am Vollmond liegen. Jeder benahm sich seltsam.
    »Leg noch nicht auf. Ich … ich brauche nur noch eine Minute.«
    Sarah hörte Kates Schritte. Hörte sie denken. Mit dem ganzen Chaos und dem Lärm im Hintergrund.
    »Ja.« Kate atmete tief durch, als ob sie aus einem Wirbelsturm auftauchte. »Okay, Sarah, ich komme. Ich bin in einer Stunde bei dir.«
    Und tatsächlich, eine knappe Stunde später stürzte Kate in das Apartment, eine Flasche Wein in der Hand. Sie trug immer noch das T-Shirt und die Yoga-Hose, die sie unter dem Fallschirmsprunganzug am Morgen getragen hatte. Sarah wühlte in den Küchenschubladen und förderte einen von sechs Flaschenöffnern zutage. Während Kate den Korken aus der Flasche zog und zwei Gläser einschenkte, ließ sie den Blick über die Flohmarktmöbel, die Zulu-Maske an der Wand und die Zimmerdecke aus gehämmerten Blechplatten

Weitere Kostenlose Bücher