In Liebe und Tod
wirst sehen, was ich meine, wenn du ihre Dateien und Unterlagen siehst.«
»Erst mal glaube ich dir auch so.«
Eve stellte ihr Weinglas wieder auf den Tisch. »Ich dachte, du wärst mit an Bord - zumindest, wenn es deine Zeit erlaubt.«
»Erst mal«, wiederholte er, »wäre es mir lieber, wenn du mir keine Unterlagen zeigst. Mit akkurat meinst du wahrscheinlich, dass mit ihren Konten immer alles hundertprozentig in Ordnung war.«
Eve kämpfte gegen den neuerlichen Ärger an. »Ja, aber sie war auch in anderen Bereichen äußerst ordentlich. Ihr Büro, ihre Wohnung, ja sogar ihr Schrank - alles war picobello aufgeräumt. Sie hat nie eine Beurteilung bekommen, die nicht voll des Lobes war. Sie hatte eine gute Beziehung zur Leiterin ihrer Abteilung und anscheinend auch zu allen anderen, mit denen sie zusammengearbeitet hat. Außerdem war sie eine enge Freundin des Enkels eines Partners.«
»Gab es da vielleicht auch mal ein Tete-ä-Tete?«
»Nein, sie scheinen einfach gute Freunde gewesen zu sein. Gute, platonische Freunde. Der Enkel hat eine Freundin und die vier haben oft zusammen rumgehangen. Aber ein Problem hat sie ihm gegenüber nicht erwähnt.«
»Weil Blut dicker als Wasser ist und sie ihn nicht in Verlegenheit bringen wollte?«
»Vielleicht.« Eve drückte sich von dem kleinen Tisch ab, an dem sie gegessen hatten, und fügte nachdenklich hinzu: »Es passt einfach nicht zu ihrem Typ, dass sie es für sich behalten haben soll. Sie war ein Teamplayer und vor allem jemand, der sich immer an die Regeln hält. Sie hat mit einem der höheren Chargen über ihr Problem gesprochen, Roarke, nur hat sie sich dabei einfach den Falschen ausgesucht.«
»Sie hatte doch bestimmt auch direkt mit ein paar Kunden zu tun.«
»Entweder hat sie sie in ihrem Büro empfangen oder in deren Firma aufgesucht - allerdings fast nur hier in New York. Natürlich war sie auch ab und zu auf Dienstreise. Aber dabei ist mir nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Nach Aussage ihrer Assistentin hat sie weder plötzlich irgendwelche Termine ausgemacht, noch ist sie plötzlich zu einem Treffen mit einem Kunden oder dessen Vertreter irgendwohin gereist. Wenn man sich ihre Arbeit an sieht, wirkt es auf den ersten Blick, als ob alles ganz normal gewesen wäre. Der Killer hat einen Fehler gemacht, als er die Computer und Disketten aus den Wohnungen der beiden Opfer mitgenommen hat, ohne es so aussehen zu lassen, als hätte er es einfach auf die Wertsachen der beiden abgesehen.«
»Ich weiß nicht«, meinte Roarke mit nachdenklicher Stimme. »Sicher war es einfacher, die Kisten mitzunehmen, als noch länger dort zu bleiben und daran herumzunesteln. Vor allem, da er nach dem Mord an Copperfield mit seiner Arbeit noch nicht fertig war. Vielleicht wollte er damit auch einfach irgendwas beweisen. Nach dem Motto, seht euch ruhig auch ihre Dateien und Unterlagen in der Firma an, auch da habe ich alles entfernt, was mich belasten kann. Ich habe meine Spuren gut verwischt.«
»Niemand schafft es, alle Spuren zu verwischen. Okay, okay, du ausgenommen«, fügte sie hinzu, als sie seine hochgezogene Braue sah. »Wenn er so gut und akkurat wäre wie du, hätte er einen besseren Weg gefunden, um Copperfield und Byson aus dem Verkehr zu ziehen.«
»Was für einen Weg?«
»Zum Beispiel hätte er ein Treffen arrangiert und sie so aus ihren Wohnungen gelockt. Hätte es wie einen Raubüberfall oder einen willkürlichen Mord aussehen lassen oder die Frau, ihn oder beide vergewaltigt. Hätte den Ermittlern verschiedene Signale geschickt und sie auf diese Art verwirrt. Ich nehme an, dass ich jemanden suche, dem es einzig um die Ausschaltung der Bedrohung und um die Entsorgung der Beweise ging. Er hat schnurgerade gedacht und die Sache nicht im Geringsten ausgeschmückt.«
»Vielleicht konnte er nur töten, indem er alles außer dem konkreten Ziel ausgeblendet hat. Vielleicht hat er sich gesagt, du musst dein Ziel erreichen, denk einfach nicht über die dazu erforderlichen Schritte nach.«
»Das glaube ich nicht, zumindest nicht komplett. Ja, okay, es ging ihm hauptsächlich um die Erreichung seines Ziels. Aber wenn er sich emotional von den Morden hätte distanzieren müssen, hätte er die beiden nicht erwürgt. Das ist intim. Außerdem hat er den beiden dabei noch ins Gesicht gesehen.«
Sie kniff die Augen zusammen und dachte an die Tatorte und die Leichname zurück. »Er wollte die Morde bewusst erleben. Wenn er nicht aktiv am Tod der beiden hätte beteiligt
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