In Liebe und Tod
über Eves Gesicht und ihre Schultern wandern ließ. Sein Anzug war aus einem dezenten, braunen Stoff mit einem Hauch von goldenen Nadelstreifen, die ihr deutlich machten, dass er sich gern ein wenig pfiffig gab.
Als er sich erhob, legte er sein nicht wirklich schönes Gesicht in strenge Falten und bat mit dem gezierten Tonfall eines Shakespeare-Schauspielers: »Ich würde gerne Ihre Ausweise sehen.«
Sie zogen ihre Dienstmarken hervor. »Lieutenant Dallas«, sagte Eve. »Und Detective Peabody. Sieht aus, als wäre Ihre Besprechung vorbei. Seltsam, dass niemand aus Ihrem Büro gekommen ist.«
Er wirkte kurzfristig verwirrt und blickte nervös auf seine Assistentin, während die erklärte: »Es war eine Videokonferenz.«
»Ja, eine Videokonferenz. Mit London«, stimmte er ihr eifrig zu.
»Das ist natürlich praktisch.« Eve bedachte Cavendish mit einem Blick, der ihm verriet, dass ihr bewusst war, dass er sie schon jetzt belog. »Da Sie jetzt ein paar Minuten Zeit haben, hätten wir ein paar Fragen im Zusammenhang mit einem Fall.«
»Das sagte man mir bereits.« Er wies auf zwei Stühle und wollte sich gerade wieder setzen, ohne ihr die Hand zu geben, als Eve ihren Arm nach vorne schießen ließ. Sie wollte einfach wissen, wie seine Hand sich anfühlte, während er mit ihr sprach.
Er zögerte einen Moment, und sie sah, dass sein Blick abermals auf seine Assistentin fiel, bevor er ihre Hand ergriff.
Seine Finger waren ziemlich weich, bemerkte sie, und ein wenig feucht.
»Welcher Natur sind Ihre Ermittlungen?«
»Es geht um einen Doppelmord. Natalie Copperfield und Bick Byson. Sind Ihnen die Namen bekannt?«
»Nein.«
»Dann sehen Sie anscheinend keine Nachrichten. Und lesen auch keine Zeitung.« Sie warf einen vielsagenden Blick auf den großen, von dunklem Holz gerahmten Bildschirm, der die eine Wand beherrschte. »Die beiden wurden vor drei Nächten in ihren jeweiligen Wohnungen ermordet. Beide waren Angestellte des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Sloan, Myers und Kraus. Seltsamer-weise hat Natalie Copperfield die Konten Ihrer Kanzlei betreut. Trotzdem sagt Ihnen der Name nichts?«
»Ich merke mir nicht alle Namen, die ich vielleicht mal irgendwo höre oder lese. Ich bin ein viel beschäftigter Mann. Was unsere Buchhaltung betrifft, dafür ist Ellyn - meine Assistentin - zuständig.«
»Ich habe von der Sache mit Ms Copperfield gehört«, räumte Bruberry ein. »Aber was hat ihr Tod mit dieser Kanzlei zu tun?«
»Im Moment bin ich diejenige, die hier die Fragen stellt«, erklärte Eve ihr kühl. »Mr Cavendish, wo waren Sie vor drei Nächten zwischen Mitternacht und vier Uhr früh?«
»Zu Hause im Bett. Bei meiner Frau.«
Eve zog die Brauen hoch. »Sie können sich nicht an die Namen von zwei Menschen erinnern, über die in sämtlichen Medien berichtet worden ist, wissen aber ohne auch nur eine Sekunde zu zögern oder in Ihrem Terminkalender nachzusehen, wo Sie vor drei Nächten gewesen sind?«
»Zu Hause«, wiederholte er. »Im Bett.«
»Hatten Sie jemals irgendwelche Kontakte zu Ms Copperfield oder Mr Byson?«
»Nein.«
»Das ist seltsam. Finden Sie es nicht auch seltsam, Detective, dass Mr Cavendish keinerlei Kontakt zu der Person gehabt haben will, die die Konten seiner Firma verwaltet hat?«
»Oh doch, auf jeden Fall. Ich für meinen Teil bin mit dem Typen in der Buchhaltung auf dem Revier sogar per Du.«
»Vielleicht bin ich ihr irgendwann einmal begegnet ...« »Ich habe mit Ms Copperfield korrespondiert, telefoniert und mich mit ihr getroffen«, fiel Bruberry ihm ins Wort. »Wenn es nötig war. Allerdings ist für diese Dinge hauptsächlich unsere Londoner Zentrale zuständig.«
»Und was machen Sie hier?«, wandte sich Eve wieder direkt an Cavendish.
»Ich kümmere mich um die New Yorker Interessen der Kanzlei.«
»Das heißt?«
»Genau das, was ich gesagt habe.«
»Das erklärt natürlich alles. Sie vertreten auch die rechtlichen Interessen einer gewissen Lordes C. McDermott, die eine Kundin von Bick Byson war.«
»Ms McDermott ist eine Verwandte und wird natürlich von unserer Kanzlei vertreten. Wer sich um ihre Finanzen kümmert, kann ich allerdings nicht sagen.«
»Ach nein? Himmel, es sieht ganz so aus, als wüsste hier bei Ihnen die eine Hand nicht, was die andere tut. Und, nochmals Himmel, denn ich glaube nicht, dass ich gesagt habe, dass sich Byson um ihre Finanzen gekümmert hat, sondern nur, dass sie eine Kundin von ihm war.«
Cavendish nestelte am Knoten seiner
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